Naturschutz in Gewerbegebieten: Enormes Potenzial

Naturschutz

Das Umweltbundesamt verzeichnet eine stetige Zunahme des Flächenverbrauchs durch Siedlungen und Verkehr. Mittlerweile gilt die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland mit 14,4 Prozent Ende 2019 als drittgrößte Nutzungsart. Gleichzeitig schrumpft die Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche, besonders im Umland von Städten. Generell werden wegen des Wirtschaftswachstums perspektivisch immer mehr Gewerbeflächen benötigt. Dazu werden neue Gewerbegebiete benötigt, die wiederum die dortige Flora und Fauna verdrängt. Angesichts dieser und anderer Entwicklungen nimmt die Bedeutung von zukunftsfähigen Gewerbegebieten rasant zu, denn nachhaltig geplante Areale können einen Kompromiss bilden.

Gewerbegebiete entstehen meistens am Stadt- oder Ortsrand auf unbebauten Grünflächen, weil von ihnen oft erhebliche Emissionen ausgehen. Firmen können schon bei der Standortwahl einiges für den Umweltschutz tun, wenn sie sich für ein nachhaltig konzipiertes Gelände entscheiden. Das bedeutet, dass Unternehmer an diesen Standorten zusätzliche Maßnahmen im Sinne des Umwelt- und Naturschutzes ergreifen müssen. Seit einiger Zeit gibt es in Deutschland viele Flächen, die als nachhaltige Gewerbegebiete ausgewiesen sind. Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen verleiht mittlerweile auch Zertifikate für solche Areale, die den Anforderungen in besonderem Maße entsprechen.

Potenzial für ökologische Begrünung ist enorm

Es braucht nicht immer viel Aufwand, um in Gewerbe- und Industriegebieten Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere zu schaffen oder zu verbessern. Eine ökologische Aufwertung entsprechender Areale sorgt außerdem für eine optische Verbesserung der zumeist öden und tristen Flächen. Laut BUND (Verein Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland) sind es vielfach gerade die trockenen und nährstoffarmen Bodenbedingungen in Gewerbegebieten, die für viele Pflanzen und Tiere unverzichtbar sind. Allerdings sind es nicht nur die neuen Gewerbegebiete, bei denen Aspekte des Umweltschutzes berücksichtigt werden sollten: Ökologie spielt auch bei Bestandsflächen eine maßgebliche Rolle, zum Beispiel bei der Ausarbeitung lokaler Umweltkonzepte.

Das Potenzial zur Begrünung gewerblicher genutzter Flächen ist enorm: Naturnahe Gestaltungsmaßnahmen beziehen sich demnach nicht nur auf die Anpflanzung von mehr Grün. Neben blühenden Beeten sind auch alle erdenklichen Naturmaterialien geeignet, den ökologischen Gedanken voranzutreiben. Findlinge etwa bieten einheimischen Tieren Schutz, Himbeeren und andere Beerensträucher sowie Obstbäume dienen der Nahrungsaufnahme vieler Vogelarten und anderer Tiere. Auch Feuchtbiotope lassen sich in gewerbliche Flächen integrieren und bieten zusätzlichen Lebensraum. Möglich ist beispielsweise auch, brachliegende Reserveflächen zwischenzeitlich dem Wildwuchs zu überlassen oder dort mit blühenden Wildblumen Bienen und anderen Insekten zu helfen.

Vorteile für Unternehmer

Stellen Sie sich vor: Ihr Firmengebäude inmitten einer blühenden Wiese, im Hintergrund ein Biotop, in das Regenwasser abgeleitet wird. Mehrere dichte Bäume beschatten den von Findlingen und Natursteinen eingerahmten Eingang. Hier und da warten Nistkästen auf ihre künftigen Bewohner.

Übliche Gestaltungen von Firmengeländen mit Schotterwegen und formal gestalteten Beeten, in denen meist nur eine Pflanzenart wächst, fallen dagegen deutlich ab. Mit einer solchen ökologischen Aufwertung tun Sie nicht nur etwas für den Umweltschutz, sondern auch für Ihre Kunden und Geschäftspartner, für die Mitarbeiter und für Ihren guten Ruf. Mitarbeiter und Kunden verbinden eine positive Einstellung mit dem Firmengelände und damit auch mit der Firma.

Wer sich heutzutage sichtbar um Umweltbelange kümmert, zeigt Verantwortung und wird allein deshalb von seinem Umfeld positiv wahrgenommen. Darüber hinaus senken naturnahe Areale auch die Kosten, vielleicht nicht kurzfristig, aber im Laufe der Zeit: Maßnahmen wie Wildblumen statt gepflegter Rasenflächen sparen zum Beispiel Personal ein, das sich um regelmäßiges Rasenmähen kümmert. Wer Flächen entsiegelt, muss weniger Gebühr für die Ableitung von Regenwasser bezahlen. Fassadengrün und Dachbegrünung etwa sorgen nicht nur für ein besseres Raumklima, sondern senken auch Heizkosten.

Gefragt: Strategien für Bestandsflächen

Während bei neuen Gewerbeflächen seit einigen Jahrzehnten ökologische Aspekte verstärkt in die Planung einbezogen werden, sind es vor allem die älteren Areale, die mit Blick auf den Naturschutz ins Hintertreffen geraten. Nicht selten wirken sich hier Altlasten negativ auf das ökologische Gleichgewicht aus. Trotzdem können nicht nur die Kommunen, sondern auch Unternehmer in punkto Umweltschutz Strategien entwickeln, um ihr Firmengelände ökologisch aufzuwerten – Strategien, die nicht zu Lasten der Funktionalität gehen. Im Gegenteil: Unternehmer liefern mit verschiedenen Umgestaltungsmaßnahmen einen wichtigen Beitrag für die biologische Vielfalt und steigern in Zeiten des globalen Klimawandels als Nebeneffekt sozusagen gleichzeitig ihr Renommee.

Etliche Gewerbetreibende haben bereits vorgemacht, wie hier eine naturnahe Gestaltung aussehen kann und bieten damit viel Platz für Blumen, Blüten & Co.: In Remscheid beispielsweise wurde die bestehende Fläche mit Laubbäumen aufgewertet, weitere naturnahe Kriterien beachtet und eine bergische Wildblumenwiese auf 700 Quadratmetern angelegt. Ein Imker hat dort seine Bienenvölker angesiedelt und liefert regionalen Honig. Ein Rechenzentrum in Frankfurt wiederum hat auf seinem Gelände Sand, Steine und Totholz aufgeschichtet sowie Rasenflächen im Sinne des Naturschutzes optimiert. Außerdem wurde ein Teil der Flächen entsiegelt.

Auf Förderprogramme zurückgreifen

Für eine ökologische Aufwertung des Betriebsgeländes eignen sich die unterschiedlichsten Maßnahmen. Sinnvoll ist natürlich, in diesem Zusammenhang auch auf erneuerbare Energien, die der Umwelt gut tun, zurückzugreifen. Unternehmer tun jedoch gut daran, sich für ein solches Vorhaben Expertenrat einzuholen. Ansprechpartner sind unter anderem die Kommunen und Grünplaner. In vielen Gemeinden und Städten gibt es außerdem die Möglichkeit auf Förderung verschiedener Projekte mit dem Ziel, Gewerbeflächen naturnaher zu gestalten. Unter anderem können Mittel beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, beim Ministerium des Inneren oder beim Umweltbundesministerium abgerufen werden, aber auch direkt beim Bund, den Ländern und der Europäischen Union. Das Bundesumweltministerium zum Beispiel fördert zum Beispiel in Hannover eine insektenfreundliche Gestaltung von Gewerbeflächen mit dem Projekt „Außenstelle Natur“.

Lebensräume für Insekten schaffen

Dieses Projekt soll bis zum Jahr 2024 mit insgesamt 860000 Euro gefördert werden und wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) inhaltlich unterstützt. Firmeninhaber werden zum Beispiel dazu aufgerufen, Insekten Nist- und Lebensräume zu bieten und bei der Pflege des Areals auf Biozide und Düngemittel zu verzichten. Gleichzeitig werden damit die Mitarbeiter für das Thema Naturschutz und Biodiversität sensibilisiert. Im Jahr 2020, so berichtet die Zeitschrift für angewandte Ökologie sind außerdem zehn Kommunen in Deutschland mit Partnern aus Bildung, Wissenschaft und Beratung initiativ geworden und haben sich dem vom Rat für nachhaltige Entwicklung prämierte Projekt „Grün statt grau-Gewerbegebiete im Wandel“ angeschlossen, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Hier wird nach Wegen gesucht, wie Unternehmer, Kommunen, aber auch Schulen und Vereine Gewerbegebiete nachhaltiger machen können. Ziel soll neben einer besseren Aufenthaltsqualität auch eine bessere Anpassung entsprechender Gebiete an die Folgen des Klimawandels sein. Im Zuge dieser Aktion wurden Bäume gepflanzt, Flächen und Fassaden entsiegelt, Dächer wurden begrünt und Nisthilfen angebracht. Nur eines von vielen Beispielen, dass die Schaffung ökologischer Flächen in Gewerbegebieten an Bedeutung gewinnt.

Auf die richtigen Pflanzen achten

Wichtig für die ökologische Aufwertung des Firmengeländes ist ein passendes Konzept. Schließlich müssen die verwendeten Pflanzen standortgerecht ausgewählt werden. Genauso von Bedeutung ist auch die Funktion, die die Anpflanzung künftig erfüllen soll.

Die Pflanzenauswahl sollte unter anderem diese Kriterien erfüllen: 

  • Verwendung heimischer Pflanzen
  • Früh- und Spätblüher oder Blüten, die während „Trachtlücken“ erscheinen
  • Unterstützung lokaler Lebensräume durch geeignete Pflanzen
  • Verzicht auf invasive Arten (Pflanzen, die in der Region nicht heimisch sind) 
  • Bevorzugung von Wildblumen

Grundsätzlich werden zur Verbesserung der ökologischen Gegebenheiten von Gewerbeflächen folgende Grundsätze empfohlen: •

  • Versiegelung reduzieren
  • Nährstoffarme Areale schaffen (Wiese statt Zierrasen)
  • Regenwasser zurückhalten
  • Heimische und standortgerechte Pflanzen wählen
  • Weder Kunstdünger noch Pestizide verwenden
  • Statt Zäune Hecken pflanzen oder Trockenmauern aufschichten
  • Dächer- und Fassadenbegrünung
  • Vogelschutzglas verwenden (Vermeidung von Vogelschlag)
  • Insektenfreundliche Lichtquellen bieten
  • Wildwuchs auf ungenutzten Flächen zulassen
  • Nisthilfen installieren, kleine Teiche anlegen
  • Insektenhotels und andere Quartiere für Wildtiere aufstellen

 

Bildquellen:
Bild 1: adobe.stock / joyfotoloakid

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