„Unser Ziel ist der 15-Minuten-Standort!“
Interview mit Bernd Lohse, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Neue Zeche Westerholt mbH
Wirtschaftsforum: Herr Lohse, im kommunalen Auftrag verantworten Sie den Aufbau eines neuen Quartiers für nachhaltiges Wohnen und Arbeiten. Was ist dort genau geplant?
Bernd Lohse: Ungefähr zwei Drittel der 39 Hektar großen Entwicklungsfläche sind als gewerbliche Baufläche vorgesehen. Weitere 4,5 Hektar werden voraussichtlich typischen Mischnutzungsformen zugeführt; hinzu kommt ein ca. 3 Hektar Wohnquartier in Ergänzung der bestehenden Gartenstadt. Im Kern wollen wir auf diesem Areal die Ansiedlung von Handwerksbetrieben und Industrieunternehmen in der gesamten Breite fördern – dazu können wir nicht nur die Aufteilung der Grundstücke weitgehend nach dem Bedarf der jeweiligen Investoren gestalten, sondern sie zudem in sinnvollen Clustern anordnen, um wichtige Synergien schon auf der Standortebene zu fördern. Der Umstand, dass diese Flächen bereits eine industrielle Vornutzung erfahren haben, ist dabei ein wichtiger Vorteil – denn mit den stadtbildprägenden Gebäuden haben wir Adresse und „Gesicht“. Wenn wir die baulichen Hindernisse beseitigt haben, erhält der jeweilige Investor dann einen bereits bewährten Baugrund mit klaren Kenndaten, auf deren Basis seine Architektin unverzüglich mit verlässlichen Planungsarbeiten beginnen kann. Das ist bei Greenfield-Projekten nur selten der Fall.
Wirtschaftsforum: Die Neue Zeche Westerholt soll jedoch nicht nur als attraktiver Industriestandort dienen, sondern auch ein schönes Lebensumfeld bieten.
Bernd Lohse: Das ist auch aus wirtschaftlicher Sicht ganz entscheidend – denn nur so können sich die Unternehmen, die sich auf diesem Areal ansiedeln sollen, ihrerseits attraktiv für ihre dringend benötigten Fachkräfte machen. In diesem Zuge achten Wirtschaftsunternehmen bei ihrer Standortwahl heute nicht mehr nur auf den Preis und ein synergetisches Netzwerk, sondern insbesondere auch auf ein kreatives, attraktives Lebensumfeld für ihre Mitarbeiter. Die nachhaltige und umfassende Befriedigung aller Daseinsgrundbedürfnisse – von wohnen über arbeiten bis hin zu sich erholen und sich bilden – nimmt bei unserem Ansatz deshalb eine überragende Bedeutung ein. In diesem Zuge planen wir somit auch die konsequente Ansiedlung von Möglichkeiten zur Nahversorgung, barrierefreien Wohnformen für Jung und Alt, Gesundheitsdienstleistern und kulturellen Angeboten. Unsere Vision ist der „15-Minuten-Standort“, an dem alle Daseinsgrundfunktionen in einem Quartier abgebildet werden und von jedem Anlieger innerhalb einer Viertelstunde fußläufig erreichbar sind.
Wirtschaftsforum: Wie genau unterstützen Sie die Unternehmen, die sich auf der Neuen Zeche Westerholt ansiedeln möchten?
Bernd Lohse: Wir wollen die Investoren im Flächen- und Bestandsgebäudebetrieb von der ersten Sondierung an begleiten und sie bei der Bewältigung sämtlicher rechtlicher, administrativer und unternehmerischer Herausforderungen unterstützen. Das umfasst etwa die Koordination mit den entsprechen Bauordnungsbehörden sowie die Vermittlung von Fördermitteln und die Schaffung einer nachhaltig attraktiven, blau-grünen Wirtschaftsumgebung. Doch unserem Selbstverständnis gemäß werden wir die Investoren an dieser Stelle nicht nur fördern, sondern auch fordern – etwa indem wir die Errichtung von Photovoltaikanlagen sowie die Ausgestaltung einer attraktiven Dachbegrünung vorschreiben.
Wirtschaftsforum: Viele Immobilienentwickler in Deutschland beklagen heute einen Mangel an Planungssicherheit – das dürfte gerade für ein langfristiges Projekt wie die Neue Zeche Westerholt eine große Herausforderung darstellen.
Bernd Lohse: Ich muss zugeben, dass mich diese Problematik bisweilen auch höchstpersönlich als Demokrat bekümmert. Ich bin überzeugt, dass die Politik den Menschen Sicherheit geben muss – und dazu zählen auch Planungssicherheit und Investitionssicherheit im unternehmerischen Kontext. Entscheidend für die privaten Wirtschaftsakteure ist dabei nicht nur, dass ihre finanziellen Mittel sinnvoll investiert sind, sondern dass die entsprechenden Projekte auch in einem gut abschätzbaren Zeithorizont realisiert werden können. Vor diesem Hintergrund ist es das klare Ziel unseres Kommunalunternehmens, den Investoren zeitgerecht und kundenorientiert Sicherheit zu bieten, wo wir hierfür als Garant auftreten können. Wir wollen die Möglichmacher sein und in dieser Form zur Revitalisierung dieses Areals beitragen. Damit die ersten großen Flächen der Neuen Zeche Westerholt 2028 plangerecht auf den Markt kommen können, müssen wir deshalb schon heute in die Abstimmung mit möglichen Investoren treten – schließlich dauert allein eine Betriebsverlagerung gut und gerne zwei Jahre.
Wirtschaftsforum: Welcher Nutzen soll von Ihrem Projekt perspektivisch für die gesamte Region ausgehen?
Bernd Lohse: Ich bin selbst in Gelsenkirchen geboren und aufgewachsen. Ich liebe diese Region und ich bin mir in aller Deutlichkeit bewusst, dass ich diese Verantwortung, hier 39 Hektar Fläche verantwortungsvoll entwickeln zu dürfen, nur auf Zeit geliehen habe. So ist es auch mein persönlicher Antrieb, für die ca. 1.500 Menschen, die auf diesem Areal schließlich Arbeit finden sollen, ein schönes und lebenswertes Quartier zu schaffen, das nicht nur attraktive Arbeitsplätze, sondern auch vielfältige kulturelle Angebote bereithält und noch dazu auch im Sinne der ökologischen Bilanz bereit für eine nachhaltige Zukunft ist – eingebettet in die idealen Voraussetzungen, die unsere räumliche Umgebung dazu bietet: Direkt in der Nachbarschaft liegen wunderschöne Schlösser und Wälder, ein wunderbarer Golfplatz und das malerische alte Dorf Westerholt – sowie spannende Unternehmen, die vielfältige berufliche und persönliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten eröffnen. Es freut mich, daran jeden Tag ein kleines Stück Anteil haben zu dürfen.