Fachkräftemangel in der IT – Diese vier Berufe sind besonders gefragt

Tech Recruiting unter erschwerten Bedingungen: Der IT-Arbeitsmarkt aktuell
Die Liste der aktuellen Engpassberufe mit besonders lange unbesetzten Stellen mag zwar insbesondere von Handwerks- und Pflegeberufen angeführt werden. Das sollte jedoch nicht täuschen. Erst im Frühjahr 2024 veröffentlichte der Digitalbranchenverband Bitkom ohne Übertreibung alarmierende Zahlen für den Tech-Bereich:
• Gab es Ende der 2010er hierzulande „lediglich“ 82.000 offene IT-Stellen, so war der Wert bis 2023 auf 149.000 Vakanzen gestiegen. Weiter, so der Verband, bestünde ohne zeitnahes, massives politisches Gegensteuern die Gefahr eines Anschwellens der Lücke auf 663.000 unbesetzte IT-Arbeitsplätze bis 2040.
• Zum Vergleich: In der Pflege, einem der bekanntesten Mangelberufe, sind derzeit nach Angaben des Pflegerates 115.000 Stellen unbesetzt und der Wert könnte bis 2034 auf rund 500.000 Leute ansteigen.
Manchem scheint es angesichts solcher Daten müßig, auf die einzelnen Jobs zu blicken. Jedoch wäre auch das nicht ganz richtig. Denn die IT kennt durchaus ihre eigenen, abgestuften Engpassberufe, in denen die Nachfrage aktuell besonders drängt.
1. IT-Operations / DevOps
IT wird zunehmend heterogener, komplexer und vielfältiger. Ersteres gilt insbesondere für solche Systeme, die nicht für den oder die private:n Endverbraucher:in entwickelt wurden. Diese können u.a. aus Gründen der Leistungsfähigkeit, Skalierbarkeit/Konfigurierbarkeit und der Sicherheit nicht so „glatt“ und universell brauchbar gestaltet werden, wie es etwa bei Smartphone-Betriebssystemen der Fall ist.
Das ist der Hauptgrund, warum die Nachfrage nach Fachkräften der Richtung IT-Operations / DevOps (die Grenze zwischen beiden Berufen ist sehr schmal) immer drängender wird. Denn das Profil dieser Spezialisten umfasst primär
• Aufbau/Installation,
• Betrieb,
• Überwachung,
• Wartung und
• Reparatur
von IT-Systemen jeglicher Art – insbesondere bei Unternehmen. Sie sind also unverzichtbare Bausteine für eine reibungslos funktionierende IT. Da diese ständig bedeutsamer wird, werde IT-Operations / DevOps Spezialist:innen immer stärker zu Zentralverantwortlichen für die Funktion ganzer Unternehmen.
Hier entsteht die starke Nachfrage dieser so fähigen Allrounder primär durch die weiterhin anhaltende unternehmerische (ferner behördliche) Digitalisierung. Das heißt, ein Rückgang ist für die absehbare Zukunft kaum zu erwarten.
2. IT-Security Consultants
Je mehr IT zum Einsatz kommt und je vielfältiger diese wird, desto mehr Einfallstore tun sich automatisch auf. Einfallstore für Kriminelle, die es auf reinen Diebstahl abgesehen haben, aber ebenso für Akteure, denen es darum geht, durch Manipulation maximalen Schaden anzurichten. Verkompliziert wird dies, da immer mehr Unternehmen und Behörden ohne IT bei maßgeblichen Prozessen schlichtweg nicht mehr funktionsfähig sind. Die diesbezüglich wahrscheinlich professionellsten, umfassendsten Einblicke gibt das BKA in seinem alljährlich neuaufgelegten „Bundeslagebild Cybercrime“. Tenor:
• Kein Unternehmen ist zu groß oder klein, um zum Ziel zu werden.
• Keine Firma kann es sich leisten, angesichts der unüberschaubaren Vielzahl von Angriffsvektoren und Maschen weniger als absolute Exzellenz in Sachen IT-Sicherheit anzustreben.
• Es genügt eine erfolgreich eingeschleuste Phishing-Mail, ein nicht gesicherter Account, um ganze Weltkonzerne ins Wanken zu bringen – wie es schon dutzendfach vorkam.
Auf den Schultern eines IT-Security Consultants lastet daher enorme Verantwortung. Er analysiert Unternehmen, findet Einfallstore und priorisiert diese. Darauf basierend entwickelt er Sicherheitsstrategien, sorgt für den Aufbau von Standards, Schulungen und Umsetzungen. Dadurch ist er sowohl für die unternehmerische Führungsetage als auch die anderen IT-Fachkräfte eine Schlüsselfigur, die dabei hilft, buchstäblich alles innerhalb der IT unter Sicherheitsaspekten auszuwählen und zu benutzen.
3. Data Scientists
Eine der Herausforderungen im Tech Recruiting besteht darin, dass viele IT-Fachberufe dicht miteinander verwandt sind, aber dennoch distinktive Unterschiede aufweisen. Um einen bestimmten Aufgabenbereich vollständig abzubilden, sind deshalb teilweise zwei, drei oder noch mehr Fachleute erforderlich.
Datenwissenschaftler:innen sind ein Paradebeispiel für diese Aufteilung. Sie stehen mit ihrer Expertise am Anfang einer Personal- und Prozesskette, an deren Ende einfach zu verstehende Analysen und Vorhersagen stehen. Doch wo beispielsweise Data Analysts typischerweise bereits mit aufbereiteten Datensätzen arbeiten und daraus wichtige Informationen herausfiltern, sind Data Scientists dafür verantwortlich, solche Aufbereitungen überhaupt erst aus mitunter gigantischen Rohdatenmengen heraus durchzuführen und darin möglicherweise brauchbare Muster zu finden.
Hierbei findet sich einer der Gründe für den Fachkräftemangel: Datenwissenschaft ist von einem sehr theoretischen, mathematisch-stochastischen Ansatz geprägt, bei dem gleichzeitig jedoch enorme Fähigkeiten in Sachen Modell-Erstellung und Programmierung nötig sind. Ein sehr interdisziplinäres Berufsfeld. Es erfordert spezielle Charaktere, die eher rar gesät sind.
4. Machine Learning Engineers
Big Data und Künstliche Intelligenz sind zweifellos die derzeit wichtigsten Bausteine der gesamten IT-Welt, nachdem das gesamte Cloud-Prinzip vor zirka 10, 15 Jahren eine ähnliche Bedeutung als Zukunftsmotor innehatte. Noch mag KI nicht perfekt sein. Was jedoch Datenverarbeitung und Mustererkennung anbelangt, ist sie längst atemberaubend leistungsfähig – kann aber gleichzeitig in solchen Bereichen kaum mit so einfachen Prompts bedient werden, wie es bei eher auf den oder die Endanwender:in zugeschnittenen KI der Fall ist.
In diesem Zwiespalt bewegen sich Machine Learning Engineers und sind daher für das Tech Recruiting unverzichtbare „Zielpersonen“. Grob gesprochen sind diese Fachkräfte Profis darin, Künstliche Intelligenzen mit einem Daten-Schwerpunkt einzusetzen. Sie müssen
• die Fähigkeiten, Bedingungen und Limitierungen verschiedener KI kennen,
• umfassend im Bereich Data Analytics und Machine Learning bewandert sein und zudem
• wissen, wie welche KI genutzt werden muss, um welche Schlüsselerkenntnisse zu erhalten.
Ein in der Praxis sehr herausfordernder Beruf, der erheblich mehr ist als nur ein reiner Bediener für KI. Seine Stärke in Sachen Tech Recruiting besteht indes darin, dass das gesamte Thema KI derzeit junge Nachwuchskräfte begeistert, wodurch sich in Zukunft wahrscheinlich mehr Menschen in diese berufliche Richtung orientieren könnten.
Tech Recruting: Wie Unternehmen dem Fachkräftemangel begegnen können
Die vier gelisteten Berufe gehören zu den am meistgesuchten der Gegenwart. Doch, wie schon erwähnt, in anderen IT-Bereichen sieht es nicht deutlich besser aus. Grundsätzlich sollten Unternehmen daher unbedingt folgende Möglichkeiten heranziehen, um ihren Fachkräftebedarf zu stillen:
• Professionalisierung des Recruitings durch Einsatz IT-spezifischer Personalvermittler / Headhunter.
• Proaktives Zugehen auf Fachkräftegruppen, bevor Stellen vakant werden.
• Ausdehnung des Suchradius‘, mitunter in Verbindung mit vollständiger Remote Work.
• Eigene Talentförderungs- und Ausbildungsmaßnahmen.
Dazu lässt sich kaum stark genug betonen, wie wichtig es ist, sich als zukunftsfähigen Arbeitgeber darzustellen. Employer Branding mag zwar stets wichtig sein, um jedoch junge IT-Profis mit besten Referenzen anzulocken, darf ein Arbeitgeber nicht weniger „groß“ wirken.