„Bei der Circular Economy liegt Europa sehr weit vorn!“
Interview mit Martin Aeschlimann, General Manager Engineering Plastics der Asahi Kasei Europe GmbH


Wirtschaftsforum: Herr Aeschlimann, als weltumspannender Konzern mit über 50.000 Mitarbeitern engagiert sich Asahi Kasei in einer Vielzahl von Geschäftsfeldern – welche davon verantworten Sie in Europa?
Martin Aeschlimann: Neben den Segmenten Homes und Medical bildet der Bereich Materials den dritten Konzernschwerpunkt; in diesem Rahmen vertrete ich den Themenbereich Engineering Plastics an unserem Standort in Düsseldorf, wobei wir uns auf verschiedene Werkstoffe konzentrieren. So sind wir weltweit das einzige Unternehmen, das Polyacetale sowohl als Copolymere als auch als Homopolymere vertreibt. Neben vielen weiteren technischen Kunststoffen, die hauptsächlich bei neuen Antriebstechnologien in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen, stellen wir auch zahlreiche weitere Spezialwerkstoffe mit verschiedenen Verstärkungsmaterialien her und engagieren uns zudem im Bereich der transparenten Kunststoffe, wo wir Alternativen zu PMMA entwickeln.
Wirtschaftsforum: Worin liegt indes der Tätigkeitsschwerpunkt Ihrer deutschen Niederlassung?
Martin Aeschlimann: Wir fokussieren uns sehr stark auf die Automobilbranche, da Europa weiterhin einen zentralen Hub in diesem Segment bildet und wir als japanisches Unternehmen so direkt wie möglich an den neuesten Entwicklungen Anteil haben möchten. Ein Kernelement unseres Tagesgeschäfts liegt also in einer engmaschigen Marktbeobachtung, um aktuelle Trends und Neuerungen unmittelbar an unsere Zentrale in Japan zurückzuspielen. Dabei gehen von der gewachsenen Expertise von Asahi Kasei insbesondere auch für die Weiterentwicklung alternativer Antriebstechnologien – vor allem in der Batterietechnologie – wichtige Impulse aus: denn all diese Ansätze stellen besonders große Herausforderungen an die in ihrem Umfeld verbauten Materialien – und genau hierin liegt eine unserer Kernkompetenzen.
Wirtschaftsforum: Wo kann Ihr Unternehmen an dieser Stelle unterstützen?
Martin Aeschlimann: Wir stellen unter anderem Spezialschäume her, die im Umfeld von Batteriezellen sowie in entsprechenden Transportbehältern zum Einsatz kommen. Aufgrund der äußerst hohen Energiedichte dieser Komponenten fällt dabei dem Thema Brandschutz eine besondere Bedeutung zu – schließlich muss nicht nur im fertigen Fahrzeug, sondern auch beim innerbetrieblichen Transport zwischen einzelnen Fertigungsschritten gewährleistet sein, dass sich die Materialien nicht entzünden, beziehungsweise dass es im Brandfall nicht zu einem Runaway-Effekt kommt, in dessen Zuge sich das Feuer rasch ausbreiten kann. Darüber hinaus hat sich Asahi Kasei die konsequente Weiterentwicklung des Fahrzeuginterieurs auf die Fahne geschrieben. An dieser Stelle wird die Schlagkraft unseres Konzerns besonders deutlich, die sich vornehmlich aus der Vielfalt der von uns bespielten Themenfelder speist: So tritt Asahi Kasei auch als Hersteller von hochwertigen Oberflächenmaterialien für Autositze und den Innenraum in Erscheinung. Aus diesen inhaltlichen Symbiosen ging unter anderem unser Concept Car AKXY 2 hervor, mit dem wir 2022 eine übergeordnete Vision zur Mobilität der Zukunft vorgestellt haben.
Wirtschaftsforum: In diesem Kontext spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle – welchen Beitrag kann Asahi Kasei an dieser Stelle leisten?
Martin Aeschlimann: Gerade in diesem Bereich sind die aktuellen regulatorischen und Marktentwicklungen in Europa deutlich anders geprägt als in anderen Weltregionen. So bringt die Europäische Union mit der End of Life Vehicle Regulation derzeit ein umfassendes Paket an Vorschriften auf den Weg, die in Asien oder Nordamerika in dieser Form noch nicht auf der Agenda stehen. Natürlich möchte auch Asahi Kasei wichtige Akzente für die Circular Economy setzen und seine Kernkompetenz im Kunststoffbereich voll ausspielen. In diesem Zuge setzen wir beispielsweise die Weiterentwicklung unserer Microwave-Recycling-Technologie fort, die sich derzeit noch im Prototypenstadium befindet. Ziel ist es, die Polymere am Ende ihrer Lebensdauer wieder in Monomere, also die Grundbestandteile des Polyamids, zu zersetzen. Der dahinter stehende chemische Prozess ist nicht neu – doch bisher konnte er nur unter einem sehr hohen Energieeinsatz vollzogen werden, da der Kunststoff dabei unter sehr hohem Druck und bei einer sehr hohen Temperatur zersetzt werden muss. Unsere Technologie vollzieht hierbei eine sehr punktuell erfolgende Erhitzung und Zerlegung, die sich deutlich energiesparender gestaltet. Darüber hinaus arbeiten wir auch an sogenannten Cellulose Nanofibers Materials, die bisweilen sogar bessere Anwendungseigenschaften als Glasfaser aufweisen und dabei zu 100% aus Naturstoffen bestehen. Somit werden sich aus der gewachsenen Innovationskraft von Asahi Kasei gerade auch im Circular Economy-Kontext weitere wichtige Entwicklungen ergeben, mit denen wir unsere Branchen aktiv mitgestalten wollen.