70 Marken, 95 Länder, eine Mission
Interview mit Alessandro Vella, General Manager der IWB Italia S.p.A.

Wirtschaftsforum: Herr Vella, geben Sie uns doch bitte einen kurzen Abriss der Entstehungsgeschichte von IWB Italia.
Alessandro Vella: Die Holding Italian Wine Brands S.p.A. wurde vor zehn Jahren gegründet und ist seitdem an der Börse in Mailand notiert. Der Ursprung reicht jedoch weiter zurück – unser Präsident Alessandro Mutinelli hatte zuvor mit der Provinco Italia bereits ein erfolgreiches Weinunternehmen mit einem Umsatz von rund 100 Millionen EUR aufgebaut. Nach der Börsennotierung begann eine intensive Wachstumsphase, in der wir durch gezielte Akquisitionen wie Giordano Vini, Svinando, Raphael Dal Bo, Enoitalia, Barbanera und das US-amerikanische Unternehmen Innovation Brands stark expandiert haben. Ende 2023 wurde die IWB Italia S.p.A. gegründet, um die B2B-Aktivitäten dieser Unternehmen zu bündeln.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt IWB Italia heute im internationalen Weinmarkt?
Alessandro Vella: Wir produzieren jährlich rund 160 bis 170 Millionen Flaschen Wein, vertreiben über 70 Eigenmarken sowie zahlreiche Private Label und exportieren in 95 Länder. Dabei entfallen rund 80% unseres Umsatzes auf internationale Märkte. Unsere Produktionsstandorte befinden sich in Montebello Vicentino, Calmasino und Cetona in der Toskana. Wir sind besonders stark in der Herstellung von Prosecco DOC und bedienen alle Preissegmente – vom Discounter bis zum Premiumprodukt im Fachhandel.
Wirtschaftsforum: Was sind aktuell Ihre stärksten Märkte und Produktsegmente?
Alessandro Vella: Unsere Topseller sind klassische Exportsorten wie Prosecco, Pinot Grigio und verschiedene DOC- und DOCG-Weine aus Venetien, dem Piemont und der Toskana. Barbanera beispielsweise stärkt unser Portfolio toskanischer Weine erheblich. Hinzu kommen Trends wie niedrigalkoholische oder alkoholfreie Weine sowie Ready-to-Drink-Formate, auf die wir mit eigenen Produktlinien reagieren. Diese stellen wir aktuell auf Fachmessen wie Vinitaly, ProWein oder der London Wine Fair vor.
Wirtschaftsforum: Wie begegnen Sie den aktuellen Herausforderungen am Markt?
Alessandro Vella: Die letzten Jahre waren geprägt von großen Krisen – von der Pandemie über die Energiekrise bis hin zu Rohstoffengpässen, vor allem beim Glas. Unsere Branche wurde hart getroffen. Dennoch haben wir diese Zeit als Chance genutzt, unsere Resilienz zu stärken und neue Märkte zu erschließen. Die aktuell größte Unbekannte sind mögliche Zölle in den USA – unser wichtigster Einzelmarkt. Aber auch das werden wir meistern.
Wirtschaftsforum: Ist der Fachkräftemangel auch für Sie ein Thema?
Alessandro Vella: Absolut. Gerade in technischen Bereichen wird es zunehmend schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Die Anforderungen steigen durch die Digitalisierung enorm – etwa an mechatronische Kompetenzen in der Produktion. Wir setzen daher auf eigene Ausbildungsinitiativen und versuchen, junge Talente frühzeitig für die Weinwirtschaft zu begeistern.
Denn viele Schulen und Ausbildungseinrichtungen können mit der rasanten technologischen Entwicklung kaum Schritt halten – umso wichtiger ist es, intern gezielt Know-how aufzubauen.
Wirtschaftsforum: Wie begegnet IWB Italia dem Wandel im Konsumverhalten und den neuen Anforderungen internationaler Märkte?
Alessandro Vella: Der Weinmarkt befindet sich tatsächlich in einem tiefgreifenden Wandel. Wir beobachten eine zunehmende Nachfrage nach alkoholfreien oder alkoholreduzierten Weinen sowie nach trendigen Formaten wie Ready-to-Drink. Darauf reagieren wir mit gezielter Produktentwicklung: Wir haben bereits erste No- und Low-Alcohol-Varianten auf den Markt gebracht und investieren kontinuierlich in neue Ideen, um diesen Wandel aktiv mitzugestalten. Gleichzeitig sehen wir großes Potenzial in weniger erschlossenen Märkten und arbeiten daran, unser Sortiment auch dort entsprechend zu positionieren. Unser Ziel ist es, flexibel zu bleiben und Partnern weltweit ein vielfältiges, modernes und hochwertiges Angebot italienischer Weine zu bieten.
Wirtschaftsforum: Welche strategischen Ziele verfolgen Sie mittel- und langfristig?
Alessandro Vella: Wir möchten unsere Präsenz in neuen, aufstrebenden Exportmärkten gezielt weiter ausbauen und parallel dazu unsere Marktstellung im Heimatland Italien konsequent stärken. Dabei spielt Innovation eine zentrale Rolle – sowohl bei der Entwicklung neuer Produkte als auch bei der kontinuierlichen Optimierung unserer Produktionsprozesse. Zusätzlich setzen wir auf klare strategische Schwerpunkte wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die gezielte Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter. Mein persönliches Ziel ist es, dass unsere internationalen Geschäftspartner IWB Italia als einen kompetenten, flexiblen und dauerhaft verlässlichen Partner wahrnehmen – über sämtliche Kategorien italienischen Weins hinweg.