Ein Unternehmen gibt Gas. Bio-Gas.

Interview mit Simon Bollmer, Geschäftsführung der Bollmer Holding GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Bollmer, die Bollmer Holding ist ein Familienunternehmen, das eng mit der Landwirtschaft verbunden ist. Wie sah die Entwicklung bis heute aus?

Simon Bollmer: Die Holding entstand 1993 aus dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb heraus. Mein Vater stand damals vor einem Scheideweg; investieren oder neue Wege gehen? Er war immer jemand, der über den Tellerrand schaute und sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigte. Zu der Zeit sah er neue Perspektiven im Bereich des Nährstoffrecyclings und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Nach und nach kamen dann weitere Geschäftsbereiche hinzu.

Wirtschaftsforum: Heute ist Bollmer eine Holding. Wie kam es dazu?

Simon Bollmer: Mein Vater begann mit dem Recycling regionaler Nährstoffe, stellte jedoch schnell fest, dass der Markt viel globaler ist. Deshalb sind wir heute in ganz Deutschland aktiv und momentan dabei, einen Standort in Frankreich, in der Nähe von Colmar, aufzubauen. Im Vordergrund stand der Gedanke, Nährstoffe zu recyceln, statt sie thermisch zu verwerten oder zu deponieren. Industriepartner zeigten schnell großes Interesse; Nährstoffe wurden so kostengünstiger verwertet, aber auch nachhaltiger. Heute ist das Thema Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen, als mein Vater sich damit beschäftigte, war er ein Pionier. Bis 2010 wuchs das Unternehmen sehr schnell; heute wachsen wir noch immer, aber nicht mit dieser Dynamik. Corona und der Krieg in der Ukraine stellen uns vor neue Herausforderungen; gleichzeitig sind neue Marktbegleiter hinzugekommen und gewachsen, so dass der Markt aufgeteilt ist.

Wirtschaftsforum: Wie sieht die heutige Struktur genau aus?

Simon Bollmer: Es gibt zehn Standorte in Deutschland, einen im Aufbau befindlichen in Frankreich. Das Portfolio unterscheidet zwischen den drei Sparten Bioenergie, Anlagenbau und Bollmer Agrar. Im Bereich Bioenergie betreiben wir drei Biogasanlagen; hier sind rund 20 Mitarbeiter aktiv. Momentan stellen wir die Verstromung zur Bio-Methan-Produktion um, damit mehr tierische Nebenprodukte wie Gülle und Mist eingesetzt werden können, die ohnehin verfügbar sind. Der Einsatz erzeugter Produkte wie Mais oder Zuckerrüben soll dagegen reduziert werden, um mehr Flächen für die Produktion von Tierfutter oder Getreide für die Lebensmittelindustrie freizuhalten. Im Anlagenbau haben wir gemeinsam mit der Firma Consentis mehrere hundert Biogasanlagen gebaut. Inzwischen liegt der Fokus verstärkt auf dem Bereich Service; wir beschäftigen hier etwa 40 Mitarbeiter. Wir arbeiten am Puls der Zeit, sind allerdings sehr stark beeinflusst durch politische Entscheidungen. Von Jahr zu Jahr gibt es neue Herausforderungen, aber auch Chancen. Der Bereich Bollmer Agrar geht auf das Nährstoffrecycling zurück. Zwischen 40 und 50 Mitarbeiter beschäftigen sich hier mit der Produktion von Düngemitteln meist in flüssiger Form. Wir hoffen noch mehr Produkte zu finden, aus denen Düngemittel produziert werden können und arbeiten intensiv daran, die Anzahl, die auf Deponien oder in Kläranlagen kommen, zu reduzieren.

Wirtschaftsforum: Wie entwickeln sich momentan die Geschäfte?

Simon Bollmer: Der Umsatz lag zuletzt bei rund 40 bis 45 Millionen EUR. Aufgrund der aktuellen Situation ist ein umsatzbezogenes Wachstum sehr realistisch. Mengenbezogen haben wir es dagegen mit einer Stagnation, eventuell sogar mit einem leichten Rückgang zu tun. Es sind weniger Rohstoffe vorhanden, weniger Produkte werden produziert; das Volumen ist geringer, die Preise sind höher.

Wirtschaftsforum: Sie sind seit 2021 Teil der Geschäftsführung, Ihr Bruder ist ebenfalls im Unternehmen tätig. Wo sehen Sie die Schwerpunkte ihrer Arbeit?

Simon Bollmer: Ich bin eng mit der Landwirtschaft verbunden, habe vor meinem Studium eine landwirtschaftliche Lehre gemacht und einige Jahre bei einer Ölmühle gearbeitet. Während ich für die strategische Vertriebsplanung verantwortlich bin, konzentriert sich mein Bruder auf die Biogasanlagen, Logistik und Tankläger. Mir persönlich ist es wichtig, dass das Unternehmen transparent auftritt und den Nachhaltigkeitsgedanken weiterführt. Wir haben bereits in eine Photovoltaikanlage installiert und stellen momentan unsere Flotte auf E-Fahrzeuge um, um nicht nur beim Thema Nährstoffrecycling Kreisläufe zu schließen, sondern auch bei Themen drumherum.

Wirtschaftsforum: Gibt es einen Schlüssel für den Erfolg?

Simon Bollmer: Ja, die Verbindung von Industrie und Landwirtschaft sowie nachhaltige Produkte, die zum Teil einen besseren Nutzen als herkömmlich produzierte haben. Düngemittel aus Nebenprodukten sind gefragt. Gerade in Zeiten der Trockenheit überzeugen unsere flüssigen Produkte. Wir hoffen, noch mehr Landwirte für das Nährstoffrecycling überzeugen zu können und weiter solide zu wachsen.

Bollmer Holding GmbH
Am Langen Graben 13
49835 Wietmarschen
Deutschland
+49 5925 99660
info(at)bollmer.de
www.bollmer.de

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