Einfach mal ʻabhängenʼ – aber bitte mit System

Interview mit Jürgen Volberg, Geschäftsführer der REUTLINGER GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Volberg, die REUTLINGER GmbH wurde bereits 1873 gegründet. Die Geschichte des Unternehmens beginnt aber noch viel früher – werfen Sie mit uns einen Blick zurück.

Jürgen Volberg: Tatsächlich beginnt die Unternehmensgeschichte hier in Frankfurt bereits vor 400 Jahren mit einer Seilerei Reutlinger, die Hanfseile produzierte. 1873 wurde die Firma, aus der unser heutiges Unternehmen hervorging, von Wilhelm Benjamin Reutlinger gegründet, der außer Hanfseilen erstmals auch Stahl- und Drahtseile herstellte. REUTLINGER ist nach wie vor ein Familienunternehmen, das seit 1987 von Dipl.-Ing. Wolf Reutlinger geleitet wird. Die Seile für unsere Abhängesysteme haben wir in verschiedenen Stärken, diese sind für unterschiedliche Arbeitsbelastungen ausgelegt. Heute fertigen wir sie nicht mehr selbst, weil sich das wirtschaftlich für uns nicht lohnt, sondern veredeln sie, etwa hinsichtlich Material und Farbgestaltung, zu konfektionierten Systemkomponenten.

Wirtschaftsforum: Das bringt uns direkt auf das heutige Portfolio von REUTLINGER: Welche Produkte umfasst es?

Jürgen Volberg: Man könnte es so zusammenfassen: Bei uns bekommt man alles was notwendig ist, um etwas sicher an Wänden oder Decken abzuhängen: von der Deckenbefestigung über das Seil und den Drahtseilhalter bis hin zum Endbefestigungselement – und natürlich komplette Systeme. Das Anwendungsspektrum ist breit und reicht von Abhängesystemen für Leuchten über solche für die Bereiche Shop und Retail, Messebau und Ausstellungen, Akustikbau sowie Galerien und Museen bis hin zu Systemen für stromführende Abhängungen. Insgesamt haben wir 3.000 Artikel im Sortiment sowie 30.000 Kombinationslösungen im Set.

Wirtschaftsforum: In welchem dieser Bereiche haben Sie Ihren Schwerpunkt?

Jürgen Volberg: In der Veranstaltungsbranche sind wir besonders stark. REUTLINGER ist dafür bekannt, sehr stabile und verlässliche Drahtseilhalter im Bereich Veranstaltungstechnik zu bieten. Alles was auf Messen oder bei Konzerten auf die Bühne herunterhängt, ist meistens an Drahtseilhaltern von REUTLINGER befestigt. Das geht so weit, dass in der Veranstaltungsbranche nicht mehr von ʻDrahtseilhalterʼ, sondern von ʻReutlingerʼ gesprochen wird.

Wirtschaftsforum: Gerade in der Veranstaltungsbranche sah es in der Hochzeit der Coronapandemie jedoch schlecht aus – die meisten Events mussten abgesagt werden. Wie haben Sie diese Zeit generell überstanden und wie sieht es im Moment für REUTLINGER aus?

Jürgen Volberg: Ja, das Marktsegment Veranstaltungstechnik ist durch Corona weggebrochen. Wir haben das auch nicht völlig durch andere Märkte kompensieren können, wie beispielsweise die Aufhängungen für Plexiglas-Schutzscheiben in Geschäften im Zuge der Corona-Hygienemaßnahmen. Insofern haben wir natürlich Einbußen gehabt, jedoch nicht so gravierend, dass das zum Abbau von Personal geführt hätte. Auch die Preise für Messing und Stahl als die Materialien, die wir in erster Linie verwenden, sind stark angestiegen – die Erhöhungen bewegen sich zwischen 17 und 50%. Es ist uns aber gelungen, diese Preisexplosion durch die Optimierung unserer Prozesse so einzufangen, dass wir unsere Preise zwar erhöht haben, aber nicht in dem Maß, wie die Rohstoffpreise gestiegen sind.

Wirtschaftsforum: Was schätzen die Kunden an REUTLINGER? Was zeichnet Ihr Unternehmen vor seinen Marktbegleitern aus?

Jürgen Volberg: Wir sind am Markt ganz vorne mit dabei: Wir haben das mit Abstand größte Sortiment und sind darüber hinaus in der Lage, kundenindividuelle Lösungen in kürzester Zeit anzubieten – im Normalfall liefern wir innerhalb 24 Stunden. Auch in der Coronazeit haben wir ein gutes Management bewiesen, denn wir sind in allen Bereichen, die wir bedienen, lieferbar.

Wirtschaftsforum: Unverändert aktuell sind Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und der allgegenwärtige Fachkräftemangel. Wie geht REUTLINGER damit um?

Jürgen Volberg: In punkto Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind wir auf einem guten Weg: Wir haben ein neues Warenwirtschaftssystem eingerichtet, das ein fast papierloses Büro ermöglicht. Wir verbrauchen inzwischen zu 80% weniger Papier. Digitalisierung und Nachhaltigkeit gehen in diesem Punkt bei uns daher Hand in Hand. Auch mit unserem neuen Firmengebäude haben wir mit der Umstellung auf LED-Beleuchtung und einer Ethernet-Vernetzung, die keine Kühlung benötigt und daher weniger Energie verbraucht, auf Nachhaltigkeit gesetzt. Ein weiterer Schritt wird die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Hallendach sein. Dem Fachkräftemangel begegnen wir durch eigene Ausbildung – das allein deckt aber nicht den Bedarf. Das ist also ein Thema, das uns auch in Zukunft weiter beschäftigen wird, genau wie unser Anspruch, hier am Standort präsent zu bleiben und für unsere Mitarbeiter und ihre Familien die Arbeitsplätze zu sichern.

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