Das fliegende Gehirn
Interview mit Hans J. Stah, Präsident und CEO der Aerodata AG

„Wir schließen diese ganzen Sensoren an unser Missionsmanagementsystem an“, beschreibt Hans J. Stahl die Arbeitsweise der Aerodata AG. „Die Daten aus den Sensoren müssen verarbeitet, gespeichert und angezeigt werden – so wie es das Gehirn für uns macht. Das bezeichnen wir als Missions-Management-System, das ist unser Kernprodukt. Wir sind also quasi Gehirnentwickler und Gehirnbauer.“
Das Braunschweiger Unternehmen konzentriert sich auf zwei Tätigkeitsfelder: Flugvermessung und Überwachungsflugzeuge. So werden vorhandene Flugzeuge mit Messsystemen aufgerüstet oder neue Maschinen gekauft und anschließend den spezifischen Anforderungen der Kunden entsprechend angepasst. „Noch nie haben wir das gleiche Projekt an zwei Kunden verkauft“, sagt Hans J. Stahl. „Auf der Basis bestehender Lösungen passen wir die Systeme immer individuell an.“
Ausgründung der Universität
Als Ausgründung der TU Braunschweig wurde Aerodata 1985 gegründet. Zunächst unterstützte das junge Unternehmen die wissenschaftlichen Messinstrumente von Forschungsflugzeugen, später wurde Wartungskompetenz hinzugekauft. Seitdem hat das Braunschweiger Unternehmen viele Überwachungsflugzeuge gebaut.
Seit 2015 arbeitet Aerodata mit dem Kunden Rheinland Air Service an einem Seefernaufklärer. Eines der bereits bestehenden Features ist ein elektronisches Radarwarnsystem, das anzeigt, ob ein Flugzeug von einem externen Radarsystem erfasst wird.
Ölverschmutzungen aufspüren
Heute fungiert die Aerodata AG als Mutterkonzern, bei dem Fertigung, Logistik und ein Teil der Entwicklung angesiedelt sind. Zur Gruppe gehören die OPTIMARE Systems GmbH, die Flugzeuge mit Sensorik zur Fernerkundung von Meeresverschmutzungen ausrüstet, einige Service- und Leasingunternehmen sowie als Joint Venture eine Leasingtochter in Thailand.
Von den 170 Beschäftigten in der Gruppe arbeiten 130 in Braunschweig, zwölf in Bremerhaven sowie 20 in Australien und zehn in Brasilien. In Brasilien unterhält Aerodata ein weiteres Joint Venture mit einem brasilianischen Partner, das im Auftrag der brasilianischen Umweltbehörde Ölverschmutzungen in Gewässern sowie die illegale Abholzung des Regenwaldes aufspüren soll.
„Wie ein Hausbauer können wir dem Kunden ein schlüsselfertiges Projekt übergeben.“ Hans J. StahlPräsident und CEO

Grosse Projekte
Der Umsatz von Aerodata liegt zwischen 30 und 50 Millionen EUR – abhängig von der Größe und Anzahl der Projekte. „Wir setzen zwischen 2 und 25 Millionen EUR um, wenn wir Flugzeuge kaufen und veredelt an Kunden weiterverkaufen“, verdeutlicht der Präsident und CEO. „Wir sind generalunternehmerfähig und arbeiten mit mehreren Banken zusammen. Um solche Projekte stemmen zu können, braucht man große Kreditvolumen.“
Die Bandbreite der weltweiten Kunden von Aerodata reicht von privaten über halbstaatliche bis zu staatlichen Auftraggebern, Dazu gehören Flugdienstleister, Organisationen, die Öl suchen, sowie Luftfahrtbundesämter der jeweiligen Länder.
Komplette Wertschöpfungskette
„Wir haben sehr erfahrenes Personal und zudem sehr von der TU Braunschweig profitiert“, beschreibt Hans J. Stahl Stärken der Aerodata AG. „Wir decken die ganze Wertschöpfungskette ab, können entwickeln, produzieren, zulassen und betreiben. Diese Breite haben nur wenige Betriebe. Wie ein Hausbauer können wir dem Kunden ein schlüsselfertiges Projekt übergeben.“
Die Paris Air Show ist neben der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin die wichtigste Messe für Aerodata. Die Position als Technologieführer will Hans J. Stahl in den kommenden Jahren halten sowie den Anteil der Überwachungsflugzeuge ausbauen. Großes Potenzial sieht er für Einsätze im Umweltschutz. Gerne möchte er außerdem weitere Tochterunternehmen weltweit etablieren.