Mit der Natur. Für die Natur.

Interview mit Jörg Steiss, Geschäftsführender Gesellschafter der AWAS International GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Steiss, AWAS ist ein international gefragter Spezialist für die Abwassertechnik. In Ghana war das Unternehmen beispielsweise Partner des Verbundprojektes ‘Rain’ zur nachhaltigen Regenwasserbehandlung und -nutzung in dem dürregeplagten Land. Auf dem Flughafen im Oman hat AWAS ein erfolgreiches Projekt zur Stark-regenwasserbehandlung sowie der Öl- und Leichtstoffseparation realisiert. Was ist die grundsätzliche Idee hinter derart komplexen Projekten?

Jörg Steiss: Unser treibendes Thema ist immer, Abwasser zu reinigen und Ressourcen zu schaffen. Dabei geht es meist um industrielle Abwässer. Unser Anspruch bei jedem Projekt ist, mit wenig bis gar keiner Chemie und möglichst im Einklang mit den Gesetzen der Natur zu arbeiten. Verfahren der Natur werden auf unsere Anlagen übertragen. Die Natur ist immer unser Vorbild.

Wirtschaftsforum: War diese Maxime von Beginn an maßgeblich?

Jörg Steiss: Im Prinzip ja. Als AWAS Mitte der 1970er-Jahre gegründet wurde, steckten dahinter sehr persönliche Motive und Erfahrungen des Firmengründers Heinz Ihne. Als kleiner Junge hatte Herr Ihne tote Fische in einem Bach gefunden; eine Entdeckung, die ihn nachhaltig beschäftigte. Er erkannte, dass Wasser Leben bedeutete. Sauberes Wasser wurde seine Lebensaufgabe. Er gründete AWAS, entwickelte zunächst Produkte, später dann ganze Verfahrenslinien, um industrielle Abwässer zu reinigen und sie in den Wasserkreislauf zurückzuführen. So hat man irgendwann im Oman aus einer Wüste Wetland gemacht und ein Mikroklima entstehen lassen.

Wirtschaftsforum: Gibt es besondere Highlights im Portfolio und an wen wendet sich AWAS mit den Abwasserlösungen?

Jörg Steiss: Unsere bisherigen Zielgruppen waren die Öl- und Gasindustrie und die Metallverarbeitung. Wir arbeiten aber auch für Häfen und Flughäfen, Schrottplätze, Milchhöfe und Großbäckereien. Gemeinsam ist allen Projekten, dass es um hochkomplexe Themen geht, die man oft nicht standardmäßig lösen kann. Wir sind vor allem dann gut, wenn es besonders schwierig wird. Ein Highlight des Portfolios ist unser Simultan-Separator Galaxie Tower, ein Wirbelabscheider, der Öl, Sand, Schlamm und Wasser gleichzeitig trennt und die separierten Stoffe automatisch ausschleust. Der Abscheider, dessen Bewegungsmechanismus von den Galaxien abgeleitet ist, zeigt bespielhaft, wie wir uns an den Prinzipien der Natur orientieren. Außergewöhnlich sind auch unsere mobilen Testanlagen, die individuell konfiguriert werden, in Containern an die entsprechenden Orte gebracht und aufgestellt werden, um Kunden zu zeigen, dass wir tatsächlich das leisten können, was wir ihnen versprechen. Ein wichtiges Forschungsprojekt, das wir gemeinsam mit den Unis Aachen und Bochum realisiert haben, ist ‘Rain’ in Ghana, wo nach der Regensaison ‘gestautes Hochwasser’ aufbereitet und für den Pflanzenbau wieder genutzt wird.

Wirtschaftsforum: Sie selbst sind erst seit Kurzem bei AWAS tätig und kommen aus der IT-Branche. Was ist Ihre persönliche Motivation und welche Impulse möchten Sie dem Unternehmen geben?

Jörg Steiss: AWAS hat heute knapp 50 Mitarbeiter und kämpft sich momentan wie viele andere Unternehmen durch die Pandemie. Vieles wurde ausgebremst und verlangsamt; dennoch stehen für uns die Zeichen langfristig auf Wachstum. Mich selbst hat das Thema Wasser immer fasziniert; bei AWAS sah ich eine klare Vision, klare Ziele, mit denen ich mich identifizieren kann. Momentan beschäftigen wir uns mit der Frage, wie man nicht nur die Produkte, sondern vor allem die Dienstleistungen weiter ausbauen kann. Beim Betrieb einer Anlage sind Kunden oft auf professionelle Unterstützung angewiesen; wir legen deshalb einen Schwerpunkt auf den Bereich Service, um Kunden 360 Grad zu unterstützen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Digitalisierung. Anlagen sollen stärker digitalisiert, zum Beispiel mit Sensoren ausgestattet werden, um Fernzugriffe zu ermöglichen. Wir werden die Homepage überarbeiten und den Kundennutzen stärker herausstellen. Insgesamt geht es um eine schärfere Positionierung, um strikte Kundenorientierung mit einem starken Servicegedanken und einen Step in Richtung Digitalisierung. Wir wollen Vorreiter sein und uns vom Lieferanten einer Verfahrenslinie zu einem 360-Grad-Problemlöser für Kunden entwickeln.

Wirtschaftsforum: Diese Kunden- und Serviceorientierung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Was macht AWAS darüber hinaus so erfolgreich und wo wollen Sie in Zukunft hin?

Jörg Steiss: Für mich gibt es drei Säulen des Erfolgs. Die Mitarbeiter und deren Kompetenz spielen eine zentrale Rolle. Wir werden für besonders schwere Fälle geholt und genießen den Ruf, schwierige Lösungen zu implementieren. Dann haben wir ein klar definiertes Ziel, wohin wir wollen. Nicht zuletzt ist der Bedarf am Markt da. Unsere Lösungen sind nicht nice to have, sondern befriedigen existenzielle Bedürfnisse, die auf der Welt existieren. Wir sind ein mittelständisches Unternehmen, das es geschafft hat, ein gewisses Wachstum zu liefern. Gleichzeitig haben wir unseren Fokus nie aus den Augen verloren und unser Kernziel beibehalten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, nicht nur auf das reine Wachstum zu gucken, sondern sich selbst treu und authentisch zu bleiben. Wasser ist angesichts des Klimawandels und seiner Folgen ein packendes Thema, das uns alle hier emotional berührt. Wir wollen aktiv dabei helfen, die Erde zu einem besseren Ort zu machen.

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