Baufinanzierung – Zinsen für Immobilienkredite steigen deutlich

Im Januar und Februar 2022 sind die Kreditzinsen innerhalb weniger Wochen um mehr als 0,5 Prozent gestiegen. Bei fünf- und zehnjährigen Darlehen liegen die Zinssätze demnach aktuell bei 1,5 bis 1,6 Prozent. Immobilienkredite mit einer 20-jährigen Zinsfestschreibung konnten Anfang März 2022 mit etwa 1,9 Prozent Jahreszins abgeschlossen werden. Dies bestätigen auch Immobilienkreditrechner, laut denen in den letzten Monaten die Kreditzinsen für Baufinanzierungen deutlich gestiegen sind.

„Ließ sich ein 300.000-Euro-Darlehen im Dezember inklusive einer dreiprozentigen Tilgung mit 1.000 Euro bedienen, müssen Kreditnehmer nun monatlich 1.125 Euro aufwenden. Auch wenn die Zinsen im historischen Vergleich noch niedrig sind, trifft das jetzige Zinsumfeld Erstkäuferinnen und Eigentümer mit Anschlussfinanzierungsbedarf empfindlich. Wer eine Anschlussfinanzierung heute oder in einigen Monaten oder Jahren benötigt, sollte die Konditionen prüfen. Über Forward-Darlehen lassen sich günstige Konditionen schon bis zu fünf Jahre im Voraus festschreiben“, erklärt Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft bei Interhyp.

Zinssätze für Immobilienkredite steigen weiter

Ein Großteil der Finanzexperten hält es laut Umfragen für wahrscheinlich, dass im Jahresverlauf die Zinssätze für Immobilienkredite weiter ansteigen. Dies liegt an der hohen Inflation und der strafferen Geldpolitik der EZB sowie am kürzlich ausgebrochenen Ukrainekrieg.

„Die hohe Inflation von aktuell 5,1 Prozent in Deutschland sowie die sanfte konjunkturelle Erholung ließen eine straffere Geldpolitik erwarten, das hätte auch die Bauzinsen nach oben gezogen. Mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs steht die Europäische Zentralbank nun jedoch vor dem Dilemma, dass die Inflation durch die steigenden Energiepreise zusätzlich angefacht wird, gleichzeitig aber die Wirtschaft durch den Krieg beeinträchtigt wird. Investoren sind bereits vermehrt in deutsche Staatsanleihen geflüchtet, was deren Renditen zuletzt hat sinken lassen. Das könnte beim Baugeld, das sich auch an den Anleiherenditen orientiert, zumindest kurzfristig zu Rücksetzern führen“, erklärt Mohr.

Inflation als wichtigster Faktor

Ökonomen sehen als Hauptgrund für die anziehenden Zinsen für Baufinanzierungen in Deutschland die hohe Inflation. Laut Schätzungen des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) liegt diese in der Europäischen Union (EU) aktuell bei 5,8 Prozent. In Deutschland lag die Inflation laut Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) im Februar 2022 bei 5,1 Prozent. Im Jahr 2021 (3,1 %) und im Jahr 2020 (0,5 %) war die Inflationsrate in Deutschland deutlich geringer.

Die Covid-19-Pandemie hat in Europa zuletzt stark an Dynamik verloren. Dies hätte eigentlich dazu führen müssen, dass die Inflation zurückgeht, weil die Notenbanken als Reaktion ihre lockere Geldpolitik beenden müssten. Der nun ausgebrochene Ukrainekrieg hat den Handlungsspielraum der EZB jedoch wieder stark beschnitten.

Ukrainekrieg beeinflusst Baufinanzierung in Deutschland

Ein Großteil der Ökonomen der Zentralbanken ist der Ansicht, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukrainekriegs die geplante Straffung der Geldpolitik unmöglichen machen. Die Inflation wird demnach noch länger auf einem hohen Niveau bleiben und somit dafür sorgen, dass die Zinsen für Baukredite in Deutschland weiter anziehen. Wie stark der Krieg in der Ukraine die globale Wirtschaft beeinflusst, sieht man auch an einer Entscheidung der US-amerikanischen Notenbank Fed, die erklärte, dass die unschätzbaren Risiken des europäischen Kriegs eine straffere Geldpolitik behindern.

Renditen von Staatsanleihen

Neben den Leitzinsen der Zentralbanken gelten die Renditen für Staatsanleihen als wichtiger Indikator für die Kosten von Baugeld. In den letzten Monaten haben sie sich bei Staaten mit hoher Bonität wie etwa Deutschland wieder aus dem Minus sukzessive noch oben entwickelt. Zehnjährige Bundesanleihen lagen im Februar 2022 durchgängig im Plus. Mit dem Beginn der Eskalation in der Ukraine sind sie jedoch wieder leicht abgerutscht und tendieren wieder im Minus.

„Die Bauzinsen bewegen sich derzeit im Spannungsfeld zwischen einer steigenden Inflation, einer erwarteten strafferen Geldpolitik und neuen Unsicherheiten“, erklärt Mohr. Ein Großteil der Teilnehmer des Bauzins-Trendbarometers geht deshalb mittel- bis langfristig von höheren Zinsen für Immobilienkredite aus. Wie sich die Zinsen kurzfristig entwickeln werden, ist hingegen umstritten. Ein Teil der Bankenvertreter prognostiziert gleichbleibende und sogar leicht fallende Bauzinsen, ein anderer Teil steigende Bauzinsen. Es wird somit deutlich, dass Kreditnehmer in den kommenden Monaten sehr wahrscheinlich mit Schwankungen bei den Zinssätzen rechnen müssen.

Zinssätze und Konditionen vergleichen

In Anbetracht der höheren Zinsen empfehlen Mohr und andere Baufinanzierungsexperten Kreditinteressenten ein genaues Vergleichen der Zinssätze und Konditionen. Um im steigenden Zinsumfeld schneller finanzieren zu können und bessere Konditionen zu erhalten, können sich Immobilienkäufer bereits im Vorfeld Finanzierungsbestätigungen oder -zertifkate besorgen. Bei den Bau- und Immobilienkrediten sollten Kreditnehmer primär auf eine ausreichend hohe Tilgung und eine lange Zinsbindung achten. Empfohlen sind mindestens 15 Jahre.

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