Genau das machen, was andere nicht machen
Interview mit Leonhard R. Müller, Vorstandsvorsitzender der ASKANIA AG
Wirtschaftsforum: Herr Müller, was hat Sie am Unternehmen ASKANIA so fasziniert, dass Sie die Marke wieder haben aufleben lassen?
Leonhard R. Müller: Die Geschichte der 1871 von Carl Bamberg gegründeten ASKANIA wurde geprägt durch viele Erfindungen und Produkte, die weltweit gefragt waren. Dazu gehörten unter anderem Kompasse, Chronometer, Filmkameras, Vermessungsgeräte sowie nautische Instrumente. 80 Menschen fertigten damals zum Beispiel ausschließlich Bord- und Pilotenuhren. Das große Weltunternehmen mit seinen zeitweise bis zu 20.000 Beschäftigten wurde damals in einem Atemzug mit Firmen wie Bosch und Siemens genannt. Diese reiche Tradition hat mich und weitere Investoren dazu veranlasst, das Risiko einzugehen und die Marke mit einem kleinen Produktsegment neu zu beleben.
Wirtschaftsforum: Sie meinen die Uhren?
Leonhard R. Müller: Ja, mit insgesamt 20 Beschäftigten fertigen wir heute Armbanduhren in Handarbeit in unserer Manufaktur in den Hackeschen Höfen. Seit etwa drei Jahren haben wir auch exklusive Schreibgeräte im Sortiment. An die früher hochgeschätzten ASKANIA-Filmkameras erinnern wir vor der jährlichen Berlinale mit der Verleihung des ASKANIA Awards an Künstler, die sich um den deutschen Film verdient gemacht haben.
Wirtschaftsforum: Was unterscheidet die Marke ASKANIA von anderen Uhren?
Leonhard R. Müller: Unsere Produkte sind vom Design her unverwechselbar. Die meisten modernen Marken sehen ziemlich gleich aus. Wir machen nur, was andere Marken nicht machen. So legen wir größten Wert auf Funktionalität und gute Ablesbarkeit. Anthrazitfarbene Zifferblätter mit schwarzen Zeigern werden Sie deshalb bei uns nicht finden.
Wirtschaftsforum: Erzählen Sie uns doch bitte etwas über Ihr Sortiment.
Leonhard R. Müller: Gerne. Unsere aktuellen Modellreihen Alexanderplatz, Bremen, C. Bamberg, Elly Beinhorn, Greenmaster und Taifun sind bei den Kunden eigentlich gleichermaßen beliebt. Hervorzuheben ist unser Sondermodell Quadriga, das einmal jährlich in einer limitierten Auflage erscheint, deren Höhe dem Alter unseres Unternehmens entspricht. Die Modelle Tegel und Tempelhof erinnern an die beiden traditionsreichen Berliner Flughäfen.
Wirtschaftsforum: Was macht Ihre Uhren – mal vom Design abgesehen – so einzigartig?
Leonhard R. Müller: Weltweit sind wir der einzige Hersteller von Armbanduhren, der eine Garantie von fünf Jahren gibt. Zu unserer Tradition gehört es auch, bis auf wenige Ausnahmen (5%) Uhren mit Handaufzug und Automatikuhren in Gehäusen zwischen 35 und 45 mm Durchmesser herzustellen. Mechanische Uhrwerke sind umweltfreundlicher im Gegensatz zu batteriebetriebenen.
Wirtschaftsforum: Wer kauft Ihre Uhren?
Leonhard R. Müller: Unsere Endkunden sind in einem Alter, wo die Kinder versorgt und die großen Anschaffungen erledigt sind: so etwa ab 40 Jahren aufwärts. Oft erleben auch, dass Eltern ihren Kindern eine Uhr schenken, zum Beispiel zum Abitur. Deshalb wissen wir, dass auch jüngere Leute unsere Uhren lieben. Aus diesem Grunde betreiben wir auch ein breitgefächertes Sponsoring.
Wirtschaftsforum: Sind Ihre Uhren nur in den eigenen Shops erhältlich?
Leonhard R. Müller: Nein. Neben unseren beiden Geschäften in Berlin vertreiben wir unsere Uhren über Uhrenfachgeschäfte und Juweliere. Seit einem Jahr haben wir auch einen Onlineshop. Die dort bestellten Uhren können dann vom Kunden in einem Fachgeschäft in seiner Nähe abgeholt werden oder wir senden sie ihm zu, wenn kein Verkaufspunkt unmittelbar erreichbar ist.
Wirtschaftsforum: Wie setzt sich eigentlich Ihre Belegschaft zusammen?
Leonhard R. Müller: Es gibt einen guten Mix aus älteren und jungen Uhrmachern. Seit 2006 haben wir schon sieben junge Menschen ausgebildet, aktuell sind es zwei. Leider werden unsere Uhrmacher oft abgeworben, sobald sie ihre Ausbildung beendet haben. 2016 ist auch mein Sohn als technischer Produktionsleiter ins Unternehmen eingestiegen. Ich kümmere mich neben Marketing und Design in erster Linie um das Kaufmännische.
Wirtschaftsforum: Wo sehen Sie ASKANIA in den kommenden Jahren?
Leonhard R. Müller: Natürlich wollen wir unseren Umsatz von aktuell knapp zwei Millionen EUR weiter steigern. Vielleicht eröffnen wir auch noch weitere Shops. Außerdem möchten wir uns stärker im Ausland engagieren. So gibt es zum Beispiel mehrere Interessenten für eine Vertretung in China. Doch auch der Mittlere Osten, die USA und Europa sind interessante Märkte. Die meisten unserer ausländischen Kunden kommen übrigens aus der Schweiz.