Diese Marktbearbeitungsstrategie sollte jedes Unternehmen kennen

Marktbearbeitungsstrategie

1994 gründet Jeff Bezos einen Buchhandel in seiner Garage. 2020 ist dieser ursprüngliche Buchhandel das drittgrößte Unternehmen weltweit. Doch warum genau ist Amazon so erfolgreich? Viele würden wahrscheinlich sagen, dass der große Versandhändler fast schon eine Monopolstellung unter den Online-Versandhäusern einnimmt. Doch das stimmt nur halb. Denn es gibt zahlreiche andere etablierte Versandhändler, die in bestimmten Bereichen mehr Auswahl zu besseren Preisen anbieten.

Viele dieser Versandhäuser haben eine große Auswahl zum kleinen Preis. Sie bieten Produkte für jeden erdenklichen Bereich an. Während kleine Unternehmen sich nur auf eine Produktsparte konzentrieren und unter anderem Qualitative Shirts gestalten und verkaufen oder PC-Systeme konfigurieren, bündeln Versandhäuser Produkte aus zahlreichen Bereichen in einem eigenen Sortiment. Ob Elektronik, Schmuck, Inneneinrichtung, Kleidung oder sogar Lebensmittel: alles ist vorhanden. Zudem werden Produkte aus den verschiedensten Preissegmenten angeboten, egal ob Luxus oder Budget. Die Unternehmen gleichen einem überdimensionierten Supermarkt, der einen aber durch wenige Klicks durch alle Produktsparten suchen und filtern lässt. Selbst wenn eigentlich nichts gekauft werden will, wird dennoch fast immer etwas gefunden, was in den eigenen Warenkorb gelegt wird.

Dennoch werden sie fast alle vom Marktführer abgehängt. Zum einen liegt das am Bekanntheitsgrad und der gigantischen Auswahl des (zumindest in Deutschland) dominierenden Versandhauses. Zum andere hat Jeff Bezos mit Amazon aber nicht nur einen Versandhändler, sondern ein ganzes Ökosystem geschaffen. Diese beinhaltet nicht nur den Kauf von Produkten, sondern auch zusätzliche exklusive Angebote wie Streaming, Serverinfrastruktur und eigene Lieferangebote. Diese Diversität in Produktangeboten verbindet die größten Unternehmen der Welt wie Amazon, Microsoft und Apple. Sie sind Massenmärkte.

Durch laterale Differenzierung zum Global Player

Solche Massenmärkte haben keine bestimmte Zielgruppe. Es lässt sich vielleicht argumentieren, dass Online-Versandhäuser nur auf Internetnutzer ausgelegt sind. Doch viele Onlinehändler verfügen auch über physische Läden. Und die Notwendigkeit für einen Internetanschluss zum Shoppen ist heute in den wenigsten Fällen ein ausschließender Faktor. Viele große Unternehmen haben einmal klein und auf einen Nischenmarkt ausgerichtet angefangen. Dies kann in seltenen Fällen auch langwierig funktionieren, wie einige Beispiele zeigen. Doch der schnellste, wenn auch kostspieligste Weg für Unternehmen, um einen größeren Umsatz zu machen, ist die laterale Differenzierung.

Unter lateraler Differenzierung verstehen Ökonomen eine Marktbearbeitungsstrategie, bei der ein Unternehmen Produkte aus neuen Produktsparten auf den Markt bringt. Wenn etwa ein Autohersteller plötzlich auch Fahrräder und Modellautos anbietet, oder ein Supermarkt Filme produziert, wird von lateraler, teilweise auch von diagonaler, Differenzierung gesprochen. Andere Differenzierungsmethoden sind die horizontale Differenzierung, bei welcher neue Produkte aus derselben Produktsparte auf den Markt gebracht werden, oder die vertikale Differenzierung, bei der eigentliche Herstellungsprodukte direkt verkauft statt weiterverarbeitet werden.

Merchandise und Dienstleistungen

Das bekannteste Beispiel für die laterale Differenzierung ist Merchandise. Zahlreiche Unternehmen bieten heutzutage T-Shirts, Tassen, Kapuzenpullover oder Sticker mit ihrem Logo an. Meistens entsteht solches Merchandise durch Kooperationen mit darauf spezialisierten Unternehmen, da der Aufbau einer eigenen Infrastruktur zur Produktion zu kostspielig wäre. Durch Services wie Print-on-Demand kann hingegen einfach und ohne Risiko eine zusätzliche Einkommensquelle aufgebaut werden, ohne dass große Investitionen getätigt werden müssen. Merchandise hat zudem den Vorteil, da es letztendlich Werbung für das eigene Unternehmen ist, für die der Kunde sogar Geld ausgibt.

Mit der lateralen Differenzierung können auch Zusatzleistungen angeboten werden, die das eigene Unternehmen von der Konkurrenz abheben. Eine eigene Produktversicherung oder die Teilnahme des Kunden an Gewinnspielen durch Produktkäufe sind nur einige Beispiele. Wer wenig Risiko eingehen will, kann zuerst eine Partnerschaft mit einem anderen Unternehmen eingehen, um dann zu testen wie gut ein neuartiges Produkt und eine Dienstleistung beim Kunden ankommt. Auf lange Zeit sollte sich aber von Kooperationspartner unabhängig gemacht werden, da so die eigene unternehmerische Freiheit garantiert werden kann. Wer in andere Produktsparten expandieren will, kann auch kleinere Unternehmen aufkaufen, um so sofort in einem neuen Bereich Fuß zu fassen. Expandieren ist ein hohes Risiko Dennoch sollte ein Unternehmer gut über die Aufnahme neuer Produkte in das eigene Sortiment nachdenken. Besonders komplett neue Angebote können dazu führen, dass Kunden verunsichert sind. Zudem sollte ein Unternehmen sich immer auf das fokussieren, was es gut kann und seine eigene Identität nicht verlieren. Investitionen in neue Produktsparen sind immer mit einem hohen Risiko verbunden. Wer sich nicht sicher ist, ob seine Kunden an dem neuen Produkt interessiert werden, kann sie auch einfach fragen. Produktumfragen sind ein mächtiges Werkzeug, welches leider viel zu wenig von Unternehmen genutzt wird. Doch nur wer weiß, was seine Kunden wollen, ist auf lange Zeit erfolgreich.

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