Das Bindeglied zwischen Binnen- und Seeschifffahrt
Interview mit Björn Zirotzki, Geschäftsführer der HSW Logistics GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Zirotzki, unter dem Slogan „We know the Sea“ bietet HSW Logistics zuverlässige Short-Sea-Transporte in ganz Europa an – wie unterstützen Sie Ihre Kunden dabei?
Björn Zirotzki: Mit unserem Standort in Duisburg sehen wir uns vornehmlich als Bindeglied zwischen der Binnenschifffahrt und der Seeschifffahrt – wir sind also diejenigen, die Logistikketten miteinander vernetzen. Dazu bieten wir auf unseren Linien Short-Sea-Verkehre vom Rhein- und Ruhrgebiet ins UK und nach Norwegen an, insbesondere im Rahmen der konventionellen Linienschifffahrt, wo wir Stahlcoils, Bleche und verwandte Produkte über verschiedene Häfen transportieren – im UK kümmern wir uns darüber hinaus auch um die entsprechende Lagerhaltung und die letzte Meile bis zum Empfänger.
Wirtschaftsforum: Wo liegen die größten Herausforderungen auf diesem Weg?
Björn Zirotzki: Zu einem großen Teil sicherlich an den stark schwankenden Wasserständen auf dem Rhein, vor allem im Sommer und zum Herbst hin, da diese von Jahr zu Jahr schlechter planbar werden – ein Thema, das natürlich die gesamte Schifffahrt bewegt. Aufgrund des Klimawandels wird sich dieses Problem in Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach auch leider eher noch verschärfen. Darüber hinaus müssen unsere Schiffe auf unserer üblichen Route von Rotterdam nach Duisburg und zurück immer belotst werden, weil unsere Seekapitäne dort nicht selbstständig fahren dürfen – auch das bindet Ressourcen. Hinzu kommen die Herausforderungen durch den Brexit – denn seitdem dürfen Waren mit Bestimmungsort UK nicht mehr abfahren, bevor sie ordnungsgemäß verzollt wurden. Inzwischen haben wir natürlich entsprechende Standards und IT-Systeme hinterlegt, um diese Prozesse so weit wie möglich zu vereinfachen. Aber wir sehen diese Thematik nicht als abgeschlossen an, sondern entwickeln unsere Prozesse ständig weiter, sofern das notwendig wird.
Wirtschaftsforum: Wie geht es im Zielhafen schließlich weiter?
Björn Zirotzki: Dank der Eisenbahnanbindung im Port of Boston – was in britischen Häfen eher selten ist – können wir im UK inzwischen auch Freihausverkehre durchführen und die Ware auf Ganzzügen direkt zum Empfänger fahren. In Swindon versorgen wir so beispielsweise das Werk, in dem der Mini Cooper gebaut wird, und auch die Hauptindustriezentren in den West Midlands, insbesondere der Großraum Birmingham, werden von uns regelmäßig auf diesem Wege beliefert. Neben der maximalen Effizienz für unsere Kunden sehen wir darin auch einen wichtigen Beitrag zur Minimierung des CO2-Ausstoßes in den anfallenden Lieferketten.
Wirtschaftsforum: Wird sich das Leistungsspektrum von HSW Logistics in Zukunft verändern?
Björn Zirotzki: Wir möchten perspektivisch noch näher an unsere Kunden heranrücken und fragen uns deshalb ständig, wo wir ihnen in der Logistik weitere Arbeit abnehmen könnten, damit sie sich noch stärker auf ihr eigentliches Kerngeschäft konzentrieren können, nämlich die Entwicklung und Fertigung ihrer Produkte. Neben dem reinen Transport möchten wir deshalb in Zukunft wichtige Value Added Services wie Lagerhaltung, Verzollung, das Ein- und Auspacken der Ware sowie die entsprechende Dokumentation übernehmen. Dazu müssen wir natürlich in der Tiefe verstehen, wo genau die Anliegen und Pain Points unserer Kunden liegen. Deshalb treten wir derzeit in einen sehr engen Austausch mit ihnen ein, um genau das im Detail in Erfahrung zu bringen – und unsere langfristigen Partnerschaften auf dieser Basis anschließend noch nachhaltiger zu pflegen.
Wirtschaftsforum: Wie blicken Sie in die Zukunft der (Binnen-)Schifffahrtsbranche in Deutschland und Nordwesteuropa?
Björn Zirotzki: Wir sind überzeugt, dass die Schifffahrt auf dem Rhein – trotz aller Herausforderungen – eine große Zukunft haben wird. Schließlich sind hier und im Ruhrgebiet viele große Industrieunternehmen ansässig, deren Erzeugnisse verlässlich an ihre Bestimmungsorte geliefert werden müssen. Das muss und wird weitergehen. Dennoch sehen auch wir die fallenden Mengen in der deutschen Stahlindustrie sowie die zunehmenden Importe aus Asien mit einiger Sorge – nicht allein aus unternehmerischer Sicht, sondern auch im Kontext der damit einhergehenden gesamtwirtschaftlichen Verwerfungen, insbesondere einer steigenden Arbeitslosigkeit, wie wir sie im Großraum Duisburg bereits erleben. HSW Logistics wird auch in Zukunft eng mit der Stahl- und Automobilindustrie verbunden bleiben. Zu unseren Empfängern zählen neben BMW und Nissan dabei noch viele weitere prominente Namen. Uns ist klar: Ohne die Industrie sind wir nichts, und die Industrie ist nichts ohne uns – denn am Ende des Tages benötigen wir alle einander.
Wirtschaftsforum: In den nächsten Jahren werden in Deutschland große Investitionen in die Ertüchtigung der Infrastruktur erforderlich sein – gilt das auch für den Binnenschiffsverkehr?
Björn Zirotzki: Wenn man sich das westdeutsche Kanalgebiet einmal ansieht, fällt auf, dass es dort eine Menge Schleusen gibt – nicht wenige von ihnen sind leider in einem eher maroden Zustand. Wenn eine Schleuse aber einmal defekt ist, werden durch diesen Ausfall direkt extreme Kosten verursacht. Das sollte weitsichtig vermieden werden – denn am Ende schwächt auch das unseren Industriestandort. Seit Jahren spricht die Politik davon, mehr Güter umweltschonend über Deutschlands Flüsse und Kanäle zu transportieren. Aber die Branche steht immer noch vor den Herausforderungen im Zusammenhang mit der bestehenden Infrastruktur.









