Ratlos, kopflos und die Macht los – ein parteipolitisches Trümmerfeld
Kommentar zum Ausgang der Bundestagswahl
Fast zwei Drittel der Entscheider in mittelständischen und großen Unternehmen in Deutschland begrüßen das Ergebnis der Bundestagswahl. Laut einer Blitzumfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC erwarten die Verantwortlichen positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland und blicken optimistisch in die Zukunft. Kein Wunder: Der klare Wahlgewinner CDU mit Angela Merkel an der Spitze steht in den Chefetagen deutscher Firmen für Stabilität, Kontinuität und Wirtschaftskompetenz.
Da ein rot-rot-grünes oder schwarz-grünes Bündnis vergleichsweise unwahrscheinlich scheint, läuft wohl alles auf eine Große Koalition von CDU/CSU und SPD hinaus. Zwar sträuben sich die Sozialdemokraten noch theatralisch gegen eine erneute Einbindung in die Regierungsverantwortung mit Frau Merkel, doch hinter den Kulissen laufen schon die Vorbereitungen. Der Poker um die Macht hat längst begonnen.
Für die Wirtschaft und weite Teile der Bevölkerung wäre es die Wunschkoalition. Viele erinnern sich noch gut an die Szene mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise im Herbst 2008, als Kanzlerin Merkel mit ihrem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor Fernsehkameras trat und eine staatliche Garantie für deutsche Spareinlagen aussprach. Das war ein wichtiges Signal zur Stabilisierung in einer kritischen Phase, das auch die Wirtschaft nicht vergessen hat.
Trotzdem bereitet die Eurokrise den befragten Unternehmen in Deutschland noch immer einiges Kopfzerbrechen. Von der neuen Regierung erwarten sie daher entscheidende Fortschritte bei der Krisenbewältigung. Neben Impulsen zur weiteren Ankurbelung der Konjunktur erhoffen sich die Befragten auch ein Vorankommen bei der Umsetzung der Energiewende. Trotz weiter steigender Strompreise wünscht sich überraschenderweise nur jedes fünfte Unternehmen einen Abbruch.
Die Steuerpolitik wäre für die Union wohl einer der heikelsten Punkte in einer Koalition mit der SPD. Lagen doch die Vorstellungen der Parteien vor der Wahl meilenweit auseinander. Ein schneller und einfacher Konsens sollte also nahezu ein Ding der Unmöglichkeit sein – Spannungen bis zum Koalitionsbruch nicht ausgeschlossen. Aus diesem Grund glaubt offenbar auch nur rund ein Viertel der befragten Unternehmen an eine gewünschte Vereinfachung des Steuersystems, die sich fast alle sehnlichst wünschen.
Tobias Kempkes