Attraktive Möbel machen Lust aufs Büro
Interview mit Ingolf Matthée, Geschäftsführer der KÖHL GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Matthée, mitten in der Pandemie, als so gut wie die gesamte Arbeitswelt ins Homeoffice geschickt wurde, traten Sie die Geschäftsführung des Büromöbelherstellers KÖHL an – klang das damals nicht nach einem Himmelfahrtskommando?
Ingolf Matthée: Als ich von einem Headhunter auf diese Gelegenheit angesprochen wurde, dachte ich das, offen gestanden, zunächst auch. Aber als mir die genauen Hintergründe klar wurden, hat sich dieser Verdacht sofort zerstreut: KÖHL war als über Jahrzehnte gewachsenes Familienunternehmen im Büromöbelsegment sogar inmitten des Homeoffice-Booms noch profitabel. Der damalige Inhaber Thomas Köhl wollte sich jedoch aus Altersgründen zurückziehen und niemand aus der Familie mochte seine Nachfolge antreten. Deshalb erfolgte schließlich der Verkauf an einen Investor, der sich nun wiederum auf die Suche nach einem neuen Geschäftsführer begab. Mein Co-Geschäftsführer Peter Wilhelmus, der schon seit 2017 bei KÖHL tätig ist, und ich haben somit keinen Sanierungsfall übernommen, sondern ein grundsolides Unternehmen, das wir nun gemeinsam in die Zukunft führen wollen.
Wirtschaftsforum: Was hat Sie an dieser neuen Tätigkeit und dem Unternehmen KÖHL gereizt?
Ingolf Matthée: Ich hatte zuvor zehn Jahre lang die größte Auslandsniederlassung eines bekannten Armaturenherstellers geleitet. Die Welt der hochwertigen Einrichtungsprodukte war mir deshalb alles andere als fremd, auch wenn ich mich in meiner beruflichen Laufbahn nie mit Büromöbeln beschäftigt hatte. Bei KÖHL freue ich mich insbesondere über die große Gestaltungsfreiheit, um gemeinsam mit meinem Team wichtige Veränderungen anzustoßen und so eine starke Basis für die nächsten Jahrzehnte zu schaffen – eine zeitliche Dimension, in der auch unser Investor denkt.
Wirtschaftsforum: Was hat sich seit dem Führungswechsel bei KÖHL verändert?
Ingolf Matthée: Wir durchlaufen derzeit einen vielfältigen Transformationsprozess, beginnend mit der Ausgestaltung unseres Sortiments: Früher hat KÖHL alle zwei bis drei Jahre ein neues Produkt auf den Markt gebracht und galt dabei insbesondere als ausgewiesener Spezialist für den klassischen Bürodrehstuhl – sehr hochwertig verarbeitet und ergonomisch hervorragend. Die Wachstumsraten für dieses Produkt sind im Markt jedoch mittlerweile deutlich negativ, einfach weil es im heutigen Bürokontext immer seltener gebraucht wird – dort geht es ja inzwischen viel stärker um Kommunikation und Zusammenarbeit. Der klassische Bürodrehstuhl ist hingegen die Lösung der Wahl für den Einzelarbeitsplatz, der immer mehr ins Homeoffice oder in den Co-Working-Space verlagert wird.
Wirtschaftsforum: Was folgt da-raus für Ihr Unternehmen?
Ingolf Matthée: Die logische Konsequenz liegt für KÖHL in einer deutlichen Verbreiterung unseres Produktangebots, weshalb wir in den letzten drei Jahren drei neue Sortimente mit zehn Modellen auf den Markt gebracht haben – dazu zählen Lounge-Möbel, Systeme für Empfangsbereiche und Meetingräume sowie Mehrzweckstühle für Schulungsveranstaltungen und Cafeterien, die KÖHL bisher nicht im Portfolio hatte. Durch die Übernahme der Firma ONGO aus Sindelfingen bieten wir inzwischen auch ein großes Sortiment an mobilen Hockern und Stehsitzhilfen für kleinere mobile Schreibtische an, wie sie vor allem im Kontext des agilen Arbeitens, etwa in Pop-up-Offices, zu finden sind.
Wirtschaftsforum: Verändert sich damit auch, wie KÖHL im Markt wahrgenommen werden möchte?
Ingolf Matthée: Ich glaube, dass wir uns als Marke in Zukunft noch stärker präsentieren müssen. Dazu reicht es nicht mehr, nur technisch und qualitativ hochwertige Produkte herzustellen, sondern man muss diese auch mit einer emotionalen und ansprechenden Marke verbinden. Die meisten einschlägigen Händler dürften uns inzwischen ziemlich gut kennen; nun wollen wir unsere Mehrwerte jedoch auch den gewerblichen Kunden auf direktem Wege klarer kommunizieren, um so ihre Kaufentscheidungen zu erleichtern. Nach der Pandemie stehen viele Unternehmen nun vor der Herausforderung, ihre Mitarbeiter dazu zu motivieren, wieder ins Büro zu kommen – eine attraktive Arbeitsumgebung mit ansprechenden, wohnlichen Büromöbeln ist dabei ein wichtiger Schlüssel, bei dem wir wirkmächtig unterstützen können.
Wirtschaftsforum: Welche weiteren Veränderungen stehen bei KÖHL auf dem Plan?
Ingolf Matthée: Ich glaube, es ist uns gelungen, in den letzten Jahren für eine gewisse Start-up-Mentalität in unserem Unternehmen zu sorgen, um mit Herzblut und Zuversicht auch ein paar neue Dinge auszuprobieren – nicht nur produktseitig, sondern auch auf der organisationalen Ebene: Wir haben ein neues CRM-System implementiert und arbeiten inzwischen weitgehend papierlos. Derzeit beschäftigen wir uns zudem mit der Digitalisierung unseres Marketings. Auch das Thema Nachhaltigkeit steht sehr weit oben auf unserer Agenda, wobei wir vielfältige Impulse verfolgen. So sind wir inzwischen etwa auf einen biologisch abbaubaren Polyesterstoff gestoßen, den wir in Zukunft verstärkt einsetzen wollen, um das Anfallen von Mikroplastik weitgehend zu vermeiden. Damit ist das Schiff KÖHL nun seit gut zwei Jahren auf einem neuen Kurs – und nun bereit, richtig Fahrt aufzunehmen.