Jenseits von Greenwashing

Warum Unternehmen über Nachhaltigkeit kommunizieren müssen – und welche PR-Strategien dabei helfen | Von Christopher A. Runge

Jetzt scheint es förmlich, als wollten Firmen alle (etwaigen) Versäumnisse überkompensieren. Schaut man sich etwa auf Linkedin die Postings an, sind Klimaneutralität & Co. ein zentraler Lieferant von Nachrichten, die man der Welt mitteilen muss. Wichtig und richtig. Doch erweckt diese Schwerpunktsetzung mitunter den Eindruck, dass hier Greenwashing betrieben wird. Der Begriff wird dann ins Feld geführt, wenn Kritiker vermuten oder behaupten, ein Unternehmen stelle sich als besonders umweltbewusst dar – eben durch offensives Marketing –, ohne dass es dafür eine reale Grundlage gibt. Letzteres ist genau der springende Punkt. Die Devise „Tue Gutes und rede darüber“ würde ich als PR-Mann (fast) immer unterschreiben. Doch wie kann man es besser machen?

Keine Rosinen herauspicken

1. Greifen wir diesen Faden gleich einmal auf: Unternehmenskommunikation ist eine abgeleitete Tätigkeit. Das heißt, alle Nachrichten sollten nicht nur Tatsachen entsprechen und stimmen, sondern vor allem auch den richtigen Eindruck erwecken. Gerade bei PR-Inhalten lassen sich viele dazu verleiten, Dinge aufzublasen. Meist wird das nicht auf die Goldwaage gelegt. Beim Thema Nachhaltigkeit ist aber die Gefahr besonders groß, dass jemand kritisch drauf schaut – und dann die polemisch zugespitzten Erkenntnisse mit seinen 20.000 Twitter-Followern teilt. Also nicht nur ehrlich sein, vielmehr auch real etwas bieten.

Am besten ganzheitlich. Schließlich ist der Schutz unseres Planeten zu ernst und drängend, als dass er nur wegen der dazugehörigen Kommunikation betrieben wird. Wenn Sie es nicht schon längst gemacht haben, überprüfen Sie die größten Posten. Hierzu gehören die bezogenen Produkte und Dienstleistungen, Betriebskosten, der firmeninterne Transport von Waren und Personen und Geschäftsreisen, die je nach Branche und Firma heftig ausfallen können und entsprechendes Einsparpotenzial bieten.

2. Die Erwartungen aller oder zumindest der meisten Stakeholder bedienen: in erster Linie von Kunden, aber auch von Geschäftspartnern, Anteilseignern und nicht zuletzt den Mitarbeitern. Eine bedeutende Zielgruppe sind hier Talente, die sich ihr neues Unternehmen immer mehr nach ESG-Gesichtspunkten aussuchen. Stichwort: Employer Branding. Zielen Sie auf die wichtigsten Stakeholder mit ihren spezifischen Ansprüchen und Interessen, verringern Sie automatisch das Risiko, Greenwashing zu betreiben. Schließlich sind Sie ganzheitlich unterwegs und stellen sich aufrichtig nach allen Seiten hin als attraktiver Anbieter, Geschäftspartner, Kunde und Arbeitgeber dar.

3. Haben Sie die Konkurrenz im Blick. Denn so wie beim Kampf um Kunden und Talente herrscht auch hier ein reger Wettbewerb. Viele Unternehmen haben die Notwendigkeit, zu handeln, längst erkannt – und kommunizieren dies offensiv. Hier dürfen Sie nicht mehr an der Seite stehen. Denn mit einem Engagement stärken Sie Ihre Unternehmensreputation – oder vermeiden im Umkehrschluss Entrüstungsstürme. Dies gilt besonders dann, wenn Sie in einer heiklen Branche tätig sind, die ohnehin unter verschärfter Beobachtung steht.

Ein Muss – kein Sahnehäubchen mehr

4. Insofern ist der Einsatz für einen kleinen CO2-Fußabdruck kein Sahnehäubchen mehr; etwas, das man sich eben leistet, sondern ein Muss. Ohnehin werden viele dieser heute noch freiwilligen Aktivitäten zu Branchenstandards oder sogar gesetzlichen Vorschriften. Wenn Sie rasch und umfassend damit anfangen, sind Sie später bestens vorbereitet.

5. Wie bei anderen PR-Themen bieten Zertifizierungen, Qualitätssiegel oder der Gewinn von Branchenpreisen auch hier hervorragende Anlässe, sich nach außen hin darzustellen. Nutzen Sie diese Gelegenheiten. Anders als oft vermutet, stecken dahinter in der Regel keine eingekauften Etiketten, sondern sinnvolle und systematische Evaluationsprozesse und Punktevergaben, bei offiziellen Zertifizierungen ohnehin.

Fazit: Gehen Sie ganzheitlich vor. Seien Sie ehrlich und kommunizieren Sie Fakten. Und wie so oft: Stellen Sie Menschen, ihr Engagement und die Story heraus. Denn ESG, CO2 und Nachhaltigkeit sind trotz der Omnipräsenz immer noch recht sperrige Themen. Geben Sie also Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie ein Gesicht – am besten das Ihrer Mitarbeiter.

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