Krisen und Chancen

Interview mit Gerrit Beck, Geschäftsführer der Wefapress Beck & Co. GmbH

Wefapress ist ein angesehenes Familienunternehmen, das weltweit aufgestellt und eng mit der Region verbunden ist. 1895 wurde es als Pickerfabrik Westfalia gegründet. Damals wurden in Handarbeit sogenannte Picker aus Leder hergestellt, Teile einer Webmaschine. Seit dieser Zeit hat sich viel verändert. Nicht nur, dass heute Kunststoff im Fokus steht.

Von Leder zu Kunststoff

Heute wird das Unternehmen von Gerrit und Lutz Beck geführt. „Ich bin mit dem Unternehmen aufgewachsen, war schon als Kind im Betrieb und es war klar, dass ich die Firma einsteigen werde“, sagt Geschäftsführer, Gerrit Beck. „Mein Vater vertrat eine andere Generation, stand für andere Erfahrungen und Vorstellungen, was meinen Einstieg nicht einfach machte. Allerdings stelle ich heute an mir selbst ähnliche Denkmuster fest, wenn es um meine Töchter geht.“

125 Mitarbeiter beschäftigt Wefapress heute, vor Corona waren es 140. Niederlassungen gibt es in Italien und Südafrika. Das Portfolio ist geprägt von Halbzeugen und Fertigteilen aus thermoplastischen Kunststoffen – zum Beispiel Frästeile, Drehteile, Förderschnecken, Transportschnecken oder Zahnräder, die im Sinterpressverfahren gefertigt werden.

Spezialitäten sind individuell entwickelte Maßanfertigungen, überdimensionale Kunststoffteile mit Längen zwischen 6 und 12 m, Spezialteile für besondere Anwendungen, spezielle Kunststoffe, modifizierte Kunststoffe, die an den Maschinenbau, die Lebensmittelindustrie, den Bergbau, die Baustoffindustrie oder die Papierindustrie gehen. Wettbewerber werden mit Halbzeugen beliefert. „Wir sind am Markt unter anderem dafür bekannt, innerhalb von Stunden ein Angebot zu schicken“, so Gerrit Beck. „Nicht zuletzt sind wir offen und ehrlich, auch wenn das schmerzhaft sein kann.“

Loyale Kunden, loyale Mitarbeiter

Wie wichtig solide Kundenbeziehungen sind, zeigte sich im Sommer 2021, als die Produktion aufgrund eines technischen Fehlers in der CNC-Fräse in Flammen stand. „Ich befand mich damals im Sommerurlaub“, blickt Gerrit Beck zurück „Nach dem ersten großen Schock dauerte es, bis ich realisieren konnte, was passiert war. Schon am nächsten Tag haben wir uns mit den engsten Mitarbeitern zusammengesetzt und darüber nachgedacht, ob und wie wir weitermachen.“

Wefapress hat weitergemacht – und es geschafft, 2022 den Umsatz zu steigern. Dank loyaler Kunden, die sich wunderten, wie der Betrieb überhaupt aufrechterhalten werden konnte. „Wir haben mit Kooperationspartnern zusammengearbeitet, die zum Teil für uns produziert haben“, erklärt Gerrit Beck. „Kunden haben oft gar nicht gemerkt, in welchen Schwierigkeiten wir steckten, da es durch Corona ohnehin lange Lieferzeiten gab.“

Weitermachen, neu machen

Seit dem Brand sind mehr als 20 Monate vergangen, in denen viel passiert ist. Die Produktion wird komplett neu errichtet. In Kürze wird der Rohbau fertig, anschließend beginnt der Stahlbau. Maschinen sind bestellt. „Unser Glück ist, dass wir uns auf sehr kooperative Lieferanten verlassen können“, betont Gerrit Beck. „Wir werden in Zukunft mit dem modernsten Maschinenpark für die Kunststoffverarbeitung arbeiten. Mit Lieferung eines Gesamt neuem CNC-Maschinenparks und neuen Presskapazitäten werden wir schon bald wieder bei der Leistung von vor dem Brand sein. Momentan sieht es so aus, als könne im November dieses Jahres alles fertig sein.“

Wefapress geht damit gestärkt und mit klaren Visionen nach vorn. Das Produktspektrum soll bereinigt, viele Dinge neu gedacht werden, wie Gerrit Beck sagt. Das gilt auch für das Marketing; keine großen Messeteilnahmen mehr und keine Kataloge mehr in Druckversion, sondern forcierte Social Media-Aktivitäten, lautet seine Devise.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Kunststoff, Metall, Holz & Co.

Wenn Standard nicht reicht

Interview mit Hubert Romoth, Geschäftsführer der TTS Transport- und Trennwandsysteme GmbH

Wenn Standard nicht reicht

Ob in Logistikzentren, Fertigungshallen oder der Automobilindustrie – Schutz- und Trennwandsysteme sind unverzichtbar für Sicherheit und Effizienz. Die TTS Transport- und Trennwandsysteme GmbH aus Werther setzt dabei seit 30 Jahren…

Zukunft aus Holz bauen

Interview mit Georg Nef, Geschäftsführer der Vögeli Holzbau AG

Zukunft aus Holz bauen

Holz ist einer der ältesten Baustoffe – und aktueller denn je. Als nachwachsender Rohstoff verbindet er Nachhaltigkeit mit moderner Technik und präziser Vorfertigung. Ob historische Sanierung oder mehrgeschossiger Wohnungsbau: Holzbau…

Mit Haltung aufs Dach – und darüber hinaus

Interview mit Sebastian Engelskirchen, Geschäftsführer der Otto Lehmann GmbH

Mit Haltung aufs Dach – und darüber hinaus

Die Anforderungen an Bauprodukte steigen – sie sollen effizient, langlebig, nachhaltig und zugleich wirtschaftlich sein. Die Otto Lehmann GmbH mit Sitz in Neutraubling beweist seit Jahrzehnten, dass gerade spezialisierte mittelständische…

Spannendes aus der Region Kreis Borken

„Möbel muss man anfassen, fühlen, ausprobieren“

Interview mit Michael Kösters, Geschäftsführer über Möbel Ewald Kösters GmbH

„Möbel muss man anfassen, fühlen, ausprobieren“

Michael Kösters ist in einem Möbelhaus groß geworden – wortwörtlich. Heute führt er die Möbel Ewald Kösters GmbH in dritter Generation. Im Gespräch erzählt er, warum er trotz starker Konkurrenz…

Ganzheitliche Ansätze für moderne Infrastruktur

Interview mit Dipl.-Ing. Frank Baumgarten, Geschäftsführer der INGPLAN Ingenieurgesellschaft mbH

Ganzheitliche Ansätze für moderne Infrastruktur

Selbst Regionen, in denen es historisch reichlich Regen gab, leiden inzwischen aufgrund der Folgen des Klimawandels unter Dürre. In dieser kritischen Zeit übernimmt die INGPLAN Ingenieurgesellschaft mbH aus Coesfeld eine…

Nähe wird zum wichtigsten Rohstoff

Interview mit Stefan Jacobs, Geschäftsführer und Anja Mätzing, Prokuristin der CEDA Chemicals GmbH

Nähe wird zum wichtigsten Rohstoff

Die Chemiedistribution gehört zu den stillen, aber essenziellen Motoren der Industrie. Sie verbindet Produzenten weltweit mit verarbeitenden Unternehmen, sorgt für Versorgungssicherheit und reagiert täglich auf geopolitische, logistische und regulatorische Veränderungen.…

Das könnte Sie auch interessieren

„Nachhaltigkeit ist kein Luxus,  sondern eine Notwendigkeit“

Interview mit Hartmut Schoon, CEO der Enneatech AG

„Nachhaltigkeit ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit“

Die Recyclingbranche steht vor einer enormen Herausforderung: Wie lässt sich Kunststoff nachhaltig wiederverwerten, ohne auf Qualität zu verzichten? Die Enneatech AG aus Ostfriesland hat sich dieser Frage gestellt – und…

Mut statt Stillstand:  Wie AKO in der Krise wächst

Interview mit Daniel Vogel, Geschäftsführer der AKO - KUNSTSTOFFE ALFRED KOLB GmbH

Mut statt Stillstand: Wie AKO in der Krise wächst

Während viele Unternehmen in der Krise den Rotstift ansetzen, investiert AKO Kunststoffe aus Hoffenheim antizyklisch in Anlagen im Millionenbereich. Das Familienunternehmen, das 1956 mit Bakelit-Knöpfen für Traktoren startete, will mit…

Die Verpackung in der Verpackung

Interview mit Dr. Axel Weiler, CEO der ROUNDLINER Gruppe

Die Verpackung in der Verpackung

Bis 2050 soll es weltweit 65% mehr Abfall geben – das besagt eine Studie des UN-Umweltprogramms. Um Müll zu reduzieren, wird der bewusste Umgang mit Ressourcen immer wichtiger. Die ROUNDLINER…

TOP