Die (un)heimliche Enteignung

Kommentar zur Niedrigzinspolitik der EZB

Nachdem die EZB den Leitzins auf 0,25% gesenkt hat, stellt sich die Frage, welche Folgen diese Politik des billigen Geldes hat. Die Gefahr einer Inflation scheint auch im Hinblick auf aktuelle Zahlen gebannt, eher hängt das Damoklesschwert der Deflation über der Eurozone.

In ihrem Buch „Die heimliche Enteignung“ haben die beiden renommierten Wirtschaftsjournalisten Michael Rasch und Michael Ferber den Kampf Deflation gegen Inflation als Resultat der Krisen im Bankensektor und in den südeuropäischen Staaten beschrieben. Für die Autoren sind niedrige Zinsen aus den nachfolgenden Gründen kontraproduktiv.

Die Bürger schmerzt die Niedrigzinsphase besonders, da sie bei ihrer Geldanlage und Altersvorsorge um die Erträge gebracht werden. Doch in Deutschland ist die Angst vor einer galoppierenden Inflation aufgrund der schmerzhaften historischen Erfahrungen immer noch größer als vor einer Deflation. Dabei zeigt das Beispiel Japan, dass eine signifikante und anhaltende Entwertung von Waren und Dienstleistungen mindestens genauso verheerend sein kann.

So hat die Deflation in den 90er Jahren in Fernost dazu geführt, dass die Häuserpreise und der japanische Aktienindex eingebrochen sind. Fast ein Vierteljahrhundert später war vom damaligen Höchstwert des Nikkei nicht einmal mehr ein Viertel übrig. Grund: Unternehmen und Konsumenten versuchen in einer Deflation, ihre Schulden abzubauen – notfalls mit der Veräußerung von Vermögenswerten.

Auch die in solchen Zeiten meist hochverschuldeten Staaten drängen auf eine Haushaltskonsolidierung und fahren Investitionen zurück. Alles in allem entsteht ein sehr wirtschaftsfeindliches Klima, das auch auf Bankenseite von Vertrauensverlust und einer starken Neigung zur Hortung der harten Währung geprägt ist.

Noch herrscht im Euroraum keine Deflation. Doch die Niedrigzinspolitik der EZB, die vor allem den südeuropäischen Krisenstaaten günstigere Kredite verschaffen soll, geht schon jetzt auf Kosten von Sparern und Unternehmen. Falls die Deflation die Eurozone aber ereilt, sollten sich die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft auf ein verlorenes Jahrzehnt einstellen – so wie damals in Japan.

Tobias Kempkes

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