Hier sprechen Ärzte Klartext
Interview mit Felix Rademacher, Geschäftsführer der coliquio GmbH

Felix Rademacher, der gerade seine Abschlussarbeit im Wirtschaftsingenieurwesen geschrieben hatte, hörte 2007 ganz genau hin, was den Ärzten am Herzen lag, die sich auf einer Veranstaltung seiner Eltern trafen. „Mir wurde schnell klar: Der Austausch über medizinische Themen und Praxismanagement war ihnen ein Bedürfnis, das bis dahin aber nicht wirklich befriedigt werden konnte.“
Er änderte das zusammen mit seinem Kommilitonen Markus Drees. Gemeinsam gründeten die beiden jetzigen Geschäftsführer coliquio, implementierten eine Software und bauten einen Außendienst auf, der von Arzt zu Arzt fuhr und sich anhörte, was die Mediziner bewegte und was sie benötigten.
„Das war sehr aufwendig. Wir haben gemerkt, wir brauchen Content.“ Aus 1.000 teilnehmenden Ärzten wurden schnell 10.000. „Dann haben wir Pharmafirmen angesprochen wegen der Finanzierung“, berichtet Felix Rademacher. Anders wäre das Projekt, das stetig weiter wuchs, auch nicht tragbar gewesen.
175.000 Ärzte sind in Deutschland inzwischen Mitglied geworden. In Indien existiert eine weitere Community mit 200.000 Ärzten – das ist jeder dritte praktizierende Arzt im Land. Der Umsatz liegt im achtstelligen Bereich, bei einem Wachstum von 60%. In Konstanz, München und Hamburg beschäftigt coliquio derzeit 135 Mitarbeiter. „Jeden Monat kommen sechs neue hinzu“, sagt der Geschäftsführer.
Grösste europäische Arztpraxis
Der Anspruch der beiden Geschäftsgründer war nicht unbescheiden: Sie wollten die Kommunikation unter Ärzten revolutionieren. Den Patienten sollten auf diese Weise die besten medizinischen Entscheidungen zugutekommen.
„Im Gesundheitswesen gibt es ein Milliardenmarkt-Potenzial. Es ist krisensicher, aber auch sehr wertvoll – man sorgt für gesündere Patienten. Das ist ein Teil unserer Mission.“ Der Einfluss des Netzwerks ist tatsächlich groß. „Mit unseren Mitgliedern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind wir die größte europäische Arztpraxis – fünf Mal so groß wie die Helios-Kette – und ‘behandeln’ jeden zweiten Patienten in Deutschland“, betont Felix Rademacher.

„Im Gesundheitswesen gibt es ein Milliardenmarkt-Potenzial. Es ist krisensicher, aber auch sehr wertvoll.“ Felix RademacherGeschäftsführer
Neben dem Austausch zu medizinischen Themen und Fragen rund um die Praxisführung werden unter Einbeziehung der Pharmaindustrie auch Produktbesprechungen durchgeführt. „Wir stehen mit jedem bekannten Pharmaunternehmen in Kontakt.“ Das Erfolgsrezept ist seiner Meinung nach die Fokussierung auf eine Sache, von Beginn an. „Wir haben uns nicht ablenken lassen. Das war nachhaltig und unterscheidet uns. Die ersten Jahre waren unfassbar anstrengend – in den ersten zwei Jahren haben wir uns kein Gehalt ausgezahlt, sondern für die Sache gekämpft. Jetzt ernten wir die Früchte.“
Das bedeutet aber keinesfalls Stillstand. Der Bereich Telemedizin entwickele sich ständig weiter und damit auch die Möglichkeit, immer mehr digitale Medien für die Kommunikation zu nutzen. „Digitalisierung ist das allerwichtigste Thema“, ist er überzeugt.
Innovation und Ideale
Attraktiv ist coliquio nicht nur für Ärzte, sondern auch für die Mitarbeiter. „Wir sind ein sehr agiles Unternehmen mit einer lockeren Unternehmenskultur, innovativ und zielorientiert.“ Was ihn persönlich antreibt, ist viel mehr als der wirtschaftliche Erfolg: „Wir wollen einen Mehrwert für die Menschen schaffen, die Welt ein Stück besser machen. Mangelnde Gesundheit ist eines der größten Probleme der Menschheit.“