Prospektwerbung neu gedacht und gemacht
Interview mit Christoph Eck-Schmidt, CEO Bonial Germany
Wirtschaftsforum: Herr Eck-Schmidt, die Spielwiese von Bonial ist die digitale Werbung. Ist die Printwerbung schon tot?
Christoph Eck-Schmidt: Der Prospekt ist weiterhin ein wichtiges und funktionierendes Marketinginstrument des Handels, aber die dominante Stellung von Print gehört in einer verstärkt digital geprägten Welt der Vergangenheit an. Aufgrund der weiterhin zunehmenden Medienfragmentierung glauben wir an eine integrierte und hochverzahnte Kommunikation sämtlicher Kanäle, die neben Digital auch weiterhin Print umfasst – aber in einem deutlich geringeren Umfang als heute. Das hat auch der Handel erkannt: Die Tendenz, printbasierte Werbung zu reduzieren oder sogar einzustellen, hat sich in diesem Jahr an vielen Stellen gezeigt. Große Handelsketten haben ihren Printprospekt sogar schon komplett eingestellt, weitere werden folgen. Die Anzeigenblätter verzeichnen einen Rückgang der Auflagen um 33 % und des Umsatzes um 38 %. Es findet eine digitale Transformation statt. Digitale Werbekanäle werden für den Handel immer wichtiger. Für uns kommt diese Entwicklung nicht überraschend: Wir arbeiten mit vielen Kunden seit Jahren daran, ihre Angebotskommunikation digitaler aufzustellen. Vor drei Jahren hatten wir zwischen 40 und 50 % der Top-50-Händler auf unseren Plattformen. Heute sind es 80 % – und bei den Top 10 sogar 100 %. Das zeigt, dass wir für den Einzelhandel in unseren Kernmärkten Deutschland und Frankreich ein wichtiger und verlässlicher Partner in unsteten Zeiten sind.
Wirtschaftsforum: Wird das Einkaufen insgesamt digital?
Christoph Eck-Schmidt: Der stationäre Handel ist für uns nicht tot, im Gegenteil: Als maßgebender Drive-to-Store Partner bringen wir den Endkunden in die Geschäfte und sorgen auf unseren Plattformen für Kaufimpulse und Inspiration. Natürlich ist E-Commerce ein großes Thema, aber 80 % der Umsätze werden immer noch offline gemacht.
Wirtschaftsforum: Wie sieht die Werbung aus, die Sie verkaufen?
Christoph Eck-Schmidt: Wir bieten unseren Handelskunden und Marken auf unseren Plattformen verschiedene Modelle an. Sei es die Integration eines digitalen Prospekts, die flexible Darstellung einzelner Angebote oder Aktionen mit Bonial Dynamic (DyCo), bewegte Werbeformate oder die Erschaffung ganzer Markenwelten – unsere Kunden schätzen uns für unseren ganzheitlichen Ansatz und die individuellen, maßgeschneiderten Lösungen.
Wirtschaftsforum: Wie haben sich Ihre Plattformen in den letzten Jahren entwickelt?
Christoph Eck-Schmidt: Unsere Userzahlen sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Wir sind stolz darauf, dass unsere Apps zu den meistgenutzten im Bereich Shopping in Deutschland und Frankreich gehören. Auf kaufDA und MeinProspekt findet der Nutzer die Angebote der meisten Händler und Marken aggregiert – das ist ein großer Vorteil gegenüber händlereigenen Apps. Viele Händler haben erkannt, dass eine individuelle Plattform kostenintensiv ist und es zudem schwierig ist, eine große Reichweite zu erzielen. Wir haben unseren Fokus stark auf die Entwicklung der Reichweite gelegt und auch hier große Verbesserungen erreicht.
Wirtschaftsforum: Aus welchen Branchen kommen Ihre Kunden?
Christoph Eck-Schmidt: Unsere Kunden kommen hauptsächlich aus dem Einzelhandel. Sie stammen aus unterschiedlichsten Bereichen wie Discountern, Supermärkten, Drogerien, Elektronik, Beauty, Home&Garden, Fashion, Lifestyle und Reisen. Auch große Hersteller und Marken zählen zunehmend zu unseren Kunden, da sie den Mehrwert unserer Plattformen erkannt haben. Wir platzieren Werbung ohne Streuverluste. Häufig wird Werbung als lästig empfunden. Auf unseren Plattformen kommen die Endkunden aber, um genau diese zu sehen. Sie suchen gezielt nach Angeboten, Trends und planen ihren nächsten Einkauf.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich Bonial wirtschaftlich entwickelt?
Christoph Eck-Schmidt: Wir wachsen seit drei Jahren zweistellig. Aktuell beschäftigen wir 320 Mitarbeiter und betreuen rund 1500 Kunden. Pro Monat verzeichnen wir aktuell über elf Millionen aktive User.
Wirtschaftsforum: Wie haben Sie die Corona-Jahre erlebt?
Christoph Eck-Schmidt: Die letzten zwei bis drei Jahre waren auch für Bonial eine Herausforderung. Rückblickend haben wir aber sicherlich von der Corona-Krise profitiert. Wir haben in dieser Zeit engen Kontakt mit dem Handel gehalten und ihm Möglichkeiten zur Kommunikation mit seinen Kunden gegeben. Da unsere Plattformen sehr dynamisch sind, konnten die Produktinformationen im Hinblick auf die Verfügbarkeit schnell aktualisiert werden. Mit dem klassischen Print-Flyer war das nicht möglich. Durch Flexibilität und Schnelligkeit hatten wir einen echten Innovationsschub. Zudem führen die anhaltenden Lieferschwierigkeiten und die hohen Papierpreise dazu, dass die Vorteile digitaler Angebotskommunikation zu offensichtlich sind, um sie nicht zu nutzen.
Wirtschaftsforum: Rechnen Sie weiterhin mit einer für Sie günstigen Entwicklung?
Christoph Eck-Schmidt: Ja. In Frankreich laufen gerade Tests zu einer möglichen Gesetzesänderung. Der Endkunde muss dabei seine Einwilligung zum Empfang von Print-Prospekten geben. Ein Aspekt ist dabei auch die Abfallvermeidung. Diese Tests rütteln die Branche mächtig auf und werden den Shift in Richtung Digital beschleunigen. Um neue Reichweiten zu schaffen, haben wir dieses Jahr viel in Marketing investiert: Mit Online- und Printanzeigen in diversen Fachmagazinen und den BILD-Medien, Influencer-Kampagnen, Radiospots sowie einer großangelegten DOOH-Kampagne – wir waren und sind gerade auf allen relevanten Kanälen vertreten und freuen uns auf ein starkes Jahr 2023.
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