Cool down
Interview mit Walter Zens, Geschäftsführer der Sumitomo (SHI) Cryogenics of Europe GmbH

Die Kryotechnik, auch Tieftemperaturtechnik genannt, ist die Technik zur Erzeugung tiefer Temperaturen im Bereich unterhalb -150 °C. Angewendet wird sie in Industrien wie der Medizintechnik, Halbleiterindustrie, Lebensmittelindustrie, Vakuumtechnik, Elektrotechnik sowie der Grundlagenforschung. Im Zusammenhang mit ausgereifter Kryotechnik fällt automatisch der Name Sumitomo. Der japanische Konzern ist einer der weltweit führenden Hersteller.
„Hier in Darmstadt profitieren wir als europäisches Servicecenter enorm von der Zugehörigkeit zu einem starken, global aufgestellten Mutterkonzern“, erklärt Walter Zens. „Der Konzern ist vor rund 500 Jahren entstanden und heute in den verschiedensten Industrien von der Medizintechnik über die Metallindustrie hin zum Schiffsbau aktiv. Hier geht es um Geschäfte großen Maßstabs. Die Kryotechnik kam vor etwa 50 Jahren zum Konzern. Heute stehen für Sumitomo vor allem Nischenbereiche mit Wachstumspotenzial im Fokus.“
Japanisches Hightech, deutscher Service
In Deutschland ist Sumitomo seit dem Jahr 2000 aktiv – der Standort ist das Ergebnis einer strikten Expansionsstrategie. In Darmstadt beschäftigen sich 30 Mitarbeiter mit der Reparatur der komplexen Geräte. „Hinter der Gründung des Darmstädter Standorts stand die Frage, wie man einen zuverlässigen Service für ein japanisches Hightech-Produkt garantieren kann“, so Walter Zens. „Als General Electric und Siemens schließlich begannen, Sumitomo-Geräte einzusetzen, wurde ein Servicecenter immer dringlicher. Zudem müssen die Geräte in regelmäßigen Abständen überholt werden, auch das ist hier eine zentrale Aufgabe.“
Global aufgestellt, nah am Kunden
Heute übernimmt Sumitomo den Service für sämtliche Geräte; anfangs ging es schwerpunktmäßig um MRT-Geräte für General Electric, Philips und Toshiba. Inzwischen hat sich das Tätigkeitsfeld geändert hin zum Refurbishment oder dem Ersatz von Geräten durch neue.
Ganz Europa wird von Deutschland aus abgedeckt, Ausnahmen bilden Russland und die Ostblockländer. Der Umsatz liegt bei 20 Millionen EUR – und steigt kontinuierlich. „2016 sind wir um 14% gewachsen, 2017 konnten wir das Niveau halten“, so Walter Zens. „Man muss allerdings sagen, dass der Markt für klassische MRT-Geräte gesättigt ist; in Zentraleuropa ist ein dynamisches Wachstum ausgeschlossen. Wenn wir unseren Wachstumskurs fortsetzen wollen, und das steht außer Frage, müssen wir nach neuen Feldern suchen.“
„Wir werden in Zukunft neue Wachstumsfelder erschließen und denken dabei vor allem an die Vakuumtechnik.“ Walter ZensGeschäftsführer
Chancen suchen und nutzen
Als weitsichtig agierendes Unternehmen hat Sumitomo sich rechtzeitig mit neuen Anwendungen beschäftigt. Teilchenbeschleuniger und astronomische Einrichtungen sind laut Walter Zens lediglich ein ‘Zubrot’; vielversprechende Chancen bieten Anwendungen, die mit supraleitenden Magneten zu tun haben.
„Eco Swing, ein supraleitender Generator, der auf Windturbinen sitzt, ist für uns ein spannendes Projekt“, betont Walter Zens. „Aber auch supraleitende Motoren, die irgendwann Züge oder Flugzeuge antreiben, gehören dazu. Derartige Anwendungsfelder werden langfristig zweistellige Wachstumsraten haben. Kurz und mittelfristig sehen wir besonderes Potenzial in der Vakuum- und Halbleitertechnik. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Kryopumpen hervorzuheben sowie Vakuumroboter. Natürlich wird es auch in Zukunft unser angestammtes Geschäftsfeld rund um die Medizintechnik geben; allerdings werden sich Gewichtungen verschieben. Wir werden mit der Vakuumtechnik wachsen und Technologien finden, die thematisch zu uns passen.“