Wo Kühe sich wohlfühlen

Interview

Das Unternehmen entwickelt seit seiner Gründung 1948 durch die Landwirte und Brüder Cornelis und Arij van der Lely innovative Technik zur Milchviehhaltung in Ställen und auf Weiden. Lely hat neben vielen anderen Produkten Heuwender und Kreiseleggen seines Geschäftsbereichs ‘Außenwirtschaft’ patentieren lassen.

In der Innenwirtschaft sind allein für das Robotersystem Astronaut mehrere hundert Patente eingetragen. Lely West in Deutschland ist für den Bereich in und um den Kuhstall, die sogenannte Innenwirtschaft, zuständig. Die Vertriebstochter wurde 1998 in Wolfenbüttel gegründet und ist seit 2004 am heutigen Standort. Sie beschäftigt 27 Mitarbeiter.

Kühe entscheiden

Die von Cornelis’ Sohn Alexander van der Lely geleitete Unternehmensgruppe führt gerade ein neues Aufstellungssystem mit dem Namen Commodus am Markt ein.

Das Unternehmen hat mit der Aufstallungsvariante Lely Commodus neue, flexible Boxen entwickelt, die den Kühen mehr Bewegungsfreiheit und bequemes Liegen ohne Verletzungsrisiko bei jederzeit gutem Zugang ermöglichen. Damit steigert sich ihr Wohlbefinden in Ställen. Alle Lely-Produkte sind so konzipiert, dass die Kühe in Ställen frei laufen und sich freiwillig (wenngleich über den Anreiz aus leckerem Kraftfutter) zum Melkroboter Lely Astronaut begeben.

„Innerhalb dieses Systems können sich Kühe im Stall frei bewegen und auch zum Fressen auf die Weide gehen“, betont Jochen Döhring. „Die Kühe fühlen sich wohler, weil sie entscheiden, wann sie gemolken werden, ruhen oder fressen möchten. Der Vorteil für den Landwirt liegt darin, dass die Kühe sich wohlfühlen und deshalb mehr Milch produzieren.“

Roboter melken

Diese seit 1992 ausgelieferten und seither ständig verbesserten Melkrobotersysteme bilden das Kernstück im Lely-Programm. Bei der Markteinführung bedeuteten sie ein völlig neues Verfahren zum automatischen Melken; heute bietet die Weiterentwicklung des Astronaut A3 Next ein System im neuesten und modernsten Design.

Technisches Kernstück ist ein über Sensoren elektronisch gesteuerter Arm, der in 3D-Bewegungen auf kürzestem Weg alle Zitzen gut erreicht und die Melkbecher schnell und präzise angesetzt. Auch das Reinigen und Desinfizieren der Melkbecher, Schläuche, Zitzen und des Euterbodens erfolgt automatisch, ebenso die Anpassung der Melkgeschwindigkeit.

In Verbindung mit Lely MQC-C, das als erstes Online-Mess gerät der Welt zur Ermittlung der somatischen Zellzahl gilt und gemeinsam mit Spezialisten der neuseeländischen Firma Sensortec entwickelt wurde, sammelt und überträgt der Astronaut A3 Next Daten zur Milchkontrolle.

Weitere Sensoren beobachten die Kühe in Bezug auf die Gewichtsentwicklung oder Erkrankungen wie Mastitis. Ihre Aktivitäten, mit Blick auf den richtigen Besamungszeitpunkt oder etwa das Wiederkäuen, registrieren die infrarotgestützten Identifikationssysteme Lely Qwes-H und -HR. Derlei Datensammlungen optimieren das Herdenmanagement.

Prokurist Jochen Döhring von Lely West
„Kühe, die sich wohlfühlen, geben mehr Milch.“ Jochen DöhringProkurist

Mehr Zeit, weniger Personal

„Melkrobotersysteme sind die einzigen Roboter, welche an nicht betäubten Tieren (oder auch Menschen) arbeiten. Zum Beispiel bei medizinischen Robotern in der Chirurgie sind die Patienten betäubt und können/dürfen sich nicht bewegen. Deshalb müssen Melkroboter technisch absolut zuverlässig sein - und zwar jeden Tag rund um die Uhr“, sagt Jochen Döhring.

Das System Astronaut A3 Next nimmt nicht nur Rücksicht auf Bedarf und Eigenart der Tiere, sondern senkt auch die Gesamtbetriebskosten von Milchviehhaltern. Außerdem stellt es weitaus weniger Wartungsanforderungen, weil es mit erstklassigem Material auf Langlebigkeit konstruiert worden ist. Zudem gewinnen die Halter von Milchkuhherden mehr Zeit, weil arbeits- und personalintensives Melken konventioneller Art entfällt.

Ein Mitarbeiter kommt mit dem System Lely Astronaut A3 Next auf eine Melkleistung von 1,5 bis 2 Millionen Litern und mehr pro Jahr. Weitere Produkte rund um das automatisierte Stallmanagement sind der mit Robotertechnik gesteuerte Futterschieber Lely Juno und sein Gegenstück, der Stallreiniger Lely Discovery, sowie die Kuhbürste Lely Luna, welche die Tiere von Staub und Juckreiz befreit und ihr Fell gesund und glänzend erhält.

Der Weidehaltung dient die Selektionsbox Lely Grazeway, und die Milchkühltanks Lely Nautilus optimieren in Verbindung mit Lely Astronaut die hygienische Milchlagerung.

Rentabel ab 40 Kühen

Die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Astronaut A3 Next Melkroboters fallen umso schwerer ins Gewicht, als der Milchmarkt stark unter Druck steht.

„In Deutschland, dem mit 27 bis 28 Millionen Tonnen Milch pro Jahr größten Markt in Europa, ist die Zahl der Betriebe in den vergangenen 25 Jahren von über 350.000 auf 90.000 geschrumpft, ohne dass die produzierte Milchmenge weniger geworden ist“, bemerkt Jochen Döhring.

„Das bedeutet, dass die verbliebenen Milcherzeugerbetriebe erheblich größer geworden sind. Das hat zur Folge, dass man ohne Automatisierung (oder gegebenenfalls mit zusätzlichen teuren Arbeitskräften, die allerdings schwer, wenn überhaupt zu finden sind) nicht mehr sozial verträglich produzieren kann.

Die Anschaffung eines Lely-Melkroboters rechnet sich schon bei einem Bestand ab 40 Kühen, und wenn 2015 die bisher prak tizierte Quotenregelung endgültig fällt, wird es immer mehr automatisierte Großund Kleinbetriebe geben.“ Bereits heute haben die Melkroboter beim Neuverkauf in Deutschland einen Anteil von rund 40 Prozent mit steigender Tendenz. Um Vertrieb und Service am deutschen Markt zu forcieren, sind inzwischen 15 über das Land verteilte Lely Center auf Franchise-Basis entstanden, zum Teil eingebettet in bestehende Landmaschinenunternehmen.

„Das ist einmalig und außerordentlich erfolgreich“, freut sich Jochen Döhring. „In den Lely Centern arbeiten mehr als 200 geschulte Fachkräfte, mit denen wir 2008 rund 40 Millionen EUR umsetzen konnten. Unser Ziel sind mittelfristig etwa 30 Lely Center in Deutschland. Vor allem wollen wir den Nachwuchs begeistern und von den Vorteilen unserer innovativen Milch- und Stallwirtschaftstechnik überzeugen.“

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