„Drohnen sind die besten Arbeitsknechte!“
Interview mit Thorsten Oelgart, Geschäftsführer der Intersoft Electronics Services GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Oelgart, vor etwa zwei Jahren entschied sich die belgische Intersoft Electronics Group, in Wilhelmshaven eine deutsche Tochtergesellschaft zu gründen. Was gab den Anstoß zu dieser Entwicklung?
Thorsten Oelgart: Intersoft Electronics beschäftigt sich schon seit über sechs Jahrzehnten mit der Entwicklung von Radartechnik, insbesondere für militärische Anwendungsfelder. 2020 und 2021 folgte schließlich ein umfangreiches Engagement für die deutsche Marine, und es war absehbar, dass unser Know-how in diesem Kontext auch im Hinblick auf die spätere Wartung der von uns verbauten Systeme über lange Zeit hinweg gefragt sein würde. Insofern war die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft in Wilhelmshaven, dem größten Bundeswehrstandort mit über 10.000 dort vertretenen Dienstposten, ein logischer Schritt, der sich auch wirtschaftlich für uns sehr schnell als äußerst lohnenswert erwies.
So konnten wir schon 2023 zahlreiche weitere Aufträge generieren, die unterschiedlichste Leistungsangebote unseres Unternehmens berühren.
Wirtschaftsforum: In welchen Projekten engagieren Sie sich dabei genau?
Thorsten Oelgart: Im November 2023 wurden wir beispielsweise mit der IFF-Mode-5-Konformitätsbeurteilung einer Fregatte der Baden-Württemberg-Klasse betraut. Diese Freund-Feind-Erkennungstechnologie muss inzwischen jeder Teilnehmer an internationalen Missionen vorweisen können, um eine Interoperabilität mit NATO-Streitkräften zu gewährleisten – schließlich ist sie wahrscheinlich die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung von ‘friendly fire’. Einschlägige Unfälle aus der Vergangenheit, etwa dem Jugoslawienkrieg, lehren uns, welche katastrophalen Folgen mögliche Ausfälle dieser Systeme nach sich ziehen können.
Aus offensichtlichen Sicherheitsgründen müssen deshalb umfangreiche Plattformzertifizierungen durchgeführt werden, die Intersoft nicht nur mit einer rigorosen Verlässlichkeit, sondern auch in einem engen zeitlichen Rahmen abbilden kann. So haben wir bei dem gegenständlichen Projekt bereits im folgenden Januar die erste An-Bord-Untersuchung vorgenommen, bevor nach der Aufnahme der Konfigurationsdaten und den anfallenden Systembewertungen schon im April die erfolgreiche Erprobung anstand, bei der die Vermessungen mithilfe von Testflugzeugen verifiziert werden konnten.
Wirtschaftsforum: Bei diesen Vermessungen setzt Intersoft mittlerweile auch Drohnen ein.
Thorsten Oelgart: Die von uns genutzten Messgeräte sind inzwischen so klein, dass sie sich in der Tat auch problemlos an Drohnen befestigen lassen, wodurch wir die vielfältigen Vorteile dieser Technologie konsequent ausspielen können. Das ist für viele immer noch Neuland, auch wenn wir diese Lösung nun schon seit einigen Jahren anbieten. Mittlerweile findet sie bei unseren Kunden einen sehr breiten Anklang, schlicht weil sie ganz neue Messmöglichkeiten eröffnet. Manche damit realisierbaren Messungen konnten in der Vergangenheit überhaupt nicht durchgeführt werden. Denn Drohnen sind schlicht viel agiler und präziser als Messflugzeuge – unsere Positionsgenauigkeit beträgt inzwischen unter 10 cm, während Flugzeuge selten überhaupt in den Meterbereich kommen. Die aktuell bestehenden Einschränkungen sind da weniger technischer, sondern vielmehr regulatorischer Natur. So dürfen Drohen in Deutschland weiterhin nicht ‘beyond visual line of sight’ geflogen werden, wie es im Militärjargon heißt. Dass sie inzwischen die besten Arbeitsknechte sind, die wir in unserem Segment zu bieten haben, wird jedoch kaum noch ernsthaft bestritten.
Wirtschaftsforum: Fast alle Hochtechnologieunternehmen haben mit dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel zu kämpfen – insbesondere wenn sie sich vornehmlich in Segmenten mit spitzem Know-how bewegen. Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für Intersoft?
Thorsten Oelgart: Dank der engen Verzahnung mit unserer Unternehmensgruppe und einem weltweiten Netzwerk aus 300 Mitarbeitern können wir an unserem Standort in Wilhelmshaven auch in diesem Kontext auf die globale Schlagkraft unserer gewachsenen Expertise setzen.
Natürlich stimmt Ihre Beobachtung trotzdem: Das Berufsbild der Radarsystemingenieurin in der Hochfrequenztechnik wird so kaum an Universitäten oder Technischen Hochschulen gelehrt, leider auch nicht an Bildungseinrichtungen der Bundeswehr, auch wenn das entsprechende Know-how gerade hier gefragt wäre. Deshalb müssen wir selbst tiefgreifend in die fachspezifische Weiterbildung unserer Mitarbeiter investieren – das ist auch absolut machbar und lohnenswert, und niemand, der ausreichend technikaffin und an den Sachfragen interessiert ist, sollte sich davon abschrecken lassen. Dahinter steckt keine Rocket-Science.
Als besonders zielführender Recruiting-Pool haben sich für uns dabei ehemalige Soldaten erwiesen, nicht zuletzt weil sie bereits bestens mit den besonderen administrativen Gegebenheiten vertraut sind, die bei der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr das Bild prägen, und die außergewöhnlichen Bedingungen militärischer Einsätze aus erster Hand kennen. Noch dazu bestechen sie durch ein besonderes Verantwortungsgefühl, das in unseren Anwendungsfeldern natürlich unerlässlich ist – und dessen sich auch Intersoft in all seinem Handeln stets bewusst bleibt.