Vom Studenten zum Energiewende-Macher

Interview mit Dipl.-Ing. (FH) Michael Raschemann, Geschäftsführer der Energiequelle GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Raschemann, was hat Sie veranlasst, das Unternehmen Energiequelle zu gründen?

Michael Raschemann: Einer der Treiber für das, was unser Unternehmen ausmacht, war sicherlich mein kindliches Interesse an alten Windmühlen. Als in meiner Gegend die ersten Windenergieanlagen gebaut wurden, habe ich mit den Bauherren über ihre Intention zum Bau und die Technik gesprochen. Die Neugierde hat mich veranlasst, mich mit dem Thema zu beschäftigen – bis hin zu dem Wunsch, selbst in diesem Bereich tätig zu werden. Ich traf später auf den Banker Joachim Uecker, der mir 1994 den Bau meiner ersten vier Windanlagen finanzierte. Damals war ich der jüngste Betreiber in Deutschland. Als ich 1997 mit meinem Bauingenieurstudium fertig war, habe ich zusammen mit meiner Frau und Joachim Uecker die Energiequelle GmbH gegründet.

Wirtschaftsforum: Wie hat sich das Unternehmen dann entwickelt?

Michael Raschemann: Nach einem Jahr hatten wir zwei weitere Mitarbeiter angestellt und 20 Windenergieanlagen verkauft. Über die Jahre sind immer mehr Mitarbeiter und Standorte hinzugekommen. Ein wichtiger Meilenstein war für uns ein Projekt, das wir 2010 in der kleinen Gemeinde Feldheim durchgeführt haben. Nachdem wir dort einige Windanlagen errichtet hatten, traute man uns zu, den Ort komplett energieautark zu machen. In diesem Zuge haben wir auch ein eigenes Stromnetz gebaut. Unser Ziel war, der Politik zu zeigen, dass die erneuerbaren Energiequellen versorgungssicher und kostengünstig sind. Uns als Unternehmen ist dadurch sehr bewusst geworden, dass wir nicht nur Windenergie-, Solar- und Biogasanlagen bauen. Wir machen Energiewende – und zwar ganzheitlich. Dazu gehört auch die Kommunikation, die erforderlich ist, um die Bevölkerung aufzuklären, mitzunehmen und partizipieren zu lassen. Energiewende ist viel mehr, als nur von einer Kraftwerksart auf eine andere umzuschalten. Sie wirft, gerade weil sie so sichtbar ist, in der Bevölkerung auch viele Fragen auf.

Wirtschaftsforum: Ihr Aufgabengebiet hat sich sicherlich mit dem Wachstum des Unternehmens verändert. Wo liegen heute Ihre Schwerpunkte?

Michael Raschemann: Das ist richtig. Früher war ich als Bauingenieur überwiegend operativ tätig. Ich bin auch nach wie vor ein Projektmensch. Aber heute liegt meine Aufgabe mehr im Management von Führungskräften und Mitarbeitern sowie in der strategischen Entwicklung. Wir überlegen immer, wie wir die Werkbank unserer Produkte verlängern können. Seit einigen Jahren beschäftigen wir uns zum Beispiel mit grünem Wasserstoff als Energieträger. Hierzu haben wir ein Pilotprojekt in der Lausitz mit entwickelt und wollen dort bis 2025 ein komplexes Kraftwerk in Betrieb nehmen. Außerdem spielt für uns die Energieeffizienz eine große Rolle. Wir haben extra eine entsprechende Sparte eingerichtet, um große Einheiten beraten zu können und sie mit moderner Beleuchtung, Heizung und so weiter auszustatten, um die Energieverbräuche zu reduzieren. Damit steigern wir die Effizienz in den Büchern der Betreiber und bringen uns gleichzeitig als Strom- und Wärmelieferant in Position.

Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr Produktportfolio aus?

Michael Raschemann: Schwerpunktmäßig sind wir in der Windenergie unterwegs, mit Windparks und Einzelanlagen. In die Photovoltaik sind wir wieder eingestiegen, nachdem das Kosten-Nutzen-Verhältnis attraktiver geworden ist. Vom Segment Biogas haben wir uns fast vollständig getrennt, da es hier keinerlei Anreize für neue Investitionen mehr gibt. Wir bauen auch Speicheranlagen. Eine ganz wichtige Komponente ist der Bau von Netzen, um die Energie einspeisen zu können. Leider ist Deutschland in dieser Hinsicht sehr schwach unterwegs – die Politik von Bund und Ländern lässt viel Luft nach oben. Wir stabilisieren unser Geschäft durch die französischen und finnischen Märkte.

Wirtschaftsforum: Was wäre Ihr Wunsch, um die Situation zu verbessern?

Michael Raschemann: Ich würde mir von der Bundesregierung wünschen, dass sie die Klimaschutzambitionen des European Green Deal stärker in den Fokus nimmt und die Randbedingungen für die Planung und Errichtung von Wind- und Photovoltaikanlagen deutlich verbessert. Wir brauchen Planungssicherheit für die Genehmigungsbeschaffung. Dazu ist ein schnelleres und schlankeres Genehmigungsverfahren erforderlich.

Wirtschaftsforum: Wie gelingt es Ihnen, Mitarbeiter für Ihr wachsendes Unternehmen zu gewinnen?

Michael Raschemann: Wir wachsen mit unserer Belegschaft jedes Jahr um etwa 10%, so dass wir immer auf der Suche nach guten Mitarbeitern sind. Daher bewerben wir uns an den verschiedenen Standorten als attraktiver Arbeitgeber. Da die Energiebranche eine Grundversorgungsbranche ist, ist die Nachfrage nach Mitarbeitern konstant hoch geblieben. Auch viele konventionelle Energieversorger haben das Segment Erneuerbare Energien für sich entdeckt. Dadurch ist der Wettbewerb noch intensiver und die Abgrenzung noch wichtiger geworden. Wir tun das mit den Werten, die wir als Unternehmen verkörpern, und mit unseren Projekten. Gerade mit unseren Leuchtturmprojekten machen wir auf uns aufmerksam. Insgesamt stellen wir fest, dass es den Mitarbeitern wichtig ist, sinnstiftend zu arbeiten. Das treibt uns auch als Unternehmen an. Deshalb haben wir 2016 die Energiequelle Stiftung gegründet. Denn in den Regionen, in denen wir Projekte realisieren, wollen wir auch langfristig als verlässlicher Partner Geld für kommunale und kulturelle Zwecke zur Verfügung stellen. Auf diese Weise möchten wir das kulturelle Leben ein Stück weit mit der Erneuerbaren Energie in Einklang bringen.

Wirtschaftsforum: Aus Ihren Erzählungen spricht eine große Begeisterung für die Sache. Ist sie der Antrieb für Ihre Arbeit?

Michael Raschemann: Der Antrieb ist für mich nach wie vor, mit technischen Lösungen schadstofffrei Energie zur Verfügung zu stellen und diese Produkte erwerbbar zu machen. Ich gehe abends mit dem Bewusstsein ins Bett, für die Menschheit einen Beitrag zu einem langfristig lebensfähigen System zu leisten und damit die Nachhaltigkeit der Menschen auf der Erde sicherzustellen.

Bilder: © Energiequelle GmbH

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