Eine Frage der Leidenschaft
Interview mit Federico Martinelli, Inhaber der Borgo Carni MF S.r.l.
Wirtschaftsforum: Herr Martinelli, woher kommt Ihre Leidenschaft für Fleisch?
Federico Martinelli: Fleisch hat die Tätigkeit meiner Familie geprägt. Die Leidenschaft wurde mir von meinem Großvater und von meinem Vater vermittelt. Diesen Beruf macht man nur, wenn man auch die Leidenschaft dafür hat. Ich mag Fleisch und seinen Geruch. Fleisch ist etwas Lebendiges und man muss wissen, wie man damit umgeht.
Wirtschaftsforum: 2006 haben Sie Borgo Carni MF übernommen. Was machen Sie anders als Ihre Vorgänger?
Federico Martinelli: Ich habe zum Beispiel alles im Lager geändert. Ich habe nicht mehr die komplette Ware verkauft, sondern sie vakuumiert. So habe ich aus einem Artikel verschiedene gemacht. Auch die Transporte mit Europaletten haben uns die Arbeit in Europa sehr erleichtert. Wichtig war außerdem die Auswahl der Produkte, denn wir haben uns auf ein Produkt des höheren Segments konzentriert. Heute bewegen sich die Leute weniger. Früher haben sie mehr draußen gearbeitet und für die alte Generation von Bauern war ein Stück Fleisch nicht genug. Heute essen die Leute weniger, aber sie wollen Qualität und so haben wir die Marke La Nobile kreiert.
Wirtschaftsforum: Sie sprechen über das Essverhalten der Menschen heute. Gibt es weitere Aspekte, die sich geändert haben?
Federico Martinelli: Es gibt viele Faktoren. So spielte die Struktur der Familien schon immer eine wichtige Rolle in unserem Geschäft. Früher haben acht bis zehn Menschen gemeinsam gegessen. Heute sind die Familien kleiner, die Leute haben immer weniger Zeit und sie essen weniger.
Wirtschaftsforum: Woher beziehen Sie ihr Fleisch und wie lange dauert es, bis die Tiere geschlachtet werden?
Federico Martinelli: Wir kaufen 70 bis 80% unseres Fleisches in Serbien, Kroatien, Dänemark, Spanien, Frankreich und den Niederlanden. Dabei konzentrieren wir uns auf die Rasse Simmentaler Fleckvieh. Ein Kalb wächst etwa elf Monate heran, bis es geschlachtet wird. Nach der Stillzeit kommt es in den Stall und wächst dort weiter. In dieser Zeit bekommen die Tiere die Fettschicht, die wir haben wollen.
Wirtschaftsforum: Warum ist die Fettschicht so wichtig? Federico Martinelli: Fett ist der Geschmacksträger des Fleisches. Wir haben uns auf Grillfleisch spezialisiert und das hat immer etwas mehr Fett als anderes Fleisch.
Wirtschaftsforum: Erzählen Sie uns doch bitte etwas über die Strukturen und Abläufe hier an Ihrem Firmensitz in Borgo a Buggiano.
Federico Martinelli: Wir haben hier an unserem Standort auf einer Grundstücksfläche von 7.000 m2 rund 2.500 m² an gekühlter Lagerfläche. Hinzu kommen weitere 3.000 m² Reservefläche. Wir beschäftigen 14 feste Mitarbeiter sowie zusätzliche Kräfte aus einer Kooperative, die jedoch nicht durchgehend bei uns tätig sind. Unser aktueller Umsatz liegt zwischen 12 und 12,5 Millionen EUR. Ich kümmere mich um den Einkauf und das Lager.
Wirtschaftsforum: Wie sieht es mit Exporten aus? Beliefern Sie auch Kunden außerhalb Italiens?
Federico Martinelli: Italien ist unser Stammmarkt. Mit einem eigenen Lkw versorgen wir unsere Kunden in Nord- und Mittelitalien. Ende 2019 haben wir mit den Exporten begonnen, zunächst nach Litauen und in die Schweiz. Das ist nicht ganz einfach, denn wir haben Schwierigkeiten mit den Zöllen. Um auf Dauer erfolgreich zu sein, brauchen wir unbedingt ein Netzwerk. Auch Deutschland wäre ein interessanter Markt für uns. Unsere Produkte gehören dorthin, wo es viele Menschen gibt, denen es gut geht.
Wirtschaftsforum: Worauf sollte der Endverbraucher beim Kauf von Fleisch eigentlich achten?
Federico Martinelli: Zunächst einmal sind die Teile eines Kalbs immer identisch. Deshalb geht es um die Qualität. Dabei ist nicht die Herkunft wichtig, sondern die Genetik des Fleisches sowie das Futter, das die Tiere bekommen haben. Eine gute optische Genetik und eine Genetik, die schmackhaftes Fleisch verspricht, passen in der Regel nicht zusammen. Es mag sein, dass Fleisch im Restaurant besser ist als das zu Hause. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass niemand dieses Fleisch aus dem Restaurant im Supermarkt kaufen würde. Es sieht einfach nicht so gut aus.
Wirtschaftsforum: Wen beliefern Sie mit Ihrem Fleisch?
Federico Martinelli: In erster Linie Großhändler in unserem Bereich, große und mittelgroße Supermärkte und im Besonderen Metzgereien. Außerdem betreiben wir hier noch Geschäfte und einen Handel. Wir haben also einen diversifizierten Vertrieb.
Wirtschaftsforum: Apropos Vertrieb, was machen Sie an Marketing?
Federico Martinelli: Wir haben mal die Fußballmannschaft von Fiorentina mit Bandenwerbung gesponsert. Außerdem haben wir Kühlschranke mit unserem Logo produzieren lassen. Im kommenden Jahr wollen wir erste Messen besuchen.
Wirtschaftsforum: Was macht nach Ihrer Meinung den Erfolg von Borgo Carni MF aus?
Federico Martinelli: Es ist die Leidenschaft für diesen Beruf. Unseren Kunden erkläre ich immer die Eigenschaften unserer Produkte. Ich gebe Ihnen unsere Produkte nicht einfach nur, sondern berate sie auch alle gut. Das hat sich gelohnt. Ich will, dass unsere Kunden genau über das informiert sind, was sie kaufen.