Weltweit auf Achse
Interview mit Peter Illig, Prokura der NAF Neunkirchener Achsenfabrik AG

NAF ist dank eines modularen Geschäftskonzepts zum Marktführer von Antriebssträngen für selbstfahrende Forstmaschinen avanciert. Eine Vielzahl von Baugruppen rund um Getriebe, Lenk-, Starr- und Bogieachsen stehen dem Unternehmen heute zur Verfügung; gezielt kombiniert eröffnen sie eine hohe Varianz von Anwendungsmöglichkeiten in der Bau-, Forst- und Landwirtschaft, von der Forstmaschine über den Mähdrescher bis zum Bagger.Circa 10.000 Bogieachsen, 26.000 Lenk- und Starrachsen sowie 8.000 Getriebe fertigt NAF jährlich. Die meisten kommen in der Forstwirtschaft zum Einsatz.
„Wir haben im Laufe der Zeit ein Baukastensystem entwickelt, das uns eine flexible Serien- und Sonderfertigung erlaubt und uns von vielen Wettbewerbern abhebt“, erklärt Peter Illig. „Statt Produkte in Katalogen zu präsentieren, suchen wir den direkten Kontakt zum Kunden und fragen nach. Was brauchen Kunden genau? Was sollen die Maschinen leisten? Aus diesen Informationen entwickeln wir mithilfe unseres Baukastensystems maßgeschneiderte Lösungen.“
Ein Konzept, viele Möglichkeiten
Mit dem modularen Konzept und den daraus resultierenden Getriebe- und Achsenlösungen setzt NAF neue Maßstäbe. Im Bereich der Tandemachsen ist das Unternehmen Weltmarktführer. NAF steht für kundenorientiertes, weitsichtiges Handeln und ist auf der Basis großer Erfahrung konstant gewachsen.
Gegründet wurde der Achsenspezialist 1960 in Neunkirchen vom ehemaligen Bürgermeister der Stadt, der gleichzeitig Inhaber eines Betonwerks und in der Region hervorragend vernetzt war. Was mit Achsen für Baustellenfahrzeuge wie Seilbagger oder Radlader begann, entwickelte sich sukzessive weiter getreu der Devise ‘Stillstand ist Rückschritt’, die auch heute noch wegweisend ist.
„Wir arbeiten konsequent an der besseren Lösung“, betont Peter Illig. „Wir optimieren Produkte und entwickeln neue Produkte, die in unser Modulsystem integriert werden. Innovationen standen hier immer im Fokus. Bereits 1970 wurde in München ein Entwicklungsbüro gegründet. Heute arbeiten wir mit modernsten Technologien, um auch Marktanforderungen von morgen erfüllen zu können, und investieren jährlich rund 5% des Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung. Die Auslegung neuer Antriebslösungen basiert auf langjähriger Erfahrung und modernsten Berechnungsmethoden.“
Innovationsgeist zeigte NAF auch Anfang der 1970er-Jahre, einer Zeit, in der die Hydraulik zunehmend an Bedeutung gewann und Kabel und Seile verdrängte. „NAF hat damals begonnen, die neue Technik nicht nur in Baggern vorteilhaft einzusetzen. Ein echter Durchbruch war die Entwicklung der Tandemachse für Fahrzeuge, die in schwerem Gelände unterwegs sind. Wir liefern in erster Linie Achsen und Getriebe für Offroad-Maschinen und haben für diese Einsatzbedingungen eine Bremsanlage entwickelt, die diesen hohen Anforderungen der schweren Arbeitsmaschinen in unwegsamen Gelände und diffizilen Arbeitsbedingungen standhält.“
In den 1980er- und 1990er-Jahren nahm NAF weiter Fahrt auf. Die in Neunkirchen gefertigten Achsen überzeugten immer mehr Hersteller von Forst-, Bau- und Landmaschinen aus dem In- und Ausland. Um auch auf internationalem Niveau Kundennähe garantieren zu können, wurde 1999 die erste Auslandsniederlassung gegründet: NAF Drive in Kanada. 2007 folgte eine Niederlassung in Russland, in 2011 wurde durch einen strategischen Vertriebspartner der asiatische Markt erschlossen.
Lösungen für morgen
Bis heute hat der Wachstumskurs angehalten. NAF zählt inzwischen 540 Mitarbeiter und setzte 2016 130 Millionen EUR um. Für dieses Jahr ist ein Ergebnis von 141 EUR eingeplant, 2018 sollen es 148 Millionen EUR sein. „Wir gehen von einer klaren Steigerung aus“, gibt sich Peter Illig optimistisch. „Made in Germany ist international gefragt. Es steht für Qualität, Service und Zuverlässigkeit – exakt die Werte, die NAF repräsentiert. Die Nachfrage ist aktuell so groß, dass wir mehr Produktionsfläche benötigen. In diesem Jahr haben wir bereits in eine Halle für eine neue Lackieranlage investiert, zudem werden weitere Bearbeitungszentren angeschafft, um die Fertigungskapazität zu erhöhen.“
International gefragt sind die Getriebe und Achsen vor allem in Skandinavien, Russland, China und den Vereinigten Staaten. Der Exportanteil liegt bei 85% und wird aller Voraussicht nach weiter steigen. Die Geschäfte mit Russland und China entwickeln sich besonders dynamisch.
„Die Nähe zum Kunden, die wir auch international sicherstellen können, ist ein wichtiger Wachstumsmotor“, betont Peter Illig. „Zudem profitieren wir von der Möglichkeit, kundenspezifisch zu arbeiten. Wenn der Kunde eine spezielle Achse braucht, kommt er zu uns, auch wenn es nur 150 Stück im Jahr sind. Diese Flexibilität ist ein entscheidendes Plus. Wir sehen uns als Partner der Kunden, suchen die Nähe zu ihnen und sind als Berater gefragt. Deshalb kennen wir unsere Kunden sehr genau und wissen, was sie wollen und tatsächlich brauchen.“
Leistung in der Nische
Kundennähe und Flexibilität sind zentrale Assets, um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden – Anforderungen, die konstant steigen. „Die Maschinen müssen immer mehr leisten“, so Peter Illig. „Sie müssen mehr Lasten aufnehmen können und schneller werden. Gleichzeitig werden Kriterien wie Umweltfreundlichkeit und geringer Verbrauch immer wichtiger. Das sind Themen, mit denen wir konfrontiert werden und die für kleine Fahrzeughersteller schwierig sind. Wir haben unsere Nische am Markt gefunden und wir haben qualifizierte Mitarbeiter, um die Leistung zu bringen, die gefragt ist.“