Herzchen, Rüblis oder Bart Simpson: Das süße Finish

Interview mit Ina Gauß, Geschäftsführerin der Girrbach Süßwarendekor GmbH

Konditor Richard Girrbach hatte das Wohl seiner Kollegen im Sinn, als er 1960 sein Unternehmen gegründet hat, um Dekore aus Marzipan, Zucker und Schokolade herzustellen. „Er wollte den Konditoren die Arbeit erleichtern“, erzählt Geschäftsführerin Ina Gauß. Das Geschäft lief gut, das Unternehmen wuchs und zog von einem Nachbarort von Calw an den heutigen Standort. Parallel wandelte sich die Arbeit vom Handwerk zur industriellen Fertigung.

Seit Ende der 1990er Jahre ist Girrbach eine Tochter der Schweizer Holding Condessa AG. Der Dekorhersteller beschäftigt 120 Mitarbeiter, von denen 28 in der Verwaltung und der Rest in der Produktion tätig sind. Ein großer Teil der Produkte geht ins Ausland, vor allem nach Europa, aber auch nach Japan, Korea, Südafrika, Australien, Dubai und Indien. 2020 lag der Exportanteil bei 43%.

Richie‘s Bakery, die freche Marke

Girrbach hat noch immer Produkte für Bäcker, Konditoren und deren Großhändler im Angebot. „Aber das hat nur noch untergeordnete Bedeutung. Auch in dieser Branche beobachten wir leider ein Sterben des Handwerks“, sagt Ina Gauß. Sie hat diesen Prozess miterlebt: Seit 24 Jahren ist sie schon im Unternehmen und hat sich von der Sachbearbeitung hochgearbeitet. Girrbach versorgt heute vor allem internationale Kunden aus dem Handel wie ALDI, LIDL, Penny, Kellogg‘s, Dunkin Donuts oder Starbucks Japan. Im Bereich Private Label produziert Girrbach für namhafte und bekannte Einzelhandels-Größen, primär für den deutschen Markt.

Aber auch international sind Produkte aus dem Hause Girrbach unter den Eigenmarken von führenden Handelsketten zu finden. Seit etwa zwei Jahren ist das Unternehmen außerdem mit der Marke Richie‘s Bakery auf dem Markt. Ina Gauß erklärt, wie es dazu kam: „Wir haben eine eigene Entwicklungsabteilung und eine Grafikabteilung. Aber die Kunden sind oft zurückhaltend, wenn es um neue Ideen geht. Mit Richie‘s Bakery können wir unsere eigenen Ideen verwirklichen. Die Marke ist entsprechend frech und frisch.“ LIDL hat Richie‘s Bakery bereits für einen Zeitraum von rund acht Wochen bundesweit ins Sortiment genommen. „Für uns ist es ein Riesenglück, unsere Marke auf diese Weise präsentieren zu können“, betont die Geschäftsführerin.

Von Sternchen bis Bart Simpson

Das Portfolio ist im wahrsten Sinne bunt: Zuckerstreudekore werden in 200 verschiedenen Formen, in jeglichen kundenindividuellen Farb-Kombination angeboten, zum Beispiel als Herzchen, Sterne oder Einhörner. „Wir können auch kundenspezifische Formen herstellen. Für einen Kunden haben wir beispielsweise Bart-Simpson-Streudekore produziert“, berichtet Ina Gauß.

„Wir kommunizieren auf Augenhöhe. Ich kenne jeden Mitarbeiter mit Namen. Wir reden recht offen miteinander, auch über Privates.“ Ina GaußGeschäftsführerin
Ina Gauß

Ein zweiter großer Produktbereich sind Schokoladendekore, die auch individuell bedruckt oder gefärbt werden können. Andere Dekore werden aus Marzipan hergestellt, etwa in Form von Karotten, Erdbeeren oder Weihnachtskugeln. „Wenn der Kunde es wünscht, übernehmen wir außerdem das Design der Verpackungen“, ergänzt Ina Gauß.

Flexibilität im Saisonbetrieb

Was Girrbach besonders auszeichnet, sei die breite Aufstellung, das umfassende Know-how sowie die Möglichkeit, individuell auf Kundenwünsche einzugehen. Zudem sei man in der Lage ein großes Auftragsvolumen in vergleichsweise kurzer Zeit zu realisieren, hebt die Geschäftsführerin hervor. „Unser Geschäft ist sehr stark saisonal geprägt, daher haben die Mitarbeiter Jahresarbeitszeitkonten. Ende Juni beginnt die Weihnachtsproduktion, im November das Frühjahrsgeschäft, darauf folgt eine ruhigere Zeit bis zum nächsten Weihnachtsgeschäft. Man könnte also Saisonkräfte holen. Die haben aber nicht das Wissen und Können, das unsere langjährigen Mitarbeiter haben“, erklärt Ina Gauß.

Mitarbeiter bringen sich ein

Die Arbeitsatmosphäre beschreibt die Geschäftsführerin als familiär und kameradschaftlich. „Mir ist das auch sehr wichtig. Wir kommunizieren auf Augenhöhe. Ich kenne jeden Mitarbeiter mit Namen. Wir reden recht offen miteinander, auch über Privates“, sagt sie und fügt hinzu: „Der Mitarbeiter wird bei uns als Mensch gesehen und nicht als Nummer. Ich finde es schön, dass der Mittelstand das noch so abbilden kann. Gerade jetzt erlebe ich wieder, dass sich die Mitarbeiter in Phasen, in denen viel zu tun ist, sehr einsetzen und sich mit ihren Ideen einbringen. Wenn sie gebraucht werden, sind sie da.“ Im Gegenzug haben sie in ruhigeren Zeiten mehr Freizeit.

Für den Kunden mitdenken

Auch in Zukunft soll das Unternehmen weiter wachsen. „Im Vertrieb haben wir viele Dinge angestoßen, um auch noch mehr internationale Kunden zu gewinnen. Wir gehen jetzt proaktiver auf potentielle Kunden zu“, sagt Ina Gauß. Ein Fokus wird auf der Marke Richie‘s Bakery liegen.

„Sie ist bisher noch unbekannt. Wir wollen dafür sorgen, dass jeder die Marke kennt.“ Die Geschäftsführerin hofft auch deswegen darauf, wieder an Präsenzmessen wie der Anuga und der Internationalen Süßwarenmesse ISM teilnehmen zu können. Girrbach ist nicht der günstigste Anbieter auf dem Markt, räumt Ina Gauß ein. „Mit China können wir nicht mithalten. Unser Anspruch ist, für unsere Kunden als Partner unersetzlich zu sein. Er soll wissen, dass er sich auf uns verlassen kann, dass wir für ihn mitdenken und uns für ihn und nicht nur für unseren Umsatz interessieren.“

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