Nicht sichtbar, aber unverzichtbar
Interview mit Anna Sembach, CEO der Sembach GmbH & Co. KG
Der Name Sembach steht für Tradition und Moderne, für Kontinuität und Offenheit für Neues, für Erfahrung und Innovation. Im ständigen Wandel der Zeit ist das Familienunternehmen seinen Werten und seiner Kernkompetenz stets treu geblieben. Technische Keramik prägt seit der ersten Stunde das Portfolio. Heute liefert Sembach weltweit.
Neue Wege in der Nische
Oskar Sembach gründete das Unternehmen 1904 – heute führt es seine Ururenkelin Anna Sembach, die von Kindesbeinen an viel Zeit im Familienunternehmen verbrachte und der immer klar war, dass sie irgendwann dort tätig sein würde. Nach einem BWL-Studium trat sie 2018 in die Firma ein und übernahm 2020 die Geschäftsführung – als erste Frau in der Unternehmensgeschichte.
Investitionen mit Weitsicht
Sembach hat oft ausgetretene Wege verlassen, um eigene Visionen umzusetzen und dabei unternehmerische Weitsicht bewiesen. 1921, als sich mehrere Keramikunternehmen in Lauf zusammenschließen wollten, entschied sich Unternehmensgründer Oskar Sembach bewusst gegen diesen Schritt. „Deshalb sind wir heute eines der wenigen Familienunternehmen in der Region“, wie Anna Sembach sagt. Auch ihr Großonkel setzte wichtige Akzente, als er mit der Produktion eigener Pressautomaten begann, die zum Teil noch heute im Einsatz sind.
Investitionen in neue Technologien haben das Unternehmen immer wieder gestärkt. Zwischen 1999 und 2003 wurden alte Tunnelöfen ausgetauscht und durch moderne Ofentechnik ersetzt. 2000 wurde der keramische Spritzguss eingeführt – heute laut Geschäftsführerin die am stärksten wachsende Abteilung. „Dank Investitionen in Automatisierungstechnik können wir hohe Stückzahlen produzieren und setzen uns damit vom Markt ab“, betont sie.
Breite Aufstellung, viele Märkte
Nach dieser konstanten Weiterentwicklung ist Sembach zum international gefragten Partner verschiedener Industrien avanciert. „Wir sind nach wie vor sehr stark im Automotivesektor tätig“, blickt Anna Sembach zurück. „Allerdings hat sich hier in den vergangenen Jahren viel verändert. Heute steht nicht mehr der Verbrennermotor im Fokus, sondern die E-Mobilität und Brennstoffzellen. Hinzu kommen für uns Bereiche wie die Medizintechnik und der Maschinenbau.“
Im Weltall und im Geldautomaten
Technische Keramikteile sind besonders vielseitig und in unterschiedlichsten Bereichen das Material der ersten Wahl – „das macht die Arbeit so spannend“, wie Anna Sembach betont. Keramik ist temperaturbeständig, verschleißfest, hat eine hohe Biokompatibilität und eine lange Lebensdauer. Das kann in der Endoskopie sein oder in Geldautomaten, wo Sensoren aus Keramik sicherstellen, dass nur einzelne Geldscheine ausgegeben werden. Sembach-Keramik war Teil der Weltraummission ‘Rosetta’ und damit bereits im Weltall und wird schon seit den 1970er-Jahren in Lambdasonden verbaut.
Herausforderungen und Perspektiven
Die breite Aufstellung ist ein Vorteil am Markt und soll weiter vorangetrieben werden. „Wir wollen in Zukunft noch unabhängiger von der Automobilbranche werden und konzentrieren uns auf den Ausbau anderer Bereiche wie Medizintechnik und Textilmaschinenbau“, erklärt Anna Sembach. „Gerade der Bereich Medizintechnik wächst sehr stark, sodass wir hier großes Potenzial sehen. Ein Vorteil ist, dass wir kundenspezifisch fertigen und Kunden schon in der Entwicklung unterstützen.“
Sembach sieht vielversprechende Marktchancen, aber auch Herausforderungen auf sich zukommen, die zu meistern sind. „Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema Energie“, betont Anna Sembach. „Der Sinterprozess ist sehr energieintensiv, sodass wir einen entsprechend hohen Gasverbrauch haben. Klares Ziel ist deshalb, unseren CO2-Fußabdruck zu verringern, zum Beispiel durch Wärmerückgewinnung. Hier werden wir in Zukunft einen Schwerpunkt setzen.“
Herausfordernd ist nicht zuletzt die Suche nach Personal. Rund 210 Mitarbeiter sind für Sembach tätig, in der Regel sind 10% Auszubildende – die immer schwerer zu finden sind. „Wir besuchen Messen, halten Fachvorträge und planen die Neugestaltung unserer Website sowie ein neues Logo“, sagt Anna Sembach. „Dieser neue, verstärkte Auftritt nach außen zielt sowohl auf die Akquirierung neuer Kunden, vor allem aber neuer Mitarbeiter ab. Wir haben hier ein familiär geprägtes Umfeld mit kurzen Entscheidungswegen, viel Eigenverantwortung und hohem Qualitätsbewusstsein. Das wird sich auch künftig nicht ändern. Mir ist es wichtig, ein lukratives Unternehmen zu führen, das kostendeckend arbeitet und nicht um jeden Preis wächst.“