„Fachkräftemangel durch gezielte Migration lösen“

Interview mit Oliver Knauf, Geschäftsführer der omeras GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Knauf, wann und wie begann die Geschichte von omeras?

Oliver Knauf: Wir haben eine 184-jährige Tradition an unserem Standort. omeras steht für Oberflächen- und Metallverarbeitung in Raschau. Diese Kernkompetenzen prägen das Unternehmen bis heute. Zunächst war omeras im Bereich Haushaltswaren – Töpfe und Pfannen – tätig. 1870 haben wir mit der Emaillierung, also der Glasbeschichtung auf Stahlblech, begonnen und uns zu einem der größten und bekanntesten Emaillierwerke in Deutschland entwickelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen verstaatlicht. Hauptabsatzmarkt war damals das kommunistische Ausland. Nach der Wende wurde klar, dass das Unternehmen mit Haushaltswaren nicht überleben kann, da es hier zu viel Konkurrenz durch billiger herzustellende Produkte gab. Der Emailletopf galt seinerzeit als nicht zeitgemäß.

Wirtschaftsforum: Das war ein Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte?

Oliver Knauf: Richtig. Man beschloss, vom bedruckten Topf auf das bedruckte Bahnhofschild umzusteigen. Das war auch der Schritt in die Architekturemaillierung, die heute unser Geschäft bestimmt. Diese ermöglicht, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren: Das Stahlblech ist frei form- und gestaltbar und sehr haltbar, die Glasbeschichtung macht die Fassade extrem kratz- und witterungsfest und bietet Schutz vor Graffiti. Das ist sehr vorteilhaft in Bereichen mit viel Publikumsverkehr und hoher Belastung wie U-Bahn-Schächten oder an Rolltreppen. Die Fassaden können außerdem sehr individuell gestaltet werden. Seit wir 1996 in das Fassadengeschäft eingestiegen sind, ist unser Hauptabsatzgebiet das Ausland. Unsere Exportquote liegt bei 75% und wir sind in 46 Ländern auf allen Kontinenten mit Projekten vertreten, vor allem in den Metropolregionen.

Wirtschaftsforum: Ist das heute Ihr alleiniges Geschäft?

Oliver Knauf: Nein, um durch das Projektgeschäft entstehende Schwankungen in der Produktion auszugleichen, haben wir 2005 begonnen, Großspeicherbehälter wie Futtersilos, Biogasanlagen oder Trinkwasserspeicher zu bauen und eine Tochterfirma für deren Vertrieb gegründet. Dieser Bereich macht bis zu 40% unserer Gesamtleistung aus. Seit 2014/2015 sind wir außerdem im Gesamtfassadenbau unterwegs, bauen also auch Fassaden aus Edelstahl, Aluminium oder Glas, sofern dabei Metallverarbeitung und Beschichtung im Vordergrund stehen. Wir sind dort tätig, wo Handwerk sowie Qualität und Flexibilität gefordert sind. Unsere Wertschöpfungstiefe liegt bei über 80%.

Wirtschaftsforum: Welche Themen bewegen Sie aktuell am meisten?

Oliver Knauf: Wie fast alle Mittelständler beschäftigen uns derzeit die Energiethematik, der Materialmarkt – Beschaffungsprobleme und extrem hohe Rohstoffpreise – und der Fachkräftemangel. Wir sind ein inhabergeführter Familienbetrieb mit 160 Mitarbeitern und sehr teamorientiert mit einer Kultur der offenen Türen. Wir suchen immer inländische und ausländische Fachkräfte, die unser flexibles, loyales und sehr veränderungsfähiges Team unterstützen. Unser Ziel ist eine Ausbildungsquote von 10%. Historisch bedingt fehlt bei uns die mittlere Altersstruktur, die Menschen, die nach der Wende abgewandert sind. Dieses Problem ist nur durch gezielte Migration lösbar. Hier muss in Deutschland im internationalen Marketing mehr getan werden, die Zuwanderungshemmnisse und Bürokratie müssen abgebaut werden. Das Problem können wir allein mit humanitärer Hilfe für Flüchtlinge, die natürlich auch wichtig ist, nicht lösen. Man muss auch gezielt auf Menschen zugehen, die Veränderungen wünschen.

Wirtschaftsforum: Mit welchem Gefühl blicken Sie in die Zukunft?

Oliver Knauf: Wir sind in den vergangenen Jahren linear gewachsen, um 6 bis 10%. 2020 war unser bestes Jahr. Für dieses Jahr streben wir einen Umsatz von 20 Millionen EUR an. Wir schauen positiv in die Zukunft und sehen gerade im Hinblick auf die Nachhaltigkeit gute Perspektiven. Nach zehn Jahren sind emaillierte Fassaden gegenüber denen aus anderen Wertstoffen im Vorteil, denn sie halten quasi lebenslang.

Wirtschaftsforum: Welche Visionen haben Sie für omeras?

Oliver Knauf: Wir wollen international Qualitätsführer im Silotankbau sein. Im Bereich Architektur möchten wir die flexible Alles-aus-einer-Hand-Lösung bieten.

Wirtschaftsforum: Verraten Sie uns abschließend, was Ihre persönliche Motivation für Ihre Arbeit ist?

Oliver Knauf: Ich wollte immer gestalten und etwas Sinnvolles machen. Dafür trage ich auch gern das Risiko und die Verantwortung des Unternehmers. Unzufrieden zu sein und zu meckern ist nicht mein Ding. Ich packe die Dinge lieber an. Wenn dazu dann der wirtschaftliche Erfolg kommt, ist das für mich sehr motivierend.

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