Furnierholz vom Feinsten
Interview

Der Sturm wirtschaftlicher Unbill traf das 1961 von Karl Danzer gegründete Unternehmen in Gestalt des dramatisch gefallenen Dollarkurses. "Bis 2008 hatten wir als größtes Furnierwerk Europas zu 60 Prozent Furniere aus Hölzern amerikanischer Herkunft geschnitten", nennt Betriebsleiter Hermann Ludwig Beindorff den Grund für die aktuellen Probleme.
"Dadurch wurde es für unsere Zielgruppe – Furnierhändler und Möbelhersteller – einfach billiger, Furniere direkt in den USA produzieren zu lassen. Deshalb mussten wir 90 Mitarbeiter entlassen und vom Zwei-Schicht- auf den Ein-Schicht-Betrieb umstellen." Von früher neun bis zehn Messermaschinen sind derzeit nur fünf pro Tag im Einsatz, von den vier Abschälmaschinen nur ein bis zwei.
"Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit diesen Einsparungen auch in Zukunft bestehen werden", erwartet der Betriebsleiter. Auch die im August 2008 gegründete 'Furnierhandel GmbH' entlastet das Unternehmen durch Verkauf der eigenen Rundhölzer.
"Das nimmt den durch Vorfinanzierung und Lagerhaltung entstehenden finanziellen Druck vom Stammwerk", erklärt Tanja Detjens, die die Finanzbuchhaltung und das Controlling des FWW leitet.
"Den Eigenanteil von Hölzern und Rundhölzern haben wir auf die neue Firma übertragen, die jetzt quasi als unser Kunde agiert."
Messern und Schälen
Die gegenwärtige Krise wird das FWW umso sicherer meistern, als das Unternehmen über einen in den vergangenen Jahren sukzessive modernisierten Maschinenpark verfügt, der technisch dem neuesten Stand entspricht.
Die Produktion von Furnierholz erfolgt in zwei unterschiedlichen Verfahren; die dazu benötigten Maschinen laufen auf dem Werksgelände räumlich voneinander getrennt. Beim Messern werden die Stämme halbiert und die zur Veredelung von Möbelfronten und anderen Flächen benötigten Furniere in Stärken von 0,3 bis 3 mm als Scheiben geschnitten.
Beim Schälen erfolgt das permanente Abheben der gewünschten Furnierschicht am sich drehenden Stamm. Das FWW ist technisch und vom Können seiner Mitarbeiter her so ausgestattet, dass es alle Holzarten verarbeiten kann: derzeit sind es 50 verschiedene. Dabei handelt es sich allerdings nur um Holz aus kontrolliertem Anbau, das heißt, aus vorbildlich bewirtschafteten Wäldern.
Das FWW besitzt daher seit 2000 das FSC-Zertifikat (Forest Stewardship Council).
Weg von Lohnaufträgen
Schon einmal hat das FWW einen bemerkenswerten Strukturwandel erfolgreich absolviert: Das am Beginn der Unternehmensgeschichte stehende Messern und Schälen im Lohnauftrag – die Auftraggeber stellten das zu bearbeitende Holz zur Verfügung – erwies sich ab Mitte der 90er Jahre als immer weniger kostendeckend.
"Deshalb haben wir uns ab 2002 neu ausgerichtet und mit großem Erfolg eine eigene Fertigung aufgebaut", erinnert sich Hermann Ludwig Beindorff. "Unser Ruf als Hersteller edler Holzfurniere ist international erstklassig."
„Nur mit hoher Qualität können wir dem Wettbewerb begegnen.“ Hermann Ludwig Beindorff Betriebsleiter
Indirekt hohe Exportquote
2007 konnte das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 25 Millionen Euro verbuchen, der allerdings wegen der unvermeidlichen Reaktionen auf die Wechselkursprobleme 2008 nicht erreicht werden wird.
Der Exportanteil des Unternehmens liegt bei 20 Prozent, erhöht sich aber unter Berücksichtigung der Geschäftsaktivitäten von Furnierhändlern indirekt auf 75 bis 80 Prozent. Die wichtigsten Auslandsmärkte liegen in Westeuropa. Gegenwärtig beschäftigt das FWW 160 Mitarbeiter. "Wir arbeiten ohne klassischen Außendienst", fügt Tanja Detjens hinzu.
"Für unseren Vertrieb kommt Empfehlungen eine entscheidende Bedeutung zu. Händler und Hersteller wissen, was wir können und was wir bieten. Selbstverständlich pflegen wir bestehende Kundenkontakte und besuchen unsere guten Kunden regelmäßig." Als weitere Erfolgsfaktoren nennen die beiden Manager die Termin-Zuverlässigkeit des FWW, die langjährige Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter sowie ihr Fachwissen und ihre Erfahrung, die sie an den Mitarbeiter-Nachwuchs weitergeben.
"Das ist einer der wichtigsten Gründe dafür, dass wir am Standort Deutschland geblieben sind", betont Hermann Ludwig Beindorff. "In Riga, der Hauptstadt Lettlands, betreiben wir allerdings das Schwesterwerk 'Rigas Finieru Rupnica', das vor allem auf den osteuropäischen Markt ausgerichtet ist und schwerpunktmäßig Birkenholz verarbeitet."
Qualität gegen Niedrigpreise
Das Furnierwerk Winsen ist ein Familienbetrieb, an dessen Spitze seit April 2006 Karl-Christian Danzer als Geschäftsführer steht. Seit 2002 ist das Unternehmen Teil der Holbe AG aus Chur, einer Beteiligungsgesellschaft, die der Familie Hans-Jörg Danzer gehört.
"Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wollen wir die Kosten so gering wie möglich halten", blickt Hermann Ludwig Beindorff nach vorn. "Dem immer kostengünstiger werdenden Wettbewerb aus Osteuropa und China können wir nur durch unsere hohe Produkt- und Servicequalität begegnen."