18.000-faches Potenzial zum Lebensretter
Interview mit Dipl.-Ing. Wolfgang Süßle, Vorsitzender der Geschäftsführung der Lohmann & Rauscher GmbH & Co. KG

„Wir bekennen uns ganz klar zu unserer Entwicklungskompetenz“, sagt Wolfgang Süßle. „Wir wollen der bevorzugte Problemlöser sein und verstehen, wo der Bedarf unserer Kunden liegt und diesen in gute Lösungen und Konzepte übersetzen.“
18.000 Produkte
Dabei ist L&R viel mehr als ein Handelshaus. Denn was in Krankenhäusern, ambulanten Kliniken, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen in rund 130 Ländern rund um den Globus zum Einsatz kommt, entwickelt, produziert und vermarktet das Unternehmen mit Headquartern in Wien (A) und Rengsdorf (D) überwiegend in Eigenregie. Die Kompetenz dazu bezieht L&R auch von Zukäufen von entsprechenden Fachfirmen in aller Welt.
„Wir sind in die Länder gegangen und haben die Firmen gescreent, in denen wir Potenzial gesehen haben“, beschreibt Wolfgang Süßle, wie sich die L&R-Gruppe mit ihren aktuell 15 Produktionsgesellschaften, 49 Konzerngesellschaften, vier Entwicklungszentren sowie Vertriebsstandorten in 29 Ländern entwickelt hat.
Rund 18.000 Produkte und Konzepte gehören heute zum Sortiment von L&R. Darunter Anwendungen zur Wundversorgung, Binden und Verbände, Gips und Orthesen sowie ein großes Sortiment rund um die Hygiene im medizinischen Bereich. Dabei ist L&R auch Ansprechpartner, wenn es um die Verbesserung von Arbeitsabläufen oder Hygienebedingungen in medizinischen Einrichtungen geht.
„Dazu haben wir das L&R ‘System Optiline’ entwickelt für schnellere, sicherere und effizientere Abläufe zum Beispiel im Operationssaal“, so Wolfgang Süßle. „Wir gehen in die Krankenhäuser, schauen uns gemeinsam mit dem Personal die Arbeitsprozesse im OP an und erarbeiten gemeinsam Abläufe und Optimierungen“, erklärt Wolfgang Süßle, was sich hinter Optiline verbirgt.

„Die Arbeit bei uns ist eine sinnstiftende Aufgabe. Wir haben die Chance, Menschen helfen zu können.“ Wolfgang SüßleVorsitzender der Geschäftsführung
Zum Optiline-Konzept gehören unter anderem Kits, die auf bestimmte Operationen und Anwendungen zugeschnitten sind. „Aus mehr als 8.000 verschiedenen Komponenten stellen wir Standard- und individuelle Kitpacks zusammen. Ganz wie der Kunde es wünscht: vorkonfektioniert, sterilisiert und in einem Set verbrauchsfertig verpackt, zum Beispiel für Knieoperationen oder einen Kaiserschnitt.“
Um die fünf Millionen Kits produziert L&R jedes Jahr. Eigene L&R-Academy Ergänzend zu den Schulungen vor Ort hat L&R eine eigene Academy mit speziellen Trainings und Ausbildungen entwickelt. Dazu zählen Qualifizierungen im Bereich Gipsverarbeitung, Verbandanlage oder auch Schulungen zum Wundmanager.
Mit unterschiedlichen Trainingssystemen, ob ‘Face to Face’ in den L&R-Trainingscentern, beim Kunden vor Ort oder auch digital – auch hier bietet L&R das zugeschnittene Konzept je nach Kundenanforderung. Kräftig investiert hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren in den Bereich Entwicklung.
„2005 hatten wir ein Team von circa 15 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Entwicklungsbereich. Heute sind es 100. Dies kommt nicht von ungefähr, denn im Bereich Innovationen wollen wir deutlich zulegen“, erklärt Wolfgang Süßle. Die vier Entwicklungszentren in Deutschland, Österreich, England und Frankreich stehen in einem engen Austausch. Pro Jahr bringt L&R etwa 10 bis 15 neue Produkte oder Weiterentwicklungen vorhandener Produkte auf den Markt. Mit beachtlichem Erfolg: Für zwei Produkte im Bereich Wundreinigung und in der Unterdrucktherapie wurde L&R mit dem Innovationspreis in Österreich ausgezeichnet.
„Wir haben eine Abdominalfolie entwickelt, eine dreidimensionale Folie für Teile des Bauchraums, die dazu beiträgt, dass Wundsekret optimal abgeleitet wird“, nennt Wolfgang Süßle ein Beispiel. „Mit diesem Produkt haben wir in vielen Fällen schon Menschenleben gerettet.“
Mit dem Produkt Suprasorb X, einer aus Bakterienzellulose hergestellten Wundabdeckung, hat das Unternehmen in Russland den Medizinproduktepreis gewonnen. „Es ist das einzige Produkt weltweit, das Flüssigkeit aufnehmen und abgeben kann. Das wird zum Beispiel bei Verbrennungen eingesetzt“, sagt Wolfgang Süßle. Er ist überzeugt: „Wir helfen den Menschen, die Lebensqualität zu verbessern.“
Der Vorsitzende der Geschäftsführung kam vor 15 Jahren vom amerikanischen Konzern Procter & Gamble zu L&R. „Ich wollte schauen, ob ich meine Erfahrungen aus einem amerikanischen Konzern auch in einem internationalen mittelständischen Unternehmen mit mehr als 150 Jahren Geschichte einsetzen kann“, schaut er zurück.
Bereut hat er diesen Schritt nicht. „L&R hat eine tolle Unternehmenskultur, ein tolles Miteinander“, lobt er. „Man jagt eben nicht von einem Ziel zum nächsten, sondern es handelt sich um ein familiengeführtes Unternehmen mit langfristigen Zielen. Die Geschwindigkeit und die Flexibilität bei dieser Unternehmensgröße machen Spaß. Man kann Dinge formen, verändern und die Organisation weiterentwickeln.“
Dabei gefällt Wolfgang Süßle vor allem das Prinzip der Nachhaltigkeit. „L&R hat von jeher immer auf die Optimierung der Ressourcen geachtet, aber in der Vergangenheit das Ganze nicht so gut kommuniziert.“ Das hat sich inzwischen geändert. „Wir haben uns Zertifikate erarbeitet und einen eigenen Nachhaltigkeitsreport zusammengestellt. 2015 haben wir die Bronzemedaille und 2017 die Silbermedaille im Eco Vadis bekommen“, freut sich Wolfgang Süßle über echte Erfolge auf diesem Gebiet.
Vor zwei Jahren rief das Unternehmen ein Corporate Social Sponsoring Programm ins Leben, ein echtes Steckenpferd des Geschäftsführers. Zur Nachhaltigkeit zählt für ihn auch das konstruktive Miteinander in der Firmenkultur. „Wir haben sehr motivierte, loyale und engagierte Mitarbeiter. Nicht zuletzt, weil sie wissen, dass wir optimale Lösungen anbieten, die am Ende vielleicht sogar Menschenleben retten.“