Vielleich wäre Jim Jannard auch tatsächlich gerne Regisseur geworden. Jedenfalls hat er sich stets Nähe und Kontakte zur Filmindustrie in Hollywood gewahrt. Dort kam es Anfang des Milleniums zu der paradoxen Situation, dass die digitale Filmtechnik ihr analoges Vorlaufmodell über Nacht in den Schatten stellte. Die Pionierarbeit wurde jedoch von jungen und unabhängigen Filmemachern geleistet, während die etablierte Branche ihre Skepsis bewahrte.
Jim Jannard wunderte sich lediglich darüber, dass die Adaption der neuen und besseren Technik in der Traumfabrik eher schleichend vonstatten ging. Studios scheuten die Investitionen. Geschäftsleute des etablierten Gewerbes, also Kamerabauer und Filmentwickler, warnten vor den Nachteilen und den Zusatzkosten. Jim Jannard sah hingegen die Möglichkeit für ein Multimillionengeschäft. Er wurde Kamerabauer.
Seine digitale Filmkamera mit dem schicken Markennamen Red One eroberte die Branche in wenigen Jahren. Die Red One gilt als eine der ersten Kameras, die den so genannten Blockbuster-Filmen eine völlig neue Aufmachung verlieh und den Filmemachern ganz neue Akzente und Effekte ermöglichte. Der Film "Collateral" mit Tom Cruise ist hier ein Beispiel. Stichwort: Digital Nachbearbeitung.
Über Nacht sind ganz neue Bildwelten entstanden. Diese erreichen heute nach etwa zehn Jahren jedes Wohnzimmer. Dabei lag der Erfolg von Jim Jannards Kamera nicht in den technischen Leistungsdaten, sondern im Produktdesign. Im Kundenerlebnis. Es ist wie mit den ganzen i-Geräten von Apple gewesen!
Die Red One sah aus wie eine herkömmliche Studiokamera. Man wechselte keine Filmbatterien, sonden digitale Speicherkassetten. Sämtliche "analoge" Objektive und Linsen waren mit der Bauweise der Red One kompatibel, das mochten die Kunden sehr. Sie mussten sich nicht in ihren Gewohnheiten umstellen, während die eigentliche technische Revolution im Inneren der Kamera längst stattfand. Magie? Nein. Glück? Nein. Nur der richtige Mann mit dem richtigen Durchblick zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Der Erfolg gibt ihm Recht.
Wie auch bei der Sonnenbrille war er weder der Erfinder noch der mit dem besten Endpreis oder der wertvollsten Marke. Er schien einfach nur am besten zu wissen, was seine Kunden wirklich wollen. Das ist die Aufgabe eines Unternehmers: Bedürfnisse der Verbraucher erkennen und befriedigen. Derjenige sein, der es besser macht, da ohnehin im Laufe der Zeit alle Produkte verbessert werden. Wie Jim Jannard.
Felix Albus