Wachstum und Veränderungen im Rahmen der Energiewende

Wirtschaftsfaktor Energieeffizienz:

Keine Energiewende ohne effizientere Energienutzung

Um den die Transformation der Energiewirtschaft im Deutschland im Rahmen der angestrebten Energiewende erfolgreich vollziehen zu können, reicht es nicht aus, den Fokus allein auf den Wechsel von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern zu legen.

Als Grundlage für eine klima- und umweltverträglichere Energieversorgung ist dieser Schritt zwar unabdingbar, begleitet werden muss er allerdings von Überlegungen dazu, wie diese Versorgung – und letztendlich auch die Nutzung – effizienter gestaltet werden kann. Neben den gesetzlichen Vorgaben, wie sie etwa die EU-Effizienzrichtlinie formuliert, sollen mit Initiativen wie dem „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ (NAPE) die nötigen Voraussetzungen für mehr Energieeffizienz geschaffen werden, nicht zuletzt in Industrie und Gewerbe.

Zu den Zielen gehört dabei einerseits eine größere Eigenverantwortlichkeit, andererseits soll sich Energieeffizienz über die Einsparungspotenziale im Einzelfall hinaus lohnen: Der Aktionsplan soll daher dabei helfen, auf Basis der Energieeffizienz ein Rendite- und Geschäftsmodell zu etablieren.

Energieeffizienz statt Stromverkauf

Der Think Tank Agora Energiewende hat bereits 2014 eine Studie zu genau diesem Thema vorgelegt. „Energieeffizienz als Geschäftsmodell“ stellt unter anderem heraus, dass die Margen beim Stromverkauf langfristig unter den Umsatzpotenzialen liegen werden, die durch Angebote im Zusammenhang mit mehr Energieeffizienz entlang der Wertschöpfungskette erzielt werden können.

Die Studie nimmt gleichzeitig voraus, was der NAPE als Bestandteil der Energieeffizienz-Strategie 2050 der Bundesregierung nun anstößt: Neue Rahmenbedingungen, in denen auf verschiedenen Ebenen die Maßnahmen für das ausgeschriebene Ziel umgesetzt werden können. Mit Energieeffizienz-Netzwerken, in denen Industrie, Handel und Handwerk bereits miteinander kooperieren, wurden bereits wichtige Grundlagen geschaffen.

In der wirtschaftlichen Praxis macht sich die Fokusverlagerung, wie sie Agora Energiewende beschreibt, an vielen Stellen bereits bemerkbar. Vor allem die Energieversorgungsunternehmen – wie die Stadtwerke – suchen unter den sich verändernden Bedingungen des Energiemarktes nach neuen Möglichkeiten und Geschäftsmodellen.

An ihrem Beispiel zeigt sich gleichzeitig, dass der Systemwechsel im Energiesektor und Innovationen für mehr Energieeffizienz grundsätzlich untrennbar miteinander verbunden sind. Die fortschreitende Dezentralisierung, zusammen mit der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen, erfordert mittelfristig neue Lösungsansätze. Nur damit lassen sich Diskrepanzen zwischen der – natürlicherweise – schwankenden Energiegewinnung und dem Verbrauchsverhalten effizient ausgleichen.

Effizienzpotenziale ausnutzen: Herausforderung für Industrie und Handel

Viele Stadtwerke erweitern vor diesem Hintergrund inzwischen ihr Portfolio, gehen Partnerschaften mit Vertretern anderer Branchen ein und stellen sich mit einem breiteren Angebot an Leistungen auf die wachsende Konkurrenz in ihrem Kerngeschäft ein.

Aus Stromlieferanten werden dadurch zunehmend vielseitigere Dienstleister, die eben in Fragen der Energieeffizienz langjährige Erfahrung und Expertise einbringen können. Die Zusammenarbeit mit branchenfremden Drittanbietern eröffnet gleichzeitig den Zugang zu bislang vernachlässigten Technologien und Methoden. Auf diesem Wege können Stadtwerke und andere Unternehmen aus dem Energiesektor unter anderem neue, datenbasierte Potenziale für ihr Geschäft erschließen, die vorher aufgrund fehlender Ressourcen nur unzureichend oder gar nicht genutzt wurden.

Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich nicht nur für interne Prozessoptimierungen nutzen, sondern dienen zugleich als Grundlage für neue Geschäftsmodelle. Die Energieversorgungsunternehmen bringen beispielsweise prinzipiell alle Voraussetzungen für Beratungsangebote zum dezentralen Energiemarkt mit, sind aber in puncto Digitalisierung und digitaler Wandel häufig auf die Leistungen von Partnern angewiesen.

Ein Nachteil ist das keineswegs, im Gegenteil gehören branchenübergreifende Kooperationen zu den vielversprechendsten Optionen für den Energiesektor. Sie versprechen schließlich nicht nur Zugriff auf Leistungen, die mit eigenen Mitteln nicht erbracht werden können, sondern genauso auf technologische Innovationen. Disruptive Geschäftsstrategien werden in einem dezentralen Energiemarkt zunehmend wichtiger.

Nach einer Marktanalyse der Unternehmensberatung Roland Berger spielen Energieeffizienz-Services dabei eine zentrale Rolle. Denn ihr Geschäftsvolumen kann sich – bezogen auf die gesamte EU – bis zum Jahr 2025 auf rund 50 Milliarden Euro vergrößern. Gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Notwendigkeiten, vor allem das Senken der Energiekosten, machen dahingehende Technologien und Dienstleistungen immer wichtiger.

Während die Energieeffizienz-Services insgesamt einen Wachstumsmarkt darstellen, entwickeln sich dessen Segmente aber durchaus unterschiedlich:

  • Der Markt Software für das Energiemanagement wächst nach den Prognosen von Roland Berger jährlich um bis zu 14 Prozent.
  • Konstruktion, Beschaffung und Bau von Technologien für mehr Energieeffizienz folgt dahinter mit einer Wachstumsrate von 9 Prozent.
  • Operatives Energiemanagement sowie Energieeffizienz-Contracting liegen mit jeweils 8 Prozent dicht auf.
  • Am langsamsten wächst der Teilmarkt für Audits und Consulting, hier wird ein jährliches Wachstum von 4 Prozent erwartet.

Die Experten sehen allerdings eine große Dynamik innerhalb des Marktes, die noch dazu von großem Wettbewerb geprägt ist. Wie das Beispiel der verschiedenen Stadtwerke einmal mehr zeigt, findet in diesem Sektor ein Umbruch statt, der noch längst nicht abgeschlossen ist.

Energieeffizienz in der betrieblichen Praxis

Während es für die Energieversorger in erster Linie darum geht, einen Platz innerhalb des sich entwickelnden Marktes zu finden, suchen viele Unternehmen aus Industrie und Handel noch nach den richtigen Mitteln, um gesetzliche geregelte Effizienzvorgaben im laufenden Betrieb sinnvoll – das heißt: für sie wirtschaftlich – umzusetzen. Dabei gilt es nicht mehr nur Fragen rund um mögliche energetische Sanierungen von Produktions-, Lager-, Handels- und Bürogebäuden zu klären.

Ein zentraler Faktor ist darüber hinaus das Energiemanagement. Denn Sanierungsmaßnahmen sind in ihrer Wirksamkeit Grenzen gesetzt. Größere Effizienz lässt sich dann nur noch erreichen, wenn der Energieverbrauch analysiert und gesteuert wird – mit dem Ziel, ihn in allen Bereichen zu reduzieren. Das schließt Wärme ebenso ein wie Strom, wenngleich dieser einen deutlich höheren Anteil am gesamten Energieverbrauch hat.

Laut den Ergebnissen einer dena-Studie zum Energiemanagement im Handel liegt der im kleinstrukturierten Einzelhandel (KSE) für Lebensmittel bei 78 Prozent, im großflächigen, filialisierten Einzelhandel (GFE) sogar bei 84 Prozent. Ein etwas anderes Bild zeichnet sich im Non-Food-Handel, wo der Stromverbrauch einen Anteil von 56 Prozent (KSE) beziehungsweise 68 Prozent (GFE) ausmacht.

Der Fokus liegt wegen dieser Verhältnisse daher in der Regel auf Möglichkeiten, um weniger Strom zu verbrauchen, unabhängig vom Handelszweig, dem die Unternehmen angehören. Unterschiede machen sich allenthalben bei den jeweils größten Stromkostentreibern bemerkbar: Während der Food-Handel vor allem bei der Kältetechnik den größten Handlungsbedarf sieht, hat für den Non-Food-Handel die Beleuchtung die höchste Priorität.

Handlungsfelder für ein wirksames Energiemanagement

Abgesehen von den augenscheinlichen Stromverbrauchern in den unterschiedlichen Branchen, bestehen selbstverständlich vielfältige Handlungsfelder, um den Energieverbrauch effizienter zu gestalten. Der Rundgang durch das virtuelle Unternehmen, das von der EnergieAgentur.NRW bereitgestellt wird, verdeutlicht auf anschauliche Weise, wo beim Thema Energieeffizienz im Unternehmen angesetzt werden kann – und muss.

Ein umfassendes Energiemanagementsystem kann dabei helfen, unabhängig von der Größe des Unternehmens. Selbst für kleine und mittlere Unternehmen stehen Mittel zur Verfügung, um trotz begrenzter zeitlicher Ressourcen ein funktionierendes Managementsystem zu etablieren. Bis zu einer späteren Zertifizierung nach der DIN EN ISO 50001 für ein systematisches Energiemanagement können beispielsweise auch schrittweise erste Maßnahmen in dieser Richtung vorgenommen werden.

Auf der Grundlage eines professionellen Energieaudits nach DIN EN 16247-1 kann ein verantwortlicher Projektleiter festlegen, in welchen Bereichen des Unternehmens – entweder räumlich oder organisatorisch – das Energiemanagement in Zukunft angewendet werden soll. Er ist außerdem damit betraut, Basisdaten – etwa zum Stromverbrauch – und Einsparungspotenziale festzuhalten.

Davon ausgehend werden die Hauptenergieverbraucher identifiziert, mögliche Maßnahmen anhand ihrer Wirtschaftlichkeit evaluiert und Ziele für diese Maßnahmen festgelegt. Kennzahlen und ein umfassender Projektplan helfen anschließend dabei, das Erreichen oder Verfehlen dieser Ziele zu überwachen. Aus diesen Schritten lässt sich ein fortlaufender Prozess entwickeln, der bereits wichtige Impulse für eine Verbesserung der Energieeffizienz in KMU geben kann. Ein vollständiges Energiemanagementsystem zu etablieren, wäre daran anknüpfend der finale Schritt.

 

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