Gelebte Nachhaltigkeit: Öl mit Mehrwert
Interview mit Georg Wildegger, Geschäftsführer der ADDINOL Lube Oil GmbH


Wirtschaftsforum: Herr Wildegger, ADDINOL Lube Oil hat eine lange Tradition. Können Sie einige Meilensteine aus der Geschichte des Unternehmens nennen?
Georg Wildegger: Die Wurzeln des Unternehmens als Raffinerie reichen zurück bis ins Jahr 1936. Zur Zeit der Wende waren wir die größte deutsche Grundölraffinerie mit 4.000 Mitarbeitern. Die Kosten waren aber gigantisch, deshalb stand das Unternehmen kurz vor der Insolvenz. Ich bin vor über 30 Jahren von KPMG zu ADDINOL gewechselt und habe die Restrukturierung begleitet. Im November 1994 wurde ich als Geschäftsführer berufen und habe einen Umbau des Unternehmens eingeleitet. Wir haben dann die Raffinerie geschlossen und quasi als Start-up neu begonnen. Ende 1997 wurde die Firma unter dem heutigen Namen ins Handelsregister eingetragen.
Wirtschaftsforum: Was kennzeichnete das neue Unternehmen?
Georg Wildegger: Wir haben weiter auf Forschung und Entwicklung gesetzt, aber nicht im Bereich der Grundöle, sondern von Fertigprodukten, die einen Mehrwert haben und die wir weltweit vermarkten. Auf der Basis unserer Rezepte haben wir die Produkte zunächst extern produzieren lassen. 2006 haben wir eine eigene Produktion für Schmierstoffe gebaut. Schon damals gingen wir mit einigen bahnbrechenden Entwicklungen auf den Markt – Wir haben eine sehr kompetente F&E-Abteilung, die sich mit allen internationalen Wettbewerbern messen kann. Gegründet haben wir das Unternehmen mit 40 Mitarbeitern und sind 2000 an den Standort Leuna umgezogen. Heute sind wir eine Gruppe mit 250 Beschäftigten, von denen 120 in Leuna tätig sind. Der Jahresumsatz hat sich in dieser Zeit versiebenfacht – 2022 lag er für die Gruppe bei 117 Millionen EUR.
Wirtschaftsforum: Welche Produkte stellt ADDINOL Lube Oil genau her?
Georg Wildegger: Wir bieten jeweils komplette Sortimente in den Bereichen Industrieschmierstoffe und Automotiveschmierstoffe. Unser Fokus liegt auf Nischen im Industriebereich. Wo andere Schmierstoffe an ihre Leistungsgrenze stoßen, kommen wir ins Spiel. Der industrielle Anteil beträgt heute 70%. In den Marktsegmenten Hochtemperatur-Kettenschmierstoffe und Biogas-Motorenöl sind wir Weltmarktführer. Hochleistungsschmierstoffe sind ein wachsender Markt. Hier wollen wir ein globaler Anbieter sein, der für Mehrwert steht.
Wirtschaftsforum: Was tut sich denn bei Ihren Produkten und in der Firma in Sachen Nachhaltigkeit?
Georg Wildegger: Energieeffizienz steckt seit 20 Jahren in unserer DNA. Schon Ende der 1990er-Jahre haben wir begonnen, mit einem führenden Gasmotorenhersteller Gasmotorenöle für Biogasanlagen zu entwickeln, die die Ölwechselintervalle erheblich verlängern und den Ölverbrauch reduzieren. Oft müssen wir die Leute noch überzeugen, nachhaltige Produkte zu verwenden. Die meisten handeln preisgetrieben. Ein Trend, den wir unterstützen, ist, statt den Literpreis die Betriebsstunde oder die produzierte Einheit zugrundezulegen. Wir produzieren ausschließlich in Deutschland; das ist gelebte Nachhaltigkeit. Mit dem Bau der neuen Lagerhalle inklusive einer PV-Anlage wurde eines der größten Investitionsprogramme, über 15 Millionen EUR, abgeschlossen. Auch andere Hallen überprüfen wir auf PV-Tauglichkeit. Voraussichtlich 40% unseres Strombedarfs werden wir jetzt selbst CO2-frei erzeugen, nächstes Jahr werden es rund 65% sein. Schon vor 15 Jahren sind wir in die Kreislaufwirtschaft eingestiegen, indem wir das Altöl unserer Kunden gesammelt haben. In den modernen Anlagen unserer Partner werden daraus dann hochwertige Grundöle gemacht. Unsere Innovationen werden weiterhin in Richtung Nachhaltigkeit, das heißt Effizienz sowie weniger Verschleiß und Instandhaltung, gehen.
Wirtschaftsforum: Welche Alleinstellungsmerkmale hat ADDINOL Lube Oil auf dem Markt?
Georg Wildegger: Wir machen keinen Kompromiss bei der Qualität unserer Produkte, die wir ausschließlich in Deutschland produzieren. Diese sind nachhaltig und modern und bieten einen echten Mehrwert. Besonders ist unsere Spezialisierungs- und Nischenstrategie. Wichtig ist zudem der Service: Wir haben eine anwendungstechnische Abteilung, in der die Kunden Rat von Menschen bekommen.
Wirtschaftsforum: Was sind die Gründe für den Erfolg Ihres Unternehmens?
Georg Wildegger: Das sind unsere Mitarbeiter. Viele sind schon lange im Betrieb. Wir setzen auf Qualifikation und die Entwicklung der Mitarbeiter. Sie werden überdurchschnittlich bezahlt, und wir beteiligen sie am Ergebnis. Bei uns menschelt es, deshalb fühlen sich die Leute wohl.
Wirtschaftsforum: Was sehen Sie, wenn Sie in die Zukunft blicken?
Georg Wildegger: Unser Ziel ist ein jährliches Wachstum von 7 bis 10%. Wir wollen in weiteren Nischen führend sein, um auch in Zukunft als unabhängiges Unternehmen stabile Erträge zu erwirtschaften.