Bestes Brot für VIPs

Interview mit Michael Mann, Geschäftsführer der Kurt Mann Bäckerei & Konditorei GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Mann, fünf Generationen, 85 Filialen, 850 Mitarbeiter und ein Umsatz von 60 Millionen EUR – das sind die Fakten rund um die Kurt Mann Bäckerei. Hinter diesen Zahlen steckt jedoch viel mehr. Was genau macht das Unternehmen so besonders?

Michael Mann: In erster Linie ist es natürlich ein Familienunternehmen, das 1860 gegründet wurde. Meine Familie war ursprünglich bäuerlicher Herkunft und hat die Bäckerei im Nebenerwerb betrieben. Im Laufe der Zeit wurde das Unternehmen konstant weiterentwickelt, so dass ich heute die fünfte Generation vertrete; die sechste steht bereits in den Startlöchern. Ich bin in das Unternehmen hereingewachsen. Für meinen Vater war es sein Leben; er hat es mit Blut, Schweiß und Tränen aufgebaut. Neben dieser traditionsreichen Geschichte steht das Unternehmen nach wie vor für Handwerkskunst und eine konsequente Ausrichtung an den Wünschen der Kunden. Wir bieten die beste Qualität sowohl bei unseren Produkten und den verwendeten Rostoffen sowie dem Ladenbau, den Mitarbeitern und dem Service.

Wirtschaftsforum: Damit war für Sie immer klar, den Familienbetrieb fortzuführen?

Michael Mann: Ich bin nach einer schwierigen Teenagerzeit mit 20 Jahren in den Betrieb eingestiegen, habe meinen Bäckermeister gemacht, eine Wirtschaftsschule besucht und unterschiedlichste Aufgaben im Unternehmen übernommen. Seit zwei Jahren bin ich in der Geschäftsführung, liebe meine Arbeit und bin mit Leidenschaft Bäcker.

Wirtschaftsforum: 2020 war für die Kurt Mann Bäckerei ein besonderes Jahr; nicht nur wegen Corona. 2020 hatten Sie das 160-jährige Firmenjubiläum, zudem konnte im März die 80. Filiale eröffnet werden. Wie hat sich Corona auf das Geschäft ausgewirkt?

Michael Mann: Wir haben seit März noch fünf weitere Filialen eröffnet – so viele wie nie und das trotz Corona. Sämtliche Filialen sind in Wien und im Speckgürtel der Hauptstadt; es sind kleine, feine, handverlesene Geschäfte. Dennoch hatten natürlich auch wir Verluste, Umsatzeinbußen von 30%. Unser Vorteil war, dass mein Vater immer sehr gut gewirtschaftet hat und keine Schulden da sind. Wir haben in der Corona-Krise das Onlinegeschäft angetrieben, haben testweise über Amazon vertrieben, was funktionierte, aber im Grunde nicht unserem Frischekonzept entspricht. Man kann bei Amazon einen Gugelhupf von uns bestellen, allerdings legen wir großen Wert darauf, ein Frischebäcker zu sein, der Qualität auf allen Ebenen bietet. Vor wenigen Jahrzehnten gab es in Österreich noch rund 8.000 Bäcker. Heute sind es vielleicht 1.600. Aber eigentlich gibt es 100.000 Bäcker, an jeder Ecke, in jedem Discounter. Dort werden Semmeln in fünf Minuten aufgebacken; bei uns dauert es 27 Minuten. Damit bieten wir eine ganz andere Qualität und Haltbarkeit. Weil es dieses Überangebot gibt, müssen wir neue Wege gehen. Wir haben heute Filialen von 40 bis 200 m²; es gibt Kinderspielflächen drinnen und draußen. Kunden können hier eine angenehme Zeit verbringen; ein Besuch in einer unserer Filialen soll und muss ein Erlebnis sein; darum geht es uns.

Wirtschaftsforum: Die Kurt Mann Bäckerei ist Innovationsführer am Wiener Markt. Gehen traditionelles Handwerk und Innovation hier Hand in Hand?

Michael Mann: Beides ist uns sehr wichtig. Was die Produkte angeht, müssen wir uns natürlich an vorgegebenen Trends orientieren. Heute ist eher Dinkel als Weizen gefragt, es gibt Eiweißbrote, glutenfreie Brote und anderes. Gleichzeitig sind aber auch Zimtschnecken ein Renner, die voll von Zucker und Butter sind. Wir laufen Trends nicht nach, sondern wollen Produkte entwickeln, die bei den Kunden ankommen. Deshalb laden wir Kunden ein, sich aktiv einzubringen und Ideen vorzubringen. Wir testen diese Ideen, wenn sie funktionieren, setzen wir sie um. Unser (N)ur-Korn-Brot geht zum Beispiel auf die Anregung einer Mitarbeiterin zurück. Das Brot ist komplett ohne Mehl und besteht hauptsächlich aus Saaten und Körnern. Wir sind letztlich in alle Richtungen innovativ; Kunden erwarten permanente Neuerungen.

Wirtschaftsforum: Das Handwerk erlebt momentan eine echte Renaissance. Wie handwerklich geprägt ist die Kurt Mann Bäckerei heute noch?

Michael Mann: Natürlich geht der handwerkliche Charakter bei unserer Größe etwas verloren; hier werden täglich tausende Brote gefertigt, das geht nicht per Hand. Man braucht das Handwerk nicht mehr wirklich, wenn, dann sollte es unbedingt in die Qualität einfließen, sonst ist es unwirtschaftlich. Wir stehen für maschinenunterstützte Handarbeit. Nach wie vor gibt es trotz moderner Technologien viel Handarbeit und wir sind von der Industrie weit entfernt. Und noch immer machen wir Dinkel-, Roggen-, Weizen-, Natursauerteigbrote und andere – so wie früher, nur eben mehr.

Wirtschaftsforum: Welche Vision steht hinter dem Unternehmen und wie sehen Zukunftsziele aus?

Michael Mann: Für uns sind Kunden unsere VIPs. Es geht uns immer darum, kundenfreundliche Lösungen anzubieten. Nur wenn Kunden zufrieden sind, geht es auch uns gut. Der Kunde entscheidet letztlich, ob eine Filiale ein Erfolg wird. Das war immer unser Leitmotiv. Es gibt kein Riesenkonzept; wir wollen auf gesunden Beinen stehen und bestmögliche Qualität zu bestmöglichen Preisen bieten. Und wir wollen uns mit jedem Produkt identifizieren und stolz darauf sein. Was das Wachstum betrifft, sind wir bereits an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen. Dennoch hoffen wir die magische Zahl von 100 Filialen in den nächsten fünf Jahren zu erreichen.

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