Wiederverwerten statt entsorgen

Interview mit Walter Feeß, Geschäftsführer der Heinrich Feeß GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Feeß, Sie wurden jüngst mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Wofür haben Sie die Auszeichnung erhalten?

Walter Feeß: Wir brechen Häuser ab und heben Gruben aus. Dabei entstehen mineralische Abfälle. Diese Abfälle werden von uns recycelt, um sie für neue Bauvorhaben einzusetzen. Wir wollen damit einen Beitrag für kommende Generationen leisten. Mit der Weiterverwendung von mineralischen Abfällen lassen sich Millionen Tonnen CO2 einsparen. Wir gehören zu den Pionieren auf diesem Gebiet und sind in ganz Deutschland eine sehr gefragte Referenz zum Thema Betonrecycling.  Bisher haben wir 150 Besuchergruppen mit über 1.000 Besuchern empfangen, auch aus dem Ausland.

Wirtschaftsforum: Wie funktioniert der Prozess des Betonrecyclings?

Walter Feeß: Wir schreddern Altbeton und verarbeiten ihn zu kleinteiligem Material. Diese Gesteinskörnung wird dann in den Frischbeton eingearbeitet, sodass weniger neue Ressourcen verbraucht werden und weniger Lkw-Fahrten notwendig sind. Wir plündern unseren Planeten aus. Es geht aber auch anders!

Wirtschaftsforum: Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig, Herr Feeß?

Walter Feeß: Unser Betrieb besteht seit 65 Jahren. Die Idee des Recyclings kam etwa 1995 auf. Inzwischen haben wir zwei Recyclingplätze, doch vieles dauert viel zu lange. Für einen der Plätze haben wir 19 Jahre gebraucht, bis wir die Genehmigung erhalten haben. Heute hat man erkannt, dass Umwelt- und Naturschutz viel Potenzial bieten. Es gibt 220 Millionen Tonnen mineralische Abfälle, die weiterverwertet werden könnten. Jährlich werden 550 Millionen Tonnen Kies und Schotter hin- und hergefahren für Beton und Straßenbau. Pro Jahr kommen über 30 Millionen Lkw-Fahrten in Deutschland zusammen, zwischen 150 bis 100 km weit, für die Entsorgung.

Wirtschaftsforum: Ist denn die Verwendung von R-Beton auch kosteneffizient?

Walter Feeß: Ja, durch die Wiederverwertung von mineralischen Abfällen sinkt nicht nur der Flächenverbrauch; es lassen sich im Vergleich zu neu abgebautem Sand und Kies 20-30% an Kosten sparen. Außerdem lassen sich enorm viele Deponiegebühren sparen. Voraussetzung ist, dass die Abfälle möglichst vor Ort aufbereitet werden und nicht durch die halbe Republik gekarrt werden.

Wirtschaftsforum: Und wie sieht es mit der Qualität aus?

Walter Feeß: Qualität und Festigkeit sind genauso gut wie bei neu hergestelltem Beton. Wir haben eine 40 m breite Halle gebaut, einschließlich Fundament und Bodenplatte aus  R-Beton, die eine um bis zu 70% höhere Festigkeit aufweist, als die Stahlbetonnorm vorschreibt. Dies wurde von der Hochschule Konstanz geprüft.

Wirtschaftsforum: Welche Position nimmt Deutschland in Europa ein, wenn es um nachhaltiges Bauen geht?

Walter Feeß: Die Niederlande, die Schweiz und Großbritannien sind hier sehr viel weiter als wir. Seit zwei Jahren betreiben wir mit Förderung der EU eine Bodenwaschanlage, mit der man den Boden waschen kann und nicht mehr auf die Deponie fahren muss. In Großbritannien und Irland sind schon mehrere dieser Waschanlagen in Betrieb, inzwischen gibt es dort Strafzölle auf Primärbaustoffe. Die öffentliche Hand in Deutschland hat das Potenzial leider noch nicht erkannt; auch private Bauherren könnten viel sparen, und viele Betriebe könnten  R-Beton herstellen, tun es aber noch nicht.  R-Beton ist der Baustoff für kommende Generationen.

Wirtschaftsforum: Die Wiederverwertung von mineralischen Abfällen sollte also stärker gefördert werden?

Walter Feeß: Ja, genau wie Elektromobilität und Windkraft brauchen wir die Aufbereitung von mineralischen Abfällen, um die Klimaziele zu erreichen. Derzeit werden leider noch nicht so viele Aufträge mit  R-Beton erteilt wie möglich wären.

Wirtschaftsforum: Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Feeß. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Ziele, zum Wohle der Umwelt und der kommenden Generationen!

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Bau

Mit Hochdruck zum Erfolg

Interview mit Dipl.-Ing. Frank Ackermann, Geschäftsführer der Fritz Wiedemann & Sohn GmbH

Mit Hochdruck zum Erfolg

Das Hochdruckwasserstrahlen hat sich in den letzten Jahren als unverzichtbare Technologie in der Bauwerksinstandsetzung etabliert. Mit Wasserdrücken von bis zu 3.000 bar werden Betonoberflächen schonend und dennoch effektiv abgetragen oder…

Digitale Impulse im Maschinenbau

Interview mit Jil Evertz, Mitgesellschafterin und Prokuristin der Egon Evertz GmbH & Co.KG

Digitale Impulse im Maschinenbau

Seit fast 70 Jahren steht der Name Evertz für Innovation, Qualität und Kontinuität im Maschinen- und Stahlanlagenbau. Was 1956 mit einer pfiffigen Idee zur Reparatur von Kokillen begann, ist heute…

Individualität nimmt Form an

Interview mit Konrad Michalek, Geschäftsführer und Anja Michalek, kaufmännische Leitung der Michalek Wohntraum GmbH

Individualität nimmt Form an

Der Traum vom Eigenheim ist tief in der Vorstellung vieler Menschen verwurzelt. Ihn zu verwirklichen wird jedoch immer schwieriger. Hohe Immobilienpreise, Baukosten und Zinsen machen es vor allem jungen Familien…

Spannendes aus der Region Landkreis Esslingen

Olivenöl mit Herzblut

Interview mit Andreas Knauß, Geschäftsführer der LAKUDIA GmbH

Olivenöl mit Herzblut

Was mit einem Urlaub in Griechenland begann, entwickelte sich zu einer außergewöhnlichen Unternehmergeschichte: Die LAKUDIA GmbH vereint schwäbischen Unternehmergeist mit der Leidenschaft für Olivenöl allerhöchster Qualität, das schon lange im…

Hochpräzise Kontrolle für die Halbleiterindustrie

Interview mit Dr. Peter Czurratis, Gründer der PVA TePla Analytical Systems GmbH und Metrologie-Experte der PVA TePla Gruppe

Hochpräzise Kontrolle für die Halbleiterindustrie

Die Halbleiterindustrie steht unter Strom – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn mit zunehmender Digitalisierung, E-Mobilität und globalem Datenhunger wächst auch der Bedarf an präziser Inspektionstechnologie. Die PVA TePla Analytical…

Magnetische Lösungen für die Industrie von morgen

Interview mit Christian Assfalg, Geschäftsführer der Assfalg GmbH

Magnetische Lösungen für die Industrie von morgen

Schwere Lasten so einfach anheben und transportieren wie das Betätigen eines Lichtschalters, ganz ohne mechanische Fixierung: Das können nur Magnete. Die familiengeführte Assfalg GmbH aus Schwäbisch Gmünd ist ein weltweit…

Das könnte Sie auch interessieren

Maschinen ein zweites Leben schenken

Interview mit Christian Munzinger, Geschäftsführer und André Elz, Geschäftsführer der GSN Maschinen-Anlagen-Service GmbH

Maschinen ein zweites Leben schenken

Neu bedeutet nicht zwangsläufig besser – insbesondere, wenn man die Kosten berücksichtigt. Als führender, herstellerunabhängiger Anbieter von innovativen Engineering-Lösungen im Bereich der Sondermaschinen und Automatisierungstechnik hat sich die GSN Maschinen-Anlagen-Service…

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Interview mit Dennis van Huet, Geschäftsführer der ZZA B.V.

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Die italienische Küche ist beliebt wie eh und je. Pizza, Pasta und Co. sind inzwischen auch die häufigsten Gerichte im Restaurant und auf dem privaten Speiseplan. Auf eine gute Pizza…

Sicherheit, die wächst – Brandschutz mit Erfahrung,Vision & Verantwortung

Interview mit André Schulze Forsthövel, geschäftsführender Gesellschafter der Brandschutz-Center Münster Brinck GmbH

Sicherheit, die wächst – Brandschutz mit Erfahrung,Vision & Verantwortung

Brandschutz ist mehr als nur Technik - er ist Sicherheit, Verantwortung und Vertrauen. Genau dafür steht die Brandschutz-Center Münster Brinck GmbH, die seit Jahrzehnten als verlässlicher Partner in der Region…

TOP