Eine (rote) Mütze voll Bio
Interview mit Jochen Walz, COO der Zwergenwiese Naturkost GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Walz, die Zwergenwiese ist Inbegriff für vegetarische und vegane Brotaufstriche. Die Produkte sind echte Klassiker unter den Bioprodukten. Was unterscheidet sie von den immer zahlreicher werdenden anderen Bioprodukten in den Regalen – neben der unverwechselbaren roten Zwergenmütze?
Jochen Walz: Der Erfolg unserer Produkte liegt in der Philosophie des Unternehmens, die Qualität, Diversität, Regionalität und Transparenz als entscheidende Eckpfeiler hat. Wir haben mit den Brotaufstrichen anfangs eine Nische besetzt; andere Unternehmen haben inzwischen realisiert, dass Kund:innen genau diese Produkte wünschen und haben versucht, Zwergenwiese zu kopieren. So wie das Unternehmen gewachsen ist, ist auch das Angebot gewachsen. Dank dieser Vielfalt findet jeder Kund:innen bei Zwergenwiese das für seine/ihre Bedürfnisse optimale Produkt.
Wirtschaftsforum: Zwergenwiese gilt als Pionier der Biobranche. Wie hat sich das Unternehmen bis heute entwickelt?
Jochen Walz: Alles begann 1979 auf der Schwäbischen Alb als Landkommune von Susanne Schöning. Das erste Produkt war ein herzhafter Aufstrich mit Gemüse aus dem eigenen Garten. Der Produktionsstandort Silberstedt wurde 1996 eröffnet und 2010 ausgebaut. 2017 gab Frau Schöning das Unternehmen an Herrn Wilhelm ab, wodurch die Nachfolge gesichert wurde. Seit der Gründung ging es steil bergauf; als ich Ende 2004 hier anfing, war ich Mitarbeiter Nummer 28 und es gab 76 Produkte; heute sind es fast 150 Mitarbeiter:innen und mehr als 150 Produkte.
Wirtschaftsforum: Den Umsatz beziffern Sie aktuell auf 35 Millionen EUR. Selbst in der Corona-Krise ist er gestiegen, auch deshalb, weil immer mehr junge Kunden die Zwergenwiese entdeckt haben. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?
Jochen Walz: Wir gehen weiterhin von zweistelligen Zuwachsraten aus. Bei aller Dynamik ist entscheidend, unserer Philosophie und unseren Werten treu zu bleiben. Wir wollen modernisieren, aber in der Tradition der Zwergenwiese. Das heißt, wir müssen uns selbst gegenüber ehrlich bleiben, die Produktqualität muss weiter hoch sein, der regionale Anbau forciert werden.
Wirtschaftsforum: Was genau bedeutet hohe Produktqualität bei Zwergenwiese?
Jochen Walz: Wir setzen auf Klasse statt Masse; Regionalität spielt dabei eine besondere Rolle, ist Ursprung des Bio-Gedankens. Wir verarbeiten das, was um den Schornstein herum wächst; also Erdbeeren aus dem Umland, Rapssaat aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Meerrettich aus Franken. Deutsche Rohstoffe sind für uns eine Herzensangelegenheit. Dabei arbeiten wir sehr eng mit den Landwirt:innen zusammen, was sehr großen Spaß macht.
Wirtschaftsforum: Werfen wir einen Blick auf das Portfolio. Gibt es Highlights, Klassiker oder Neuheiten?
Jochen Walz: Jedes einzelne Produkt ist uns wichtig. Schwerpunkte bilden würzige Brotaufstriche, fruchtige Aufstriche, Senf und Tomatensaucen. Alle Produkte werden am Standort Silberstedt nach eigenen Rezepten gefertigt und entwickelt, dafür gibt es ein Team von drei Mitarbeiter:innen. Nach ein bis zwei Jahren Entwicklung geht ein Produkt in der Regel in die Serienproduktion. Gespannt sind wir aktuell auf die Einführung eines neuen Produkts für Kinder, einer Zwergen-Sauce aus regionalen Äpfeln und Gemüse.
Wirtschaftsforum: Stichwort Transparenz – wie wird diese bei Zwergenwiese gelebt?
Jochen Walz: Transparenz in der Kommunikation ist uns extrem wichtig – und zwar nach allen Seiten. Unsere Rohstoffe werden auf Herz und Nieren geprüft; es ist klar, woher sie kommen, wer dahintersteckt. Wir wählen Landwirt:innen sorgfältig aus; sie müssen zu unserer Philosophie passen, mit ihren Mitarbeiter:innen fair umgehen, ihr Handwerk verstehen und Lieferkettengesetze erfüllen. Kund:innen können jederzeit bei uns anrufen, wenn es ein Problem gibt oder wenn sie Anregungen haben.
Es gibt Produkte, die direkt auf Kundenwünsche zurückgehen; der vegane Leim zum Beispiel oder unsere Fertiggerichte Soul Kitchen. Wir wollen für unsere Kund:innen jederzeit greifbar sein. Es ist Teil des Bio-Gedankens, das zu machen, was die Verbraucher:innen sich wünschen. Wir wollen Kund:innen zufriedenstellen, Mitarbeiter:innen und Handelspartner, die wie Freunde sind. Um sie in der schwierigen Zeit aufzuheitern, haben wir ihnen zum Beispiel Pakete mit Leckereien geschickt.
Wertschätzung ist uns sehr wichtig. Auch und vor allem unseren Mitarbeiter:innen gegenüber. Überstunden gibt es bei uns nicht, stattdessen eine gute Work-Life-Balance. Wir haben bei uns im Flur große Fotos von Mitarbeiter:innen mit ihren Lieblingsprodukten hängen. Das zeigt vielleicht, wie die Stimmung hier ist. Man identifiziert sich mit Zwergenwiese, arbeitet gerne hier – und lacht viel und oft.