Die Logistikriesen der Meere

Interview mit Richard Bingham, Trade & Marketing Director der Maersk Deutschland A/S & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Bingham, was fasziniert Sie so an der Containerindustrie?

Richard Bingham: Oh, das ist irgendwie eine geheimnisvolle Branche. Die meisten Leute wissen nicht viel darüber, aber alles, was man hat, war einmal in einem Container über die Weltmeere unterwegs. Wussten Sie zum Beispiel, dass die Besatzung auf einem Riesen-Containerschiff nur 13 Mann stark ist?

Wirtschaftsforum: Was ist das Besondere an Ihrem Markt?

Richard Bingham: Bei der Containerschifffahrt handelt es sich um eine Branche mit hohen Investitionen in Sachanlagen, vor allem Containerschiffe. Es dauert etwa zwei Jahre, bis ein Schiff fertig gebaut ist. Und niemand kann wissen, wie sich dann die Nachfrage gestaltet. Das macht es schwierig, sich anzupassen, wenn sich die globale Nachfrage zunehmend volatil und unvorhersehbar entwickelt. Es ist eine Art Teufelskreis.

Wir sehen, dass unsere Wachstumsraten zurückgehen und entscheiden, dass wir größere Schiffe brauchen. Dann stellt sich die Frage, wie bekommen wir die Schiffe voll. Das kann man erreichen, indem man die Preise senkt, umso mehr Kunden zu gewinnen. Gleichzeitig machen die Wettbewerber das Gleiche, während die globale Nachfrage zurückgeht. Wir müssen uns als Branche auf geringeres Wachstum einstellen. Gleichzeitig muss man sehen, dass die Containerschifffahrt ein Massenmarkt mit sehr ähnlichen Leistungen ist. Das heißt, es kommt vor allem darauf an, die Kosten im Griff zu haben und die Effizienz zu steigern.

Wirtschaftsforum: Eine Möglichkeit, in diesem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld die Effizienz zu steigern, ist ja auch die Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Wie weit sind Sie hier fortgeschritten?

Richard Bingham: Da sind wir als Branche noch lange nicht so weit, wie wir könnten. Wir erhalten nach wie vor Aufträge per Fax. Wir nutzen Flugdrohnen, die Sachen aufs Schiff bringen, aber digitale Auftragsverarbeitung ist eine harte Nuss. Es geht um sehr hohe Investitionen in IT, um Hunderte von Kundenplattformen zu einer digitalen IT-Landschaft zu verbinden.

Wirtschaftsforum: Vor Kurzem hat die südkoreanische Reederei Hanjin Shipping Insolvenz angemeldet. Sehen Sie weitere Fälle dieser Art auf die Branche zukommen, Herr Bingham?

Richard Bingham: Ja, wir werden noch mehr Konsolidierung in den nächsten 12 bis 18 Monaten sehen. Für die meisten Containerreedereien sind die Aussichten nicht sehr gut.

Wirtschaftsforum: Welche Marktposition hat Maersk, und wie sehen Sie die Entwicklung für das laufende Jahr?

Richard Bingham: Maersk ist weltweit die Nummer eins, mit einem globalen Marktanteil nach Schiffskapazitäten von 13,5 bis 14%. In 2016 sind die Frachtraten bisher deutlich zurückgegangen, aber wir glauben, dass wir dieses Jahr den Boden erreicht haben. In den ersten sechs Monaten konnten wir das Transportvolumen sogar steigern. Der Preis dafür waren jedoch um rund 10% geringere Erlöse.

Wirtschaftsforum: Maersk verfügt über ein globales Netzwerk, mit Büros in nahezu allen Häfen auf der ganzen Welt. Inwiefern ist dies ein Vorteil für Sie?

Richard Bingham: Wir sind weltweit präsent. Das ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für uns. Wenn es in einer Region nicht so gut läuft, können wir das durch andere Regionen leichter kompensieren. Und es ist auch gut für unsere Kunden. Denn so können sie die Anzahl ihrer Zulieferer reduzieren und erhalten weltweit den gleichen, hohen Standard.

Wirtschaftsforum: Wenn Sie einmal zusammenfassen sollten, Herr Bingham, wie unterscheidet sich Maersk von der Konkurrenz?

Richard Bingham: Wir halten unser Versprechen und erfüllen den Auftrag des Kunden, und das zuverlässig, flexibel und möglichst umweltfreundlich. Kundenzufriedenheit steht für uns an erster Stelle, mehr als bei anderen Reedereien. Alles was wir tun, dient ausschließlich dem Zweck, dem Kunden eine optimale Lösung für seine Transportprobleme zu bieten. Außerdem investieren wir laufend in neues Equipment, in Schiffe ebenso wie in IT-Lösungen. Deshalb sind wir die Nummer eins. Ich habe einmal gelesen, dass unsere Konkurrenten sechs Monate abwarten, nachdem wir etwas Neues eingeführt haben. Wenn es dann läuft, machen sie es nach. Eine bessere Bestätigung gibt es nicht.

Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Pläne für die nächsten drei bis fünf Jahre?

Richard Bingham: Wir gehen davon aus, dass die Frachtraten wieder ansteigen und dass die Konsolidierung auf Anbieterseite weiter zunehmen wird. Vor diesem Hintergrund wollen wir vor allem unsere digitalen Services weiter ausbauen und es so einfacher machen, mit uns zusammenzuarbeiten.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Transport & Logistik

Globales Logistik-Netzwerk

Interview mit Martijn van der Geer, Direktor der Skynet Worldwide Express B.V.

Globales Logistik-Netzwerk

Die Welt rückt immer näher zusammen. Mit ihrer Spezialisierung auf weit entfernte Destinationen und herausfordernde Transporte trägt die Skynet Worldwide Express ihren Teil dazu bei. Das Logistikunternehmen mit Sitz in…

Schleifen, Bänder und mehr

Interview mit Kevin Maar, Geschäftsführer und Stephanie Peskov, Head of Business Development und Key Account Manager der Sopp Industrie GmbH

Schleifen, Bänder und mehr

Ingenieure auf der ganzen Welt sind damit beschäftigt, Roboter zu trainieren, um Aufgaben nachzuahmen, die Menschen leichtfallen – wie das Binden ihrer Schnürsenkel – mit bisher begrenztem Erfolg. Genau hier…

Von der Garage zum Weltmarktführer

Interview mit Florian Barbaric, Geschäftsführer der Barbaric GmbH

Von der Garage zum Weltmarktführer

Was 1995 in einer Garage in Oberösterreich begann, ist heute ein international erfolgreiches Unternehmen mit 125 Mitarbeitern und einem Umsatz von 24,3 Millionen EUR. Die Barbaric GmbH hat sich vom…

Spannendes aus der Region Hamburg

Die richtigen Experten für spannende Projekte

Interview mit Andreas Brück, Geschäftsführer der KRONGAARD GmbH

Die richtigen Experten für spannende Projekte

Der Fachkräftemangel stellt jede Branche vor enorme Herausforderungen. Oft gilt dabei: Je höher und spitzer das Kompetenzprofil, desto schwieriger ist eine Vakanz zu füllen. Vor allem im Projektkontext hat sich…

Gold: Sichere Wertanlage in unsicheren Zeiten

Interview mit Justyna Slowikow, Leitung Edelmetallhandel der Goldkontor Hamburg GmbH

Gold: Sichere Wertanlage in unsicheren Zeiten

Seit Menschengedenken ist Gold die Wertanlage schlechthin. Das gelbe Edelmetall gilt als krisensicher und wertbeständig und ist für Anleger oft die erste Wahl. Justyna Slowikow, Leiterin Edelmetallhandel der Goldkontor Hamburg…

Hotellerie, die den Wandel meistert

Interview mit David Etmenan, Chief Executive Officer & Owner NOVUM Hospitality

Hotellerie, die den Wandel meistert

Vom Familienbetrieb in Hamburg zu einer der größten Hotelgruppen Europas: Die Novum Hospitality GmbH betreibt, entwickelt und managt Hotels in verschiedenen Segmenten – vom Midscale- bis zum Premiumbereich. Das Unternehmen…

Das könnte Sie auch interessieren

Erfolgreich aus dem Quark gekommen

Interview mit Andrej Volynec, Geschäftsführer der Quarki fresh food GmbH

Erfolgreich aus dem Quark gekommen

Milch – Kulturgut und hochwertiges Lebensmittel, das eine Vielzahl an Nährstoffen enthält. Milch liefert wertvolles Eiweiß, Calcium, Jod, Vitamin B2 und B12. Für viele Menschen ist der tägliche Verzehr von…

„Unsere Branchenfremdheit  war auch ein Vorteil“

Interview mit Stephanie Schädler, Geschäftsführerin der Allgäuer Alpenwasser GmbH

„Unsere Branchenfremdheit war auch ein Vorteil“

Als Familie Schädler vor zehn Jahren das Unternehmen Allgäuer Alpenwasser übernahm, stand es kurz vor dem Konkurs. Doch hinter den teilweise katastrophalen Zuständen verbarg sich ein Diamant, der durch das…

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Interview mit Dirk Kopplow, Geschäftsführer und Benjamin Fiekens, Vertrieb der GVÖ Gebinde-Verwertungsgesellschaft der Mineralölwirtschaft mbH

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Die Kreislaufwirtschaft ist längst mehr als ein ökologisches Ideal – sie ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Steigende Rohstoffpreise, strengere Umweltgesetze und das wachsende Bewusstsein für nachhaltiges Handeln verändern die Industrie grundlegend.…

TOP