Was sich unter Trump für Euro-Unternehmer wirklich geändert hat

Wirtschaftspolitik

1. Der Unsicherheitsfaktor

Ob nun Republikaner-Halbgott Ronald Reagan, die beiden Bushs, Bill Clinton oder Barack Obama. Über die vergangenen Jahrzehnte hatten sich alle, die wirtschaftlich mit den USA verbunden waren, daran gewöhnen können, dass es ruhig war. Auch dann, wenn außenpolitisch eigentlich der Topf überkochte.

Selbst als damals Gerhard Schröder George W. Bush die Gefolgschaft für den Irakkrieg verweigerte, er hernach gegen „das alte Europa“ hetzte und in der Kantine des US-Repräsentantenhause die French Fries zu Freedom Fries umbenannt wurden, hatte das für die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen kaum nennenswerte Auswirkungen.

Das lag einfach daran, dass Trumps Vorgänger allesamt an etwas interessiert waren, das man als „gütliche Einigung“, als „Leben und leben lassen“ bezeichnen könnte und daher Außenpolitik und Wirtschaft möglichst trennten.

Trump indes kennt primär nur „America first“. Obgleich das vor allem in der europäischen Medienlandschaft extrem negativ ausgelegt wird, muss man bis jetzt sagen, der Mann tut bloß das, was er versprochen hat. Die US-Wirtschaft klettert derzeit wie seit vielen Jahren nicht mehr, die Arbeitslosenzahlen sinken, die Konjunktur brummt.

Allerdings eben wegen „America first“. Für europäische und noch mehr chinesische Unternehmen ist dieses Haus auf dem Boden zerrütteter Beziehungen gebaut. Trump kennt nur Gefolgsleute oder Gegner und er zeigt sich in der Vergabe von Zu- und Abneigung enorm sprunghaft, was die Handelsbeziehungen um mehrere Grade unsicherer macht.

Man kann ihm vielleicht nicht vorwerfen, die EU aus bösem Willen treffen zu wollen, dazu sind die meisten seiner Strafzölle viel zu stark auf China abgezielt, aber seine jüngsten Aktionen gegen Stahl und Aluminium treffen eben auch uns direkt und falls China ins Wanken kommt, das erklärte Benjamin Mudlack bereits in unserem Interview, dann haben wir auch indirekt ein gewaltiges Problem.

2. Der Sicherheitsfaktor

Konträr dazu müssen Unternehmer auch einsehen, dass Trump, was die Sicherheit seines Landes anbelangt, ein anderer Gegner ist, als seine Vorgänger. Das trifft schon Unternehmer direkt, die einfach nur für Meetings in die USA fliegen wollen. Schon zuvor waren die Kontrollen streng und langwierig, unter Trump wurden sie nochmals ausgedehnt. Eigentlich soll das alles durch sogenannte Preclearance-Verfahren verkürzt werden, bei denen Fluggäste schon vor der Abreise durchgecheckt werden. Bis heute ist das aber nur an wenigen Flughäfen möglich, in Europa nur im irischen Shannon und in Dublin und nicht gerade wenige Unternehmen beklagen, dass auch die Güterabfertigung in den USA nun deutlich länger dauere.

Doch das Ganze funktioniert auch umgekehrt und selbst dann, wenn man eigentlich keinen physischen Kontakt mit den USA hat und tangiert selbst Euro-Unternehmer, die nur Newsletter zu ihren Kunden in die USA versenden wollen, in Form der nicht enden wollenden Datenschutz-Geschichte zwischen Europa und den USA.

Eigentlich sollte das in Form des Privacy Shields seit August 2017 so funktionieren, dass US-Firmen europäische Zertifikate beantragen können, um DSGVO-konform personenbezogene Daten von EU-Bürgern verarbeiten zu können. Das Problem: Aus Sicherheitsgründen haben US-Behörden trotzdem noch Zugriff auf jene Daten, gar nicht DSGVO-Konform.

Der bislang letzte Akt, die USA haben endlich eine Ombudsfrau benannt behaupten aber, dass sie ansonsten die Vereinbarung bereits völlig einhalten würden. Trotzdem verbleibt nach wie vor das zumindest theoretische Risiko, wegen einer DSGVO-Verletzung hierzulande Probleme zu bekommen, wenn man Newsletter und Co. in die USA verschickt und das letztendlich alles, weil Trump unter dem Slogan „mehr Sicherheit für die USA“ regiert.

3. Der China-Faktor

Trump arbeitet sich an China ab. Wie bereits am Ende des ersten Kapitels erwähnt, hat dieser Handelskrieg das Potenzial, die europäische Wirtschaft praktisch „hintenrum“ zu treffen.

Beispiel Stahl. China ist der weltweit mit Abstand größte Produzent von Billigstahl. Bloß jetzt, wo der in den USA mit kräftigen Strafzöllen belegt ist, könnte es für China notwendig sein, seine Stähle in andere Märkte zu exportieren, Europa. Schon seit der US-Wahl steigen die chinesischen Stahl-Exporte nach Europa an; das könnte sich in den kommenden Monaten zur Flutwelle steigern, die EU-Konzerne überspült.

Stahl ist dabei nur ein Faktor. Die mehreren Strafzoll-Runden betreffen unzählige weitere Produkte mit einem Handelsvolumen von hunderten Milliarden US-Dollar, für die China in der EU Abnehmer suchen wird, naturgemäß zum Leidwesen aller, die ähnliche Produkte hierzulande herstellen.

Allerdings muss dazu auch erwähnt werden, dass sämtlichen Handels-Scharmützeln zum Trotze die EU-Ausfuhren gen USA 2018 abermals gestiegen sind. Ob das aber auch noch weiter anhalten wird, ist fraglich, da der europäische Exportüberschuss schon lange am Rande von Trumps Zielfernrohr schwebt.

4. Der Wettbewerbsfaktor

Wenigstens an einem Punkt ist Trump ebenso vorhersagbar wie alle republikanischen Präsidenten, er ist ein Mann der Steuersenkungen. Sein bislang größtes Geschenk an die heimische Wirtschaft: Die Körperschaftssteuer wurde dramatisch reduziert; gleichsam werden Konzerne mit vielen Tochterunternehmen als eine Gesellschaft behandelt und besteuert.

Um das zu fördern, haben US-Unternehmen Freiraum, in denen sie im Ausland generierte Gewinne nun zu einem dramatisch reduzierten Steuersatz von maximal 15,5 Prozent nachhause holen können. Was dabei in den USA neu investiert werden muss, kann für fünf Jahre hundertprozentig abgeschrieben werden. Tatsächlich ist das eine gute Nachricht für europäische Unternehmen mit gewinnmachenden Investitionen in den USA, die dadurch zu Sonderzahlungen gelangen.

Die Kehrseite der Medaille gehört abermals zu den erwähnten indirekten Treffern: durch das einseitige Aufkündigen der Iran-Resolution haben es EU-Unternehmen, die mit beiden Ländern Handel treiben und womöglich auch noch US-Staatsbürger beschäftigen, enorm schwer: Sie werden gezwungen, sich an die Nennungen der US-Sanktionsliste zu halten; andernfalls droht ihnen, auf der sogenannten Foreign Sanctions Evaders List zu landen und somit für den Handel mit den USA zur Persona non Grata zu werden.

Einfach ausgedrückt: Die USA erwarten, dass EU-Unternehmen entweder mit ihnen Handel treiben oder dem Iran. Zweigleisigkeit ist nicht vorgesehen. Die neue Finanzinstitution, welche von der EU beschlossen wurde, um dieses Problem zu umschiffen, befindet sich noch in der Planungsphase. Durch sie soll dereinst der Handel mit dem Iran über eine EU-geführte Gesellschaft indirekt möglich werden, sodass europäische Unternehmen offiziell von sich sagen können, dass sie die US-Resolution nicht verletzen.

5. Der EU-Faktor

Dabei muss als letztes festgestellt werden, dass sich eine weitere Änderung für EU-Unternehmer auch darin ausdrückt, dass die Rückendeckung, welche sie von Bundesregierung und EU bekommen hat, alles andere als berauschend ist. Beide Institutionen zeigten sich bislang im Umgang mit Trump als reichlich laut bellender, aber nicht zubeißender Hund.

Man muss Trump nicht wegen seiner Politik völlig verteufeln. Aber es wäre durchaus wünschenswert, dass Europa zumindest dafür Sorge trägt, dass hiesige Unternehmer in den Genuss ähnlicher „Europe first“-Vergünstigungen kommen. Jede Aktion erfordert eine Reaktion. Wenn die daraus bestehen würde, dass die EU-Politik ihre eigene Wirtschaftskraft besser für die unsicheren Trump-Zeiten rüstet und es ihnen leichter macht, statt zu versuchen, Trump zum Einlenken zu bewegen, würde das mehr bringen, als jeden Trump-Tweet im Europaparlament durchzudiskutieren.

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