Pionier in der zerstörungsfreien Ultraschallprüfung

Interview mit der Nordinkraft AG

Da im russischen Winter tiefer Frost herrscht, hat sich die berührungslose Ultraschallprüfung von Materialien mittels eines elektromagnetisch-akustischen Wandlers (electromagnetic acoustic transducer, EMAT) in Russland weit verbreitet. Denn bei der herkömmlichen Technologie zur Ultraschallprüfung von Materialien wird Wasser eingesetzt, um die Ultraschallwellen auf das Kontrollobjekt und zum Prüfgerät zurück zu übertragen.

Wasser liegt jedoch nur in einem sehr begrenzten Temperaturbereich in flüssiger Form vor, nämlich von 0 °C bis 100 °C. Folglich kann die herkömmliche Technik nicht bei der Herstellung von metallurgischen und Walzerzeugnissen eingesetzt werden, die im Temperaturbereich von -40 °C bis +650 °C erfolgt.

Der EMAT ist ein Gerät, das Ultraschallwellen erzeugt, mit denen das Kontrollobjekt berührungsfrei untersucht wird. Wasser ist als Übertragungssubstanz also nicht erforderlich. Dies erklärt, warum die Technologie zunächst in Russland weiterentwickelt wurde, denn hier herrscht bekanntlich ein raues Klima mit sehr kalten Wintern.

Die EMAT-Technologie ist bereits seit den 1950er-Jahren bekannt. Die Aufgabe von Nordinkraft bestand darin, diese Technologie für den großindustriellen Einsatz weiterzuentwickeln. Dies ist dem Unternehmen ausgezeichnet gelungen: Dutzende Patente und umfangreiches Fachwissen bilden heute die technologische Grundlage der Nordinkraft-Unternehmensgruppe.

Nachdem die Gründer des russischen Unternehmens der EMAT-Technologie in Russland zum Durchbruch verholfen hatten, erkannten sie, dass für die weitere Entwicklung eine Integration in weltweit verbreitete Technologien unabdingbar war.

Ohne den Rückgriff auf die neuesten Errungenschaften der deutschen Industrie in den Bereichen Elektronik, Chemie und Materialprüfung war eine Weiterentwicklung der EMAT-Technologie nicht möglich.2006 wurde von einem der führenden Experten für die EMATTechnologie, Dr. Andrej Kirikov, die EMATECHNIK GmbH in Pforzheim gegründet. Herr Kirikov besitzt sowohl die russische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft.

Bereits in den ersten Monaten konnte das neue Unternehmen die EMAT-Technologie entscheidend weiterentwickeln. Nach nur einem Jahr belief sich der Umsatz bereits auf etwa vier Millionen EUR, wobei eine Umsatzrendite von 5% erzielt wurde. Dieser Erfolg wäre jedoch ohne die Nutzung der Patente und des Wissens der russischen Muttergesellschaft undenkbar gewesen.

Durch die Verschmelzung russischer und deutscher Technologien wurden die Leistungsparameter der EMAT-Ultraschallwandler erheblich verbessert. Bereits im Jahr 2010 konnte die Lebensdauer der Geräte um ein Hundertfaches gesteigert werden. Dieser Erfolg führte jedoch zu Schwierigkeiten bei der Weiterentwicklung des Geschäfts, denn die Kunden kauften weitaus weniger EMAT-Geräte, und auch im Ersatzteilverkauf war ein Einbruch zu verzeichnen.

Diese Entwicklung entsprach jedoch durchaus der strategischen Ausrichtung der Unternehmensgründer, denn sie wussten, dass sie allein mit einer zuverlässigen, soliden Technik auf dem Weltmarkt dauerhaft bestehen würden. Der EMATECHNIK GmbH war es gelungen, eine solche Technik auf den Markt zu bringen. Damit hatte sie eine wichtige Aufgabe erfüllt.

Ein entscheidender Meilenstein in der Entwicklung der EMAT-Technologie durch die EMATECHNIK GmbH war die Anerkennung durch die Klassifikationsgesellschaft DNV, die unter anderem Anlagen zur Ultraschallprüfung von Materialien für den Bau strategisch wichtiger Tiefsee-Gaspipelines zertifiziert. Die Anlagen, die auf Grundlage der EMAT-Technologie konstruiert werden, kommen nach wie vor bei vielen internationalen Großprojekten zum Einsatz.

Die NORDINKRAFT AG wurde im Jahr 2007 als Nachfolgerin der EMATECHNIK GmbH gegründet. Die wichtigste Aufgabe des neu gegründeten Unternehmens bestand in der Entwicklung eines globalen Lösungsportfolios für Unternehmen, die sich mit Metallverarbeitung und der Herstellung von Metallrohren beschäftigen.

Nicht nur die EMAT-Technologie, sondern auch andere moderne Ultraschallprüfmethoden, insbesondere die piezoelektrische Phased Array-Technologie, erhielten dadurch in Deutschland einen neuen Impuls und konnten entscheidend weiterentwickelt werden.

Im Laufe der Zeit nahm der Technologietransfer von der russischen Nordinkraft nach Deutschland immer weiter ab. Die technologische Weiterentwicklung wurde jetzt von der deutschen NORDINKRAFT AG selbst vorangetrieben. Heute besteht zum russischen Unternehmen ein freundschaftliches Verhältnis, das auf einer technologischen Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen beruht.

Die deutsche Nordinkraft stellt heute für Kunden in aller Welt ihre eigene Hard- und Software her. Die russische Nordinkraft wiederum konzentriert sich vor allem auf die Märkte Russland, Weißrussland, Aserbaidschan und Ukraine. Anfänglich hatte die deutsche NORDINKRAFT AG vor allem asiatische Märkte wie China, Vietnam, Japan und Südkorea im Blick – hier führte das Unternehmen mehrere Dutzend Großprojekte zum Erfolg.

In den europäischen Produktionsstätten wurde zunächst hauptsächlich die Technologie des neuen deutschen Unternehmens weiterentwickelt. 2009 wurde die NORDINKRAFT AG Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP), und die aktive Beteiligung an internationalen Messen und Konferenzen trug allmählich Früchte. So wurde eine neue Produktreihe für die automatische Ultraschallprüfung von Blechen und Rohren sowie von Stahl- und Aluminium-Halbzeugen entwickelt, und das Unternehmen begann mit dem Bau von Geräten für die Automobil- und die Luftfahrtindustrie.

Zwar mussten die Aktionäre der NORDINKRAFT AG hierfür große Investitionen tätigen, doch diese werden sich mit Sicherheit auszahlen, da erst dadurch die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Unternehmens geschaffen wurden.

Mit finanzieller Unterstützung des Landes Baden-Württemberg wurde mit dem ULTRASONIC ein Gerät für die berührungslose Ultraschallmessung der Wandstärke von Rohren und Behältern in einem Temperaturbereich von -20 °C bis +700 °C entwickelt.

Mit dem neuen Gerät müssen Anlagen jetzt nicht mehr angehalten werden, um Messungen durchzuführen. So können die Rohranlagen in Atomkraftwerken bis zu +700 °C heiß werden. Dank ULTRASONIC muss der Betrieb eines Atomkraftwerks zur Durchführung von Messungen nicht unterbrochen werden, wodurch künftig hohe Stillstandskosten entfallen.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die EMA-Technologie enorme Kosteneinsparungen ermöglicht, und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Beachtliche Erfolge erzielte das deutsche Unternehmen auch bei der Lösung aktueller technologischer Fragestellungen, beispielsweise bei der Entdeckung sogenannter HOT SPOTS – dies sind Materialbestandteile mit einer besonders hohen Härte.

Der Prototyp des entsprechenden Geräts wurde bereits bei einem weltweit führenden Stahlhersteller getestet – mit Erfolg. Zurzeit laufen die vertraglichen Vorbereitungen für den Bau von Anlagen zur onlinebasierten Multikanalkontrolle bei der Herstellung von Stahlplatten. Die NORDINKRAFT AG – ein deutsches Unternehmen mit hervorragenden Zukunftsaussichten.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Anlagen- und Maschinenbau

Sondermaschinenbau mit System für die Weltmärkte

Interview mit Andreas Ewald, Geschäftsführer der K.R. Pfiffner AG

Sondermaschinenbau mit System für die Weltmärkte

Sondermaschinen für maximale Produktivität, Schweizer Präzision und eine klare Haltung zum technologischen Fortschritt – die KR Pfiffner AG hat sich weltweit als Spezialist für hoch automatisierte Rundtaktmaschinen etabliert. Geschäftsführer Andreas…

Mit Profil zur Perfektion: Sauber machen, was bewegt

Interview mit Christian Löwe, Geschäftsführer der HEUTE Maschinenfabrik GmbH & Co. KG

Mit Profil zur Perfektion: Sauber machen, was bewegt

Sauberkeit trifft auf System – und das seit über einem Jahrhundert. Die HEUTE Maschinenfabrik GmbH & Co. KG aus Solingen entwickelt intelligente Reinigungslösungen für Industrie, Logistik und öffentliche Einrichtungen. Mit…

Winterdienst im Wandel

Interview mit Mario Schober, Leiter Verkauf der SPRINGER Kommunal- und Umwelttechnik GmbH

Winterdienst im Wandel

Mit dem Rückzug der Schneelinie in immer höhere Lagen aufgrund des Klimawandels könnte man meinen, dass der Bedarf an Winterräumgeräten ebenso schnell schmilzt wie der Schnee selbst. Glücklicherweise bleibt die…

Spannendes aus der Region Enzkreis

Ringe für den perfekten Tag

Interview mit Markus Reichert, Geschäftsführer der EGF - Eduard G. Fidel GmbH

Ringe für den perfekten Tag

Die Pforzheimer Manufaktur EGF wächst seit Jahren kontinuierlich und setzt mit individuell gestaltbaren Trauringen neue Maßstäbe im Premiumsegment. Mit 187 Mitarbeitern, einem Umsatz von 44,4 Millionen EUR und einem Exportanteil…

Erneuerbare im Fokus: 110.000 Messebesucher

Interview mit Markus Elsässer, Geschäftsführer der Solar Promotion GmbH

Erneuerbare im Fokus: 110.000 Messebesucher

Was haben Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft – The smarter E Europe –, die Tagung Zukünftige Stromnetze und die Intersolar Mexico gemeinsam? Die Antwort ist ganz einfach: Alle drei…

Mit Kohlensäure heilen und helfen

Interview mit Marcel Mohr, Geschäftsführer Dr. Waldemar Spomer, Geschäftsführer Ashraf Mohei El-Din, Prokurist der Unitronic – Elektronische Steuergeräte GmbH

Mit Kohlensäure heilen und helfen

Die Behandlung mit Kohlensäure hat viele positive Effekte auf unseren Körper. Mit einem neu entwickelten Gerät erleichtert die UNI-TRONIC Elektronische Steuergeräte GmbH die Anwendung. Damit erweitert das inhabergeführte Unternehmen mit…

Das könnte Sie auch interessieren

Passion für Veränderungen

Interview mit Volker Brielmann, CEO der Adval Tech Gruppe

Passion für Veränderungen

Gerade im weltweit hart umkämpften Automotive-Segment hat sich Adval Tech mit seiner starken technologischen Expertise als kompetenter Zulieferer von Kunststoff-, Metall- und Hybridkomponenten nachhaltig als geschätzter Partner etablieren können. Welche…

Kundennah, kompetent, klimabewusst

Interview mit Frank Seifert, Geschäftsführer und Lukas Kühner, Geschäftsführer der Kühner GmbH

Kundennah, kompetent, klimabewusst

Die Kühner GmbH in Winnweiler zählt zu den etablierten Fachbetrieben für Heizungs-, Sanitär-, Klima- und regenerative Energietechnik in der Westpfalz. Das 1966 gegründete Familienunternehmen beschäftigt heute 38 Mitarbeiter und betreut…

Mehr Mensch, weniger Formular: Digitalisierung neu gedacht

Interview mit Dr. Marc Fuchs, CEO DACH und Tessa Tienhaara, Customer & Growth Marketing Lead der Gofore GmbH

Mehr Mensch, weniger Formular: Digitalisierung neu gedacht

Wir alle spüren sie täglich – sei es beim Warten auf eine Behördengenehmigung, beim Onlinebanking oder in der Produktion von morgen. Doch Digitalisierung ist längst nicht mehr nur die Umwandlung…

TOP