Joint Ventures in der Immobilienbranche

Synergieeffekte für die Projektrealisierung

Joint Ventures: Gemeinsames Wagnis, verteiltes Risiko

Unter einem Joint Venture versteht man, in direkter und gleichzeitig sinngemäßer Übersetzung aus dem Englischen, ein „Gemeinsames Wagnis“. Wesenskern und Zielsetzungen eines jeden Joint Ventures haben dabei grundsätzlich viele Schnittmengen:

1. Beteiligt sind mindestens zwei Unternehmen. Sie entschließen sich dazu, ein Joint Venture zu gründen. Dabei kann dieses Joint Venture ein eigenes Unternehmen sein, muss es aber nicht. Im Falle von „Contractual Joint Ventures“ handelt es sich auch nur um Beziehungen auf rein vertraglicher Basis.

2. Wenn Joint Ventures als eigenständige Unternehmen gegründet werden, handelt es sich dabei in den allermeisten Fällen um Kapitalgesellschaften. Die dahinterstehenden Rechtsformen werden häufig deshalb gewählt, um Haftungsrisiken für alle Beteiligten zu minimieren.

3. Die Beteiligten sind bislang und auch im Rahmen des Joint Venture rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen. Es handelt sich beispielsweise nicht um eine Zusammenarbeit von Mutterkonzern und Tochtergesellschaft, sondern um zwei oder mehrere vollständig voneinander getrennte Firmen.

4. Das Joint Venture und die darin nötigen Bestrebungen bzw. Zielsetzungen bilden die einzige Gemeinsamkeit zwischen den Partnern, alle anderen Bereiche ihrer Unternehmungen bleiben davon unberührt.

5. Jeder beteiligte Partner des Joint Venture übernimmt, im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen, sowohl Teile der Führung, der Verantwortung wie des eingegangenen Risikos. Das kann, muss aber keine exakte prozentuale Aufteilung bedeuten.

Basis von all dem ist ein Joint-Venture-Vertrag. Typischerweise regelt er mit sehr detaillierten Inhalten, wer was beizutragen und zu entscheiden hat, wo die Ziele liegen.

Joint Ventures: Schlagkraft als häufige Raison d'être

Gründe, warum Unternehmen Joint Ventures eingehen, gibt es viele. Die historischen Wurzeln dieser Vorgehensweise liegen dabei deutlich auf grenzüberschreitenden Kooperationen. Auch heute sind Joint Ventures vielfach die einzige Möglichkeit, in Staaten mit restriktiven Einschränkungen des freien Marktes Fuß zu fassen – in diesem Fall kann ein ausländisches Unternehmen dort nur agieren, wenn es mit einer einheimischen Firma ein Joint Venture eingeht.

Lange Zeit war dies beispielsweise der wichtigste Modus Operandi für sämtliche Firmen, die in China agieren wollten – wenngleich sich hier derzeit der Trend aber eher in Richtung Tochtergesellschaften verschiebt.

Deutlich häufiger werden Joint Ventures jedoch mittlerweile aus anderen Gründen gestartet. Vor allem mit folgenden Zielen: 

- Ausnutzen von Synergieeffekten durch die Bündelung der gemeinsamen Forschungsanstrengungen. 
- Lerneffekte für alle Beteiligten, weil es möglich ist, gegenseitige Einblicke in die Partnerunternehmen, in ihre Mentalitäten und dergleichen zu nehmen. 
- Addition der zur Verfügung stehenden Fähigkeiten bzw. Kompetenzen. 
- Erhöhung des finanziellen Spielraums durch Koppelung mehrerer Budgets bei gleichzeitiger Reduktion des jeweiligen Investitionsvolumens. 
- Verteilung des unternehmerischen Wagnisses auf mehrere Schultern.

Das heißt also: Zwei (oder mehr) Unternehmen, die sich für ein Projekt zu einem Joint Venture zusammengeschlossen haben, sind durch diese Bündelung meist in jeglicher Hinsicht deutlich schlagkräftiger – oftmals auch gegenüber der Konkurrenz. Je nach genauem Projekt und dem Background der Beteiligten sind damit auch Projekte möglich, welche die einzelnen Firmen allein nicht oder nur unter untragbaren Bedingungen stemmen können.

Zusätzlich jedoch bleibt die unternehmerische (und finanzielle) Unabhängigkeit in allen anderen Bereichen gewahrt und überdies ist das Joint Venture selbst durch seine Ausgestaltung ein häufig sehr flexibles Konstrukt, welches durch die konkrete Zielsetzung jedoch hochspezialisiert agieren kann.

An diesem Punkt zeigt sich auch einer der häufigsten Gründe für Joint Ventures in der Immobilienbranche:

Immo-Joint-Ventures: Ein rasant wachsender Trend

Sowohl in Sachen Privat- wie Business-Immobilien lässt sich schon seit einigen Jahren der Trend zum Joint Venture nicht mehr übersehen. Die hier typische Vorgehensweise ist die eines „Equity Joint Venture“. Bei dieser Variante – sie ist übrigens generell der zahlenmäßig stärkste Vertreter unter den Joint Ventures – steht auf der einen Seite ein in der Branche verhaftetes Unternehmen, beispielsweise ein Bauunternehmen oder ein Projektentwickler. Dieses Unternehmen geht eine Partnerschaft mit einem potenten Geber liquider Mittel ein; häufig im Bereich des Mezzanine-Kapitals als Stärkung der Eigenkapitalmittel des Unternehmens.

Diese Firmen bündeln nun ihre Fähigkeiten mit dem Ziel eines gemeinsamen Projekts – auf der einen Seite steht der in der Immobilienbranche erfahrene Player mit dem nötigen Knowhow, der Arbeitskraft und Hardware, auf der anderen der Geldgeber.

Die Größe dieses Trends und wie lange er schon besteht, lässt sich auch in Zahlen belegen: Allein zwischen 2011 und -15 wurden nur in den wichtigsten Lagen Deutschlands etwa 1,2 Millionen Quadratmeter an Wohnfläche durch Joint Ventures realisiert. Dieser Wert entspricht mehr als der Hälfte der gesamten Wohnfläche, die in diesem Zeitraum dort errichtet wurde. Seitdem sind die prozentualen Anteile nicht mehr gesunken.

Die Gründe dafür sind nur allzu logisch:

- Die gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung von Bauprojekten haben sich nicht zuletzt durch energetische Vorgaben in jüngerer Zeit deutlich verschärft und werden es auch künftig noch weiter tun. Das sorgt dafür, dass die Kosten für vergleichbare Immobilien seit Jahren dramatisch zugelegt haben.
- Auch aus anderen Gründen haben sich die Immobilienpreise erhöht – etwa, weil in urbanen Regionen der zur Verfügung stehende Bauplatz immer geringer wird. Zusammen mit dem vorherigen Punkt bedeutet dies, dass es mit der Zeit deutlich teurer wurde, Wohn-, Einkaufs- und Arbeitsflächen zu errichten oder zu sanieren.
- Immobilien werden aus technischer Hinsicht immer anspruchsvoller, sodass für die Durchführung von Projekten mehr fähiges Personal nötig ist als in früheren Zeiten – just daran mangelt es jedoch heute im besonderen Maße; ganz besonders beim handwerklichen ausführenden Personal.

Immer mehr Unternehmen müssen deshalb in der Frühphase der Vorplanung feststellen, dass sie allein keine realistische Chance hätten, dieses Immobilienprojekt gänzlich in Eigenregie durchzuführen – oder vielleicht auch, dass es zwar möglich wäre, die Risiken jedoch untragbar hoch wären. Das Joint Venture hat sich im Immobiliensektor deshalb immer mehr zu einem üblichen – vielfach notwendigen – Vorgehen gewandelt, wo es in früheren Zeiten ein optionales Modell war und wenn, dann nur für anspruchsvollste Projekte genutzt wurde.

Immo-Joint-Ventures: Grundlagen und typische Risiken

Dass Joint Ventures in den allermeisten Fällen auf einem umfangreichen Vertragswerk basieren, wurde bereits angesprochen. Ein Vertrag allein garantiert jedoch noch gar nichts. Das kann er erst, wenn alle Risiken dieses gemeinsamen Wagnisses bekannt sind und darin korrekt angesprochen werden.

Denn auch wenn Joint Ventures per Definition das Risiko für die einzelnen Beteiligten minimieren, so können Sie doch auch andere Gefahren heraufbeschwören: 

- Jeder der Beteiligten gibt mehr Mitspracherechte und Kontrollmöglichkeiten an alle anderen Mitglieder des Joint Ventures ab, als es bei den meisten anderen Formen der Zusammenarbeit üblich wäre.
- Da es sich typischerweise um Unternehmen aus verschiedenen Sparten handelt, müssen bei allen Beteiligten zunächst Lernprozesse angeschoben werden, um ein besseres Verständnis füreinander zu entwickeln – dennoch ist allerdings nie ausgeschlossen, dass es auch im konkreten Rahmen eines gezielten Projekts zu Konflikten aufgrund konträrer Interessenslagen kommt. 
- Sämtliche Entscheidungsprozesse werden automatisch in die Länge gezogen. Denn jeder Beteiligte muss bei allen Entscheidungen gleichberechtigt involviert werden.

Das kann mitunter zu unnötigem Aufwand führen.

- Joint Ventures dauern typischerweise nur an, bis ein Immobilienprojekt fertiggestellt wurde. Was die Partner dieser Zeit jedoch voneinander lernten, bleibt bestehen – und kann sich in künftigen Konkurrenzsituationen als strategischer Nachteil erweisen. 

- Die Ausschüttung der Gewinne erfolgt nach dem Umfang der Beteiligungen – wer wenig gegeben hat, bekommt auch weniger.

Daraus ergibt sich, dass Für und Wider von Joint Ventures immer sorgsam abgewogen werden sollten – und dass dabei nicht nur das Endziel des Projekts betrachtet wird, sondern alle Eventualitäten, die sich durch die Kooperation auf dem Weg dorthin und nach der Fertigstellung ergeben könnten.

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