Bewegung neu erfinden

Interview mit Ivan Borghi, CEO und Inhaber, und Francesco Thione, Senior Sales Manager der Borghi Assali S.r.l.

Wirtschaftsforum: Herr Borghi, in den letzten Jahrzehnten hat sich technisch einiges getan. Wie hat sich Ihr Geschäft dadurch verändert?

Ivan Borghi: Das Unternehmen Borghi wurde 1971 ins Leben gerufen und widmet sich seitdem der Herstellung von Formen und Geräten für die Kaltverformung von Metallen. Seit 1992 wurde mit der Produktion von Lenkachsen begonnen, die bis Anfang der 2000er-Jahre die gesamte Produktion ausmachten. Bis 2006 war unser Sortiment zu 100% hydraulisch gewesen. Doch ab diesem Zeitpunkt bin ich einer Intuition gefolgt, die ich schon seit Beginn des Jahrzehnts gehabt hatte, und wir stiegen in die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet des elektrischen Handlings ein.

Seit 2006 sind wir daher auch stark an der Herstellung von elektrischen Lenk- und Traktionsachsen beteiligt, mit besonderem Augenmerk auf Schiffbau-, Hafen- und Bergbauanwendungen. Dies sind die Sektoren, in denen Vorrichtungen zur langsamen Übertragung beträchtlicher Gewichte besonders benötigt werden. Auf diese Weise verringert sich in diesen Bereichen auch die Gesamtzahl der für diese Bewegungen erforderlichen Geräte und Maschinen.

Francesco Thione: Im Bereich elektrische Achsen haben wir eine sehr starke Marktposition, große Kompetenz und spezielle Produkte, die andere nicht haben. Wir waren die Ersten, die elektrische Antriebsmittel auf dem Markt eingeführt haben, mit denen man auch große Gewichte sehr langsam bewegen kann. Diese Technologie haben wir intern entwickelt und zum Teil patentieren lassen. Daneben liefern wir aber auch die Hard- und Software für die Kontrolle der elektrischen Maschinen. Dieser Bereich ist sehr kompliziert und hat bislang die Verbreitung der elektrischen Achsen limitiert. Die hydraulische Technik ist viel einfacher. Für elektrische Antriebsmittel benötigt man höhere Kompetenzen. Aber auch im Hydraulikbereich haben wir eine Reihe neuer Produkte mit speziellen, neuartigen Charakteristika eingeführt.

Wirtschaftsforum: Wie haben sich diese Erfolge auf die Geschäftsergebnisse ausgewirkt?

Francesco Thione: Wir sind in den letzten vier Jahren besonders stark und konstant gewachsen und sind, was die Breite unserer Produktpalette betrifft, heute sicher eine Referenz. Wenn wir nicht Marktführer sind, dann auf jeden Fall einer der wichtigsten Player. Mit derselben Anzahl an Mitarbeitern, aktuell sind es 33, haben wir den Umsatz verdreifacht. Das war möglich, weil wir unsere Produktionslinien stark automatisiert haben. 2013 und 2014 haben wir deshalb zwei weitere Firmengebäude erworben, in denen wir Roboterinseln installiert und Lager eingerichtet haben.

Wirtschaftsforum: Haben Sie sich in diesem Zug auch mehr in Richtung Ausland orientiert?

Ivan Borghi: Unsere Internationalisierung begann schon Anfang der 2000er-Jahre mit der Teilnahme an internationalen Messen wie der CeMAT in Hannover und der LogiMAT in Stuttgart. Ab 2012 haben wir den Fokus in der Produktion auf den Export gelegt und heute eine Exportquote von über 80% weltweit.

Francesco Thione: Unser historischer und wichtigster Absatzmarkt ist Nordeuropa. Wie alle italienischen Maschinenbau- und technischen Unternehmen hatten wir immer eine starke Verbindung mit Deutschland; wir haben viele deutsche Kunden, historische, aber auch neue. Auch Nordamerika und Kanada sind für uns relevant. In China, Indien und Korea sind wir bereits etwas aktiv, werden dort aber noch einige Jahre brauchen. Außerdem wollen wir auf die Märkte in Australien und Südafrika. Zur Betreuung unserer ausländischen Kunden haben wir einen kleinen Firmensitz in Mailand, da dieser für sie besser erreichbar ist als unsere Zentrale in Modena.

Wirtschaftsforum: Wie wird nach Ihrer Vorstellung die Zukunft von Borghi Assali aussehen?

Ivan Borghi: Wie es der unternehmerischen Mentalität entspricht, habe ich mich ich mit den erreichten Zielen nie ganz zufriedengegeben und sie eher als Sprungbrett für die Zukunft betrachtet und nicht als einen Endpunkt. In diesem Ansporn liegt mein Wunsch nach einem zukünftigen Wandel der Unternehmensstruktur begründet. Die Flexibilität unserer Produktion und unserer Produkte, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind, muss auch unsere eigene Unternehmensstruktur durchdringen, die in Zukunft auch unterschiedliche Formen annehmen kann. Unser konstantes Wachstum erfolgte sowohl durch Serien- als auch durch kundenspezifische Produktion. Das mit Letzterer verbundene Streben nach Produktivitätssteigerung hat auch direkte Auswirkung auf die Serienfertigung. Dieser Umstand führt in der Konsequenz dazu, dass wir uns heute zunehmend geneigt fühlen, unseren Anteil an der Standardproduktion zu erhöhen.

Francesco Thione: Die Märkte, auf die wir zuletzt vorgedrungen sind, wie Häfen und Bergwerke, haben viel Potenzial. Aktuell sind sie noch stark an die Hydraulik gebunden. Aber es kann sein, dass in einigen Jahren die Verwendung der Hydraulik aus Umweltschutzgründen verboten wird. Wir haben einzigartige Produkte, die die bisherigen ersetzen können, daher erwarten wir eine große Expansion. Da mit Marco Borghi bereits die zweite Generation im Unternehmen ist, ist auch für Kontinuität gesorgt

Wirtschaftsforum: Abschließend eine persönliche Frage: Was machen Sie privat, um den Kopf frei zu bekommen?

Francesco Thione: Wir sind alle gern in der Natur. Ivan Borghi segelt, ich gehe in die Berge und Marco Borghi fährt Rad. Einer unserer Ingenieure geht klettern. Das ist positiv für das Team, denn jeder bringt dadurch andere Erfahrungen ein.

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