Es gab Phasen, da war TV-Koch-Bashing fast normal

Interview mit Alexander Herrmann, Sternekoch, Restaurantbesitzer und Buchautor

Wirtschaftsforum: Herr Herrmann, Sie sind Sternekoch, Mitglied und ehemaliger Präsident im Kreis der Jeunes Restaurateurs d’Europe, Buchautor, Hotelbesitzer und Jurymitglied bei „The Taste“. Ist Freizeit für Sie ein Fremdwort?

Alexander Herrmann: Fremdwort nicht, aber in der Tat ich muss die Zeit für Freizeit gut planen. Man sieht ja immer nur das, was man tut, aber nicht das was man absagt. Beispielsweise, läuft „The Taste“ ja über teilweise zwölf Wochen. Weil wir ja neun normale Folgen hatten und zwei Promifolgen, und dazwischen gab es eine kurze Pause. So entsteht natürlich der Eindruck, dass man dafür fast ein Vierteljahr vor der Kamera steht. Eine Sendung braucht aber zwei Tage und wir drehen diese im Block. Das muss so sein, weil wir eine lange Aufzeichnungszeit im Vorfeld brauchen, da die Sendung unfassbar schwierig und langwierig zu schneiden ist. Das heißt also, obwohl ich im Herbst im TV präsent bin, habe ich eigentlich gerade nichts mit dem Fernsehen zu tun. Ich hatte seit August so gut wie keine Fernsehaktivitäten mehr, weil ich im Herbst 2017 zwei neue Betriebe in Nürnberg eröffnet habe, das „Frankness“ und das „Imperial by Alexander Herrmann“. Dementsprechend entsteht natürlich auch von außen hin dieser Eindruck; wie macht der das nur? Also Freizeit muss auch bei mir richtig geplant sein.

Alexander Herrmann
„Ich habe mir überlegt, Jedi Ritter zu werden. Aber das war leider eine Katastrophe, es gibt einfach überhaupt keine Ausbildungsstellen dafür.“ Alexander HerrmannSternekoch, Restaurantbesitzer und Buchautor

Wirtschaftsforum: Sie wuchsen in einer Hotelierfamilie auf. Wollten Sie schon immer Koch werden oder hatten Sie auch einmal andere Berufsziele?

Alexander Herrmann: Ich wollte ursprünglich Tierarzt werden. Damals hat unser Jagdhund, ein deutscher Kurzhaar, einmal geniest und ich habe mit meinen sechseinhalb Jahren genau gewusst, wie man das behandelt. Also habe ich die Schnauze vom Hund mit Eukalyptusalbe eingeschmiert. Der fand das auch super, solange er dabei gestreichelt wurde, aber Eukalyptusdämpfe und Hundenasen, vor allem vom Jagdhund, passen leider nicht gut zusammen und dementsprechend war der Hund anschließend ziemlich aufgeregt. Also musste mein Vater eine Not-OP in der Badewanne durchführen. Damals fiel schon das erste Mal das Zitat, ich hätte mehr Talent ein Schnitzel zu panieren als Hunde zu heilen. Man muss jetzt aber auch gestehen, mit einem Realschulabschluss wird das auch leider nichts mit dem Tierarztberuf.

Anschließend habe ich mir überlegt, Jedi Ritter zu werden. Aber das war leider eine Katastrophe: obwohl Bayern ja eigentlich politisch ziemlich schwarz ist - der Darth Vader hätte hier durchaus gute Chancen - gibt es einfach überhaupt keine Ausbildungsstellen dafür! Das war schon übel. Zwischenzeitlich wollte ich auch mal Rambo werden, oder auch Schauspieler oder Rennfahrer. Am Schluss habe ich mich mit einer Schürze am Herd wiedergefunden und war dann eigentlich ganz glücklich Koch zu werden. Die Küche war so circa ab meinem 10. Lebensjahr meine natürliche Umgebung, weil ich nach der Schule immer durch die Küche gelaufen bin. Ich habe das Kochen quasi aufgesaugt.

„Die Küche war so circa ab meinem 10. Lebensjahr meine natürliche Umgebung.“ Alexander HerrmannSternekoch, Restaurantbesitzer und Buchautor
Alexander Herrmann

Wirtschaftsforum: Sie haben langjährige Erfahrung als Fernsehkoch. Welches Kochshowkonzept fanden Sie bislang am interessantesten?

Alexander Herrmann: „Kitchen impossible“ fand ich sehr interessant. Das ist halt eine einzigartige Show. Sie lebt davon, dass du einmalig in eine unfassbar große und herausfordernde Situation gesetzt wirst. „Kitchen impossible“ hat was mit dem freien Fall des Kochs zu tun, weil du ja einfach nur ein Rezept außerhalb deiner Komfortzone nachkochen musst, und keine Ahnung hast, was genau die Zutaten sind. Und vor allem, weil dabei oft Techniken in der Küche umgesetzt werden, die du vorher noch nie gemacht hast oder die Routine gar nicht hast. Gerade bei diesen ganzen regionalen Klassikern. Da hast du als Sternekoch irgendwo aus Deutschland erstmal das Nachsehen. Diese Erfahrung ist erst einmal gigantisch.

Zum anderen bleibt „The Taste“ für mich eine unfassbare Sendung, denn obwohl sie eine reine Studioproduktion ist, ist sie sehr echt. Das heißt, die Kandidaten werden nicht nur benutzt, um einfach das Studio auszufüllen und weil die Spielregeln es erfordern, damit das System der Show funktioniert, sondern sie sind wirklich Inhalt der Show. Hier ist nichts in irgendeiner Form mit doppeltem Boden. Da kommen Gastjuroren, die haben wirklich was drauf, an denen reibst du dich. Du bist emotional dabei und ich habe das jetzt fünf Jahre gemacht und das ist einfach unfassbar. Diese Ehrlichkeit hinter diesem Format, auch die Wichtigkeit all der Dinge die du darin tust. Denn alle Kandidaten, vor allem die letzten zehn, also die Hälfte der Kandidaten, nehmen unheimlich viel Weiterentwicklung für sich mit nach Hause und viele haben dadurch auch noch einmal einen zweiten Schritt in eine neue berufliche Ebene nehmen können. Das macht mich stolz.

Alexander Herrmann
„'The Taste'“ bleibt für mich eine unfassbare Sendung, denn obwohl sie eine reine Studioproduktion ist, ist sie sehr echt.“ Alexander HerrmannSternekoch, Restaurantbesitzer und Buchautor

Was ich auch als unfassbar wichtig für mich empfunden habe, war „Kampf der Köche“, die als Show auch bei Sat1 lief. Das war rückblickend schon sensationell, weil ich da zu 100% als Moderator durch die Sendung gehen durfte. Gleichzeitig habe ich aber mit dem kulinarischen Fachwissen das transportieren müssen, was die Kontrahenten in der Sendung, also Hobby- gegen Profikoch, gemacht haben. Das ist uns eigentlich ganz gut gelungen, aber wir hatten leider das Pech das die Show um 19 Uhr gestartet ist. Gegen die erfolgreichen Quizshows der öffentlich-rechtlichen Sender zur gleichen Zeit, sind wir leider nicht angekommen. Das ist sehr schade, weil das Format sehr viel Beachtung und Achtung innerhalb der Fernsehbranche geerntet hat. Ich war echt glücklich und bin sehr dankbar, dass sehr viele mich dafür gelobt haben. Ich kann das eigentlich gar nicht nur auf zwei Shows reduzieren. Mit dem Kochduell bei VOX ging ja alles los. Auch die Küchenschlacht beim ZDF ist eine der Sendungen, die ich total liebe. Genauso wie zum Beispiel beim ZDF „Stadt, Land, Lecker“, eine sehr lockere, für das ZDF fast schon gewagte Sendung, in der ich nachmittags mit einem Food Truck unterwegs bin und zu einem vorher ausgewählten Gastronomen fahre. Dort muss ich dann ein Gericht probieren und habe dann nur drei Stunden Zeit dieses nachzukochen.

„Stadt, Land, Lecker“ ist im Moment meine persönliche Wohlfühlsendung, weil die für mich Abenteuer sowie Herausforderung zugleich ist und zwar mit Rahmenbedingungen, die meine Seele umarmen. „The Taste“ weil es einfach unheimlich ehrlich, wahnsinnig aufreibend und hoch emotional ist und es ganz klar eine große Ehre ist in einer 20:15 Uhr Show mit dabei zu sein, die auch in den letzten Jahren immer mehr an Kraft dazugewonnen hat. Im Grunde sind es diese zwei, die mir am meisten bedeuten.

„Mittlerweile sind wir TV-Köche zu einer gewissen Form von Standardwerk geworden, und das finde ich die wesentlich höhere Auszeichnung für die Branche und uns als Handwerker.“ Alexander HerrmannSternekoch, Restaurantbesitzer und Buchautor
Alexander Herrmann

Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie den Hype, den die Medienwelt heute um viele Fernsehköche macht?

Alexander Herrmann: Welchen Hype? Also Hype ist es sicher nicht. Vor 20 Jahren waren schon einige Hypes da, das kann man schon so sagen. Mittlerweile sind wir TV-Köche zu einer gewissen Form von Standardwerk geworden, und das finde ich die wesentlich höhere Auszeichnung für die Branche und uns als Handwerker. Als extremes Beispiel; Helene Fischer wurde für ihren unfassbaren Erfolg fast schon ein wenig angegriffen. Man könne sie nicht mehr hören und so weiter. Ich finde diese Frau sensationell. Wer ist schon Taylor Swift, wir haben Helene Fischer. Wenn man mal die Texte von Taylor Swift ins Deutsche übersetzt oder andersherum Helenes Texte ins Englische, dann ist Helene eher der Weltstar, auch von den Shows her. Man hat sie angegriffen, weil das ein typischer Reflex ist, wenn jemand viel Erfolg hat.

Wir als TV-Köche in der Branche wurden natürlich auch schon angegriffen. Es gab damals so Wellen, als das TV-Koch-Bashing schon fast normal war. Wir denken nur an Marcel Reich-Ranicki, der sich damals bei einem Fernsehpreis beschwerte, dass er nur noch TV-Köche im Fernsehen sieht. Ich habe es ihm nicht so übel genommen. Ich konnte schon nachempfinden wie es ihm geht. Er hat halt ein Ventil gesucht und wir waren dran. Ein paar andere Köche haben es ihm übrigens übler genommen. Diese Wellen durchleben wir schon, dass man dann vermeintlich uns als gute ernstzunehmende Handwerker teilweise als Kulturgutträger hypt. Grundsätzlich würde ich sagen, es gibt natürlich nicht nur positiven Hype, es wird schon auch mal schwierig. Was ja auch ein Beweis dafür ist, dass die Dinge, die wir machen, auch besser sind als manche es zulassen wollen.

Alexander Herrmann
„Wer ist schon Taylor Swift, wir haben Helene Fischer.“ Alexander HerrmannSternekoch, Restaurantbesitzer und Buchautor

Wirtschaftsforum: Kommen wir auf eine Frage des Geschmacks zu sprechen: Essen Sie lieber Süßspeisen oder Deftiges?

Alexander Herrmann: Beides. Also wenn ich was Süßes gegessen habe will ich was Deftiges und wenn ich was Deftiges gegessen habe, will ich was Süßes als Abschluss. Für mich gehört eine Schokolade oder ein Eis nach einem Menü oft wirklich zum Abschluss einfach dazu. Das hat aber wahrscheinlich auch mit meinem Insulinspiegel zu tun. Der will dann noch mehr.

Interview: Sarah Urquhart

Herrmann’s Posthotel GmbH & Co. KG
Marktplatz 11
D-95339 Wirsberg

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