Von der Schaff-Hose zur
Interview mit Michael Stiegert, Geschäftsführer der Paul H. Kübler Bekleidungswerk GmbH & Co. KG
Paul Hermann Kübler kam eigentlich aus dem Fashionbereich. Doch ihm fiel auf, dass es einen großen Bedarf an Arbeitshosen gab. So gründete er 1956 das Unternehmen und begann mit ein paar Näherinnen, Latzhosen zu produzieren. „Die Firma entwickelte sich und eröffnete schon sehr früh Niederlassungen im Ausland, zunächst in Ungarn, dann in der Tschechischen Republik und bald gab es auch erste Kontakte nach Fernost“, berichtet Geschäftsführer Michael Stiegert.
1996 wurde ein Neubau mit einem modernen Hochregallager in Betrieb genommen. Die Geschäfte sind noch immer in Familienhand: Der Sohn des Firmengründers, Thomas Kübler, trat 1984 ins Unternehmen ein. 230 Mitarbeiter sind heute bei Kübler beschäftigt. Sowohl die Entwicklung, das Erstellen der Schnitte als auch das Testen der Produkte erfolgt intern.
Die Produktion wurde an langjährige Partner ausgelagert. „Wir haben aber immer noch 60 Mitarbeiter in der eigenen Produktion, um Maß- und Sonderanfertigungen sowie Textilveredelungen zu ermöglichen“, erzählt Michael Stiegert, der bereits seit 2013 im Unternehmen tätig ist. Kübler erwirtschaftet heute einen Jahresumsatz von 40 Millionen EUR.
Passend gemacht
Das Angebot des schwäbischen Unternehmens richtet sich vor allem an Industrie und Handwerk. Vertrieben wird indirekt über den Handel. Die Arbeitskleidung aus dem Haus Kübler ist funktional, bietet hohen Tragekomfort und ist an die Bedürfnisse der unterschiedlichen Berufe angepasst.
Aber sie kann noch mehr, wie Michael Stiegert betont: „Wir wissen spätestens seit der Coca-Cola Light-Werbung, dass ein Handwerker auch sexy sein kann. Unsere Kleidung wird heute auch unter ästhetischen Design-Gesichtspunkten entwickelt.“
„Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Jeans aus der Arbeitswelt zu verbannen und optimale Produkte zu bieten.“ Michael StiegertGeschäftsführer
Die Lagerartikel können nach Kundenvorgaben personalisiert werden, etwa durch Bestickung oder individuelle Farbwahl. „Wenn die Stückzahlen stimmen, fertigen wir für Kunden aber auch eigene Produkte nach ihren Designvorgaben“, so der Geschäftsführer. Und manchmal passen Kleidungsstücke von der Stange einfach nicht, erklärt er. „In einem Unternehmen mit vielen Mitarbeitern gibt es auch Körperformen, die nicht den herkömmlichen Kleidergrößen entsprechen. Dafür bieten wir den Service der Maßanfertigung. So erhält jeder Mitarbeiter eine optimale Arbeitskleidung.“
Smart-Textilien kommen
‘Optimal’ ist jedoch in jedem Beruf etwas anderes. „In der Industrie liegt der Schwerpunkt auf Persönlicher Schutzausrüstung, kurz PSA, und Warnschutz“, sagt Michael Stiegert. Bei den Handwerkern ist die Vielfalt größer: „Jeder Beruf, ob Zimmermann, Dachdecker, Maler oder Mechatroniker, hat eigene Bedürfnisse.“ Hier liegt der Unterschied in der Funktionalität oft im Detail – zum Beispiel in der Anordnung der Taschen.
Der jüngste Bereich, den Kübler bedient, ist die Forstwirtschaft. „Hier haben wir in die Hosen einen Schnittschutz inte-griert, damit der Forstarbeiter beim Sägen perfekt geschützt ist. Auch Wetterschutz ist für den Forstarbeiter sehr wichtig“, führt Michael Stiegert aus. Er erklärt, warum die richtige Kleidung bei der Arbeit keine Nebensächlichkeit ist: „Ein Handwerker trägt sie den kompletten Arbeitstag über – und sogar oft noch länger. Daher sind Passform, Funktionalität und Qualität extrem wichtig. All unsere Modelle werden von Handwerkern der verschiedenen Branchen getestet. Unsere Kleidung kann unter Umständen Leben retten.“
Auch in dieser Hinsicht ist Kübler als verlässliche Marke bekannt. Ein noch recht neues Feld wird immer wichtiger: Smart-Textilien. „Heute gibt es Produkte, die reflektieren, morgen wird es welche geben, die selbst leuchten und biometrische Daten messen und analysieren. Sie können die Sicherheit der Arbeiter optimieren. Wir sind in verschiedene Forschungsprojekte involviert und sehen darin eine Entwicklungschance für die Zukunft“, erklärt der Geschäftsführer.
Der Wert liegt im Detail
Ein weiteres für die Zukunft relevantes Thema sieht Michael Stiegert in der Nachhaltigkeit. „Wir werden kompostierbare Produkte entwickeln und recycelte Stoffe als Rohstoffe nutzen.“ Der Wettbewerb sei durchaus stark, teilweise werden die Produkte auch von ausländischen Wettbewerbern kopiert. „Oft wird jedoch das wesentliche Detail nicht verstanden“, erzählt er und nennt als Beispiel Hosen, die durch ihre spezielle Beinform das Knien erleichtern. „Imitate machen daraus meist gerade Beine mit entsprechend weniger Tragekomfort und Funktionalität.“
Der Geschäftsführer, der ursprünglich aus dem Bereich Mode und Sportwelt kommt, sah von Anfang an in der Berufskleidung Potenzial: „Früher wurde die herkömmliche Jeans noch im Arbeitsalltag aufgetragen. Im Schwäbischen sagt man dazu ‘Schaff-Hose’. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Jeans aus der Arbeitswelt zu verbannen und optimale Produkte zu bieten.“