Degussa Bank entwickelt digitalen Bank-Shop als Branchenübergreifende SaaS

Interview mit Axel Schardt, Leiter Vertriebskanalmanagement, Product Owner Digital Twin und Arno Rackow, Pressesprecher der Degussa Bank AG

Wirtschaftsforum: Herr Schardt, Herr Rackow, was sind die Besonderheiten der Degussa Bank AG?

Arno Rackow: Die Degussa Bank entstand aus der 1873 gegründeten Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt (Degussa), zunächst nur für die Mitarbeiter an den Konzernstandorten. Mit dem Verkauf der Degussa Bank 2002 an die ING AG und später an M.M.Warburg wurde das Worksite Banking etabliert und ausgebaut. Das Konzept bietet ein besonderes Angebot von Finanzdienstleistungen für Arbeitnehmer mit traditionellen Bank-Shops direkt auf dem Betriebsgelände unserer Partnerunternehmen – aber auch weltweit mit unseren einzigartigen Digitalen Bank-Shops, die über das Unternehmensnetzwerk und privat über Mobile Device erreichbar sind. Die Mitarbeiter unserer physischen Bankfilialen an den Standorten unserer Partnerunternehmen werden als Kollegen wahrgenommen. Damit haben sie eine besondere Beziehung zu unseren Kunden.

Wirtschaftsforum: Wie ist die Idee zum Digitalen Bank-Shop entstanden?

Axel Schardt: Im Grunde kamen verschiedene Aspekte zusammen. Mit der Einführung von MS 365/Teams haben wir die vielfältigen Möglichkeiten des von Microsoft geschaffenen neuen ‘Standards’ schätzen gelernt und uns gefragt, wie wir die ‘schöne neue interne Welt der Kommunikation und Kollaboration’ auch für unsere Kunden öffnen könnten. Weiterhin standen wir vor der Herausforderung, wie wir unser Geschäftsmodell in die digitale Welt transformieren können. Durch Disruptionen neuer Wettbewerber sowie geändertes Kundenverhalten (auch bedingt durch die Pandemie) mussten auch wir nach langer Wachstumsphase Filialen schließen, da Kunden oft digitale Wege wählten. Wir wollten außerdem einen Beitrag zur bankweiten Zielsetzung eines datengetriebenen Geschäftsmodells leisten, aber auch die CRM-Prozesse sowie die damit zusammenhängenden Kundenerlebnisse verbessern. Zugleich wollen wir den Zukauf von Leads reduzieren und damit verbundene Abhängigkeiten von Dritten verringern. Der Ansatz des Digitalen Bank-Shops führte die unterschiedlichen Themenfelder sukzessive zusammen. 

 

Arno Rackow: Neben dem technischen und organisatorischen Rahmen sollte sich der Digitale Bank-Shop von unseren Wettbewerbern abheben: Es sollte also keine weitere ‘flache Webseite’ mit integrierter Call-, Chat- und Bookingfunktion entstehen. Die Idee war das physische Erlebnis einer Bankfiliale in den digitalen Raum mit schickem Design zu übertragen, in dem Kunden und interessierte Besucher sich intuitiv und explorativ bewegen können. Fachexperten zu unterschiedlichen Finanzangelegenheiten stünden unseren Kunden sofort ohne Umwege zur Verfügung. 
 

Axel Schardt: Kunden könnten zudem voll automatisierte Self-Services, verschiedene Content-Angebote sowie einen Conversational-AI-getriebenen Chatbot in Anspruch nehmen, um so eine Bais für künftige Automatisierungen zu schaffen.
Um verschiedene Zielgruppen unterschiedlicher Generationen anzusprechen, bedarf es künftig einer Mischung von Self-Services und persönlich kontaktierbarer Experten. Die Physis wird dabei in den Hintergrund treten, wenn es gelingt, viele Prozesse zu digitalisieren. Unsere Berater können durch Mitwirkung Ihre Reichweite immens erhöhen und sind flexibel von überall einsetzbar. Sie berichten von effizienteren Gesprächen. Organisatorisch konnten wir mit einem Minimum Viable Product nach nur sechs Monaten Entwicklungszeit an den Markt gehen, um Erfahrungen zu sammeln. In Verbindung mit agilen Entwicklungsweisen setzen wir modernste Cloud-Technologien ein und nutzten das ‘Momentum’ der Pandemie, da aufgrund der Kontaktbeschränkungen die Akzeptanz und Nutzung von Videocalls sprunghaft zunahm. Mit der Weiterentwicklung der Plattform und dem parallel stattfindenden Roll-out bei Partnerunternehmen haben wir heute 88 Digitale Bank-Shops im Einsatz.

Wirtschaftsforum: Wie genau funktioniert der DBS? 
 
Axel Schardt: Der Digital Twin ist responsive, also sowohl mit Smartphone als auch Tablet und PC/Notebook besuchbar. Der Besucher betritt beim Digitalen Bank-Shop einen virtuellen Raum, in dem er durch unseren Concierge begrüßt wird. Navigation und Interaktion, um zum Beispiel einen Videocall mit einem Berater zu starten, kann per Maus, Touchpad oder Finger erfolgen. Kleine Statusampeln zeigen die Online-Verfügbarkeit unserer Finanzexperten an. Um in ein Gespräch einzusteigen, muss der Nutzer nur auf das Anruf-Icon klicken, er benötigt hierfür keine Software auf seinem Device.
Zwischenzeitlich sind wir in der Lage, Partner-Tenants einzubinden, das bedeutet digitale Flächen in unserem Twin auch anderen Service- und Produktpartnern zur Miete anzubieten. Damit wurde die EcoSystem-Idee vorangetrieben, bei der es unser Ziel ist, die Attraktivität insgesamt zu steigern, die Aufenthaltsdauer und Besuchshäufigkeit unserer Kunden zu erhöhen und dabei neue Interessenten auf uns aufmerksam zu machen.  
 
Wirtschaftsforum: Welches Potenzial sehen Sie für die Zukunft der Plattform? 
 
Axel Schardt: Unsere Software hat enormes Potenzial, nicht nur für den Bankensektor, sondern auch für andere Branchen. Der Digitale Bank-Shop ist ein Beispiel für Innovationen im Dienstleistungsbereich. Er steht erst am Anfang und der Raum für Weiterentwicklungen ist aufgrund der offenen und skalierbaren Technologien sehr groß.   
 
Arno Rackow: Mit dem Digitalen Bank-Shop haben wir als Bank zunächst einen neuen Vertriebskanal gewonnen und sind in der Lage, für unsere Standorte virtuelle Filialen innerhalb von 15 Minuten zu eröffnen. Dabei entstehen so gut wie keine Kosten. Zudem können unsere Partnerunternehmen im Digitalen Bank-Shop virtuelle Beratungsbüros anmieten, um ihre Serviceleistungen zu offerieren. Sie profitieren davon, weil sie keinen eigenen digitalen Shop auf- und ausbauen müssen. Doch das wohl interessanteste Potenzial des Digitalen Shops ist, sowohl die gesamte Software-Architektur auch als ‘Software as a Service’ (SaaS) anderen Unternehmen unterschiedlichster Branchen zur Verfügung zu stellen. Das Potenzial ist damit unglaublich. Sprechen Sie uns an oder entdecken Sie zunächst selbst unseren Digitalen Bank-Shop unter dbs.degussa-bank.de

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

„Wir wollen es dem Entwickler so  einfach wie möglich machen!“

Interview mit Roland Appel, Manager Technical Marketing und Tim Möbus, Key Account Manager der Embarcadero Germany GmbH

„Wir wollen es dem Entwickler so einfach wie möglich machen!“

Auch Softwareentwickler benötigen eine Software, auf deren Basis sie die Anwendungen ihrer Wahl programmieren können: Genau diese Werkzeuge stellt ihnen Embarcadero bereit, damit sie ausgehend von einer einzigen Codebase eine…

Wurzeln, die tragen – Wachstum mit Bestand

Interview mit Kilian Sohm, Geschäftsführer der Sohm HolzBautechnik GmbH

Wurzeln, die tragen – Wachstum mit Bestand

Holz wächst leise – Schicht für Schicht, Jahr für Jahr. Es braucht Geduld, Beständigkeit und das richtige Maß. Wer mit Holz arbeitet, lernt diesen Rhythmus zu verstehen. Auch Unternehmen können…

Formvollendet

Interview mit Rainer Schenk, Geschäftsführer der FBR Facondrehteile GmbH

Formvollendet

Seit über 40 Jahren bringt die FBR Facondrehteile GmbH aus Kirchhaslach in Schwaben Metall in die richtige Form. Was bescheiden in einem Keller begann, ist heute ein international agierendes Unternehmen,…

Spannendes aus der Region Frankfurt am Main

Die europäische Wahl für die digitale Transformation

Interview mit Niilo Fredrikson, CEO der Matrix42 GmbH

Die europäische Wahl für die digitale Transformation

In einer Zeit, in der Europa auf globale Entwicklungen reagieren muss, gewinnt Datensicherheit berechtigterweise an Bedeutung. In Europa verwurzelte Software-Anbieter wie Matrix42 GmbH fokussieren sich darauf, Innovation und Datensouveränität in…

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Interview mit Dennis van Huet, Geschäftsführer der ZZA B.V.

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Die italienische Küche ist beliebt wie eh und je. Pizza, Pasta und Co. sind inzwischen auch die häufigsten Gerichte im Restaurant und auf dem privaten Speiseplan. Auf eine gute Pizza…

Finanzkraft für die Energiewende

Interview mit Alexander Kuhn, geschäftsführender Gesellschafter der Capcora GmbH

Finanzkraft für die Energiewende

Die Energiewende ist eines der zentralen Zukunftsprojekte Europas – und zugleich eine der größten Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Mitten in diesem Wandel positioniert sich die Capcora GmbH als spezialisierte…

Das könnte Sie auch interessieren

Das Beste für Ihr Vermögen

Interview mit Dr. Robert Löw, Vorstandsvorsitzender der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG

Das Beste für Ihr Vermögen

Anleger haben es aktuell schwer. Waren lange Zeit die anhaltenden Niedrigzinsen ein Problem, so steht der Markt jetzt unter anderem durch die hohe Inflation unter Druck. Gerade in solch herausfordernden…

Im Zweifelsfall für die Chance

Interview mit Manfred Thivessen, Geschäftsführer der Bürgschaftsbank NRW GmbH

Im Zweifelsfall für die Chance

Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind und werden für viele Unternehmen verheerend sein. Vor allem die Eigenkapitalsituation vieler Betriebe wird sich verschlechtern, da die Krise das Eigenkapital aufzehrt. Wir sprachen mit…

„Unsere Branche ist spannender als ihr Ruf“

Interview mit Dr. Robert Löw, Vorstandsvorsitzender der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG

„Unsere Branche ist spannender als ihr Ruf“

Tradition und Kompetenz sind eine gute Basis, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen – besonders wenn es um Geld geht. Die Liechtensteinische Landesbank ist das älteste Finanzinstitut im Fürstentum…

TOP