Radiopharmaka ‘Made in Germany’
Interview mit Jens Junker, Geschäftsführender Gesellschafter der ROTOP Pharmaka GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Junker, auf welche Produkte konzen-trieren Sie sich mit ROTOP Pharmaka?
Jens Junker: Unser Kerngebiet ist die Herstellung von Radiopharmaka, die für die nuklearmedizinische Diagnostik von Funktionsstörungen und bei onkologischen Fragestellungen Verwendung finden. Wir konzentrieren uns dabei nicht nur auf Produkte für häufige Anwendungen, wie zum Beispiel eine Herzperfusionsdiagnostik. Wir haben auch Nischenprodukte im Programm, um unseren Kunden das komplette Leistungsspektrum bieten zu können.
Wirtschaftsforum: Was genau sind Radiopharmaka?
Jens Junker: Radiopharmaka können aus einer radioaktiven Substanz bestehen oder aus einem Träger, an den die radioaktive Substanz gekoppelt ist. Der Patient bekommt das Radiopharmakon in der Regel intravenös injiziert. Im Körper ‘wandert’ es dann zu seinem Bestimmungsort in ein bestimmtes Organ oder zu einer bestimmten Art von Zellen. Mittels einer speziellen Kamera wird die Strahlung außerhalb des Körpers detektiert. Anhand der entstandenen Aufnahmen sowie rechnerischen Auswertungen trifft der Arzt eine Entscheidung zur weiteren Behandlung des Patienten.
Wirtschaftsforum: Welche Innovationen und Neuentwicklungen gibt es bei ROTOP Pharmaka?
Jens Junker: Seit rund drei Jahren arbeiten wir an einem neuen Radiopharmakon zur Diagnose von Prostatakrebs, eine der häufigsten Krebsarten bei Männern. Zurzeit bereiten wir uns im Rahmen der klinischen Prüfung auf eine Phase-3-Studie vor. Auch im Bereich der Therapie des Prostatakarzinoms werden wir in den nächsten Jahren einen Umbruch erleben. Vor wenigen Wochen wurde die Phase 3 der klinischen Studie eines neuen Therapeutikums durch ein anderes Unternehmen abgeschlossen. Dies wird auch der Diagnostik mit Radiopharmaka einen zusätzlichen Impuls geben. Sollte dieses Therapeutikum eine Zulassung erhalten, könnten zahlreiche Patienten von dieser Anwendung profitieren. Wir möchten mit unserem verwandten Diagnostikprodukt in zwei Jahren auf dem Markt sein. Außerdem haben wir 2020 mit der Eröffnung der ROTOP Radiopharmacy einen weiteren Meilenstein in der Firmengeschichte gelegt. In dem Gebäude der Radiopharmacy können nun auch radioaktive Arzneimittel hergestellt werden. Aktuell wird dort das im Herbst 2020 arzneimittelrechtlich zugelassene Fertigarzneimittel Ioflupan (123I) ROTOP hergestellt, welches beispielsweise im Rahmen der Parkinson-Diagnostik eingesetzt wird. Damit ist ROTOP in Deutschland nicht nur der einzige Hersteller von Kits für die Anwendung von [99mTc]Technetium-, sondern auch von Iodid-markierten Radiopharmaka.
Wirtschaftsforum: Welche Trends und Veränderungen stellen Sie am Markt fest?
Jens Junker: Es kommen immer mehr Geldgeber auf den Markt, die massiv investieren. Sie alle aber haben ein Problem: Sie haben einen ‘Proof-of-Concept’ im Labor, aber der Weg vom Labortisch bis zum routinemäßig hergestellten Arzneimittel fehlt. Wir kooperieren deshalb mit verschiedenen Unternehmen, denen wir unsere Forschungs- und Entwicklungskompetenz als Dienstleister zur Verfügung stellen – weltweit. Für uns bedeutet dies eine Kompetenzerweiterung. Vor Kurzem haben wir deshalb eine größere Investition in unser ROTOP Innovation Center (RIC) vorgenommen. Hier arbeiten wir in State-of-the-art Laborumgebungen mit modernsten Technologien der Arzneimittelentwicklung.
Wirtschaftsforum: In Ihrem Markt gibt es unterschiedlichste Anbieter. Wie positioniert sich ROTOP Pharmaka hier?
Jens Junker: Wir differenzieren uns durch unsere Nähe zum Kunden und unsere sehr persönliche Kundenbetreuung. In Deutschland sind wir der einzige Hersteller von Kit- und Iodid-Radiopharmaka. ‘Made in Germany’ ist nach wie vor international ein wichtiges Gütesiegel. Die Pandemie hat uns in Deutschland wieder die Bedeutung kritischer Infrastrukturen vor Augen geführt. Als während des ersten Lockdowns die Lieferketten gestört waren, ist die Abhängigkeit von Lieferanten im Ausland überdeutlich geworden. Die ROTOP Pharmaka ist von derartigen Engpässen größtenteils verschont worden, da wir schon seit Langem unsere Wirkstoffe selbst produzieren und somit das Qualitätsniveau und auch die Verfügbarkeit in unseren eigenen Händen halten.
Wirtschaftsforum: Herr Junker, welche Vision verfolgen Sie mit ROTOP Pharmaka?
Jens Junker: 2013 haben wir das Ziel aufgestellt, innerhalb der nächsten fünf Jahre unseren Umsatz zu verdoppeln. Das ist uns gelungen. In den nächsten Jahren möchten wir jetzt unseren Wachstumskurs fortsetzen und unseren Umsatz weiter steigern. Wir möchten unser jährliches or-ganisches Wachstum von 15 bis 20% weiter fortsetzen. Weiterhin wollen wir unser Produkt- und Dienstleistungsportfolio erfolgreich ausbauen. Unser Traum ist ein eigenes Produkt im Bereich der Krebstherapie. Für Firmen in unserer Größenordnung ist es eine enorme Herausforderung. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir uns in den nächsten Jahren entsprechend weiterentwickeln werden. Unsere Vision ist es, national wie international treibende Kraft bei der Entwicklung wirkungsvoller Radiopharmaka für Diagnostik und Therapie zu werden.