Gesundheit – kostbarer denn je

Interview mit Felix Schmitt, Director Sales, Business Development der R-Pharm Germany GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schmitt, wie lässt sich die Kernkompetenz der R-Pharm kurz und prägnant umreißen?

Felix Schmitt: Wir sind seit dem Verkauf des Standorts von Pfizer an R-Pharm in 2014 Lohnfertiger, der sich zunächst auf die Herstellung klassischer und hoch potenter Arzneimittel konzentrierte, heute auch im Bereich Nahrungsergänzungsmittel tätig ist.

Wirtschaftsforum: Die R-Pharm war lange Teil des Pfizer-Konzerns und gehört heute zu einem russischen Unternehmen. Wie kam es dazu?

Felix Schmitt: Die Anfänge des Standorts Illertissen der R-Pharm liegen in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Gründer Heinrich Mack war einer der ersten Pharmazeuten, die sich auf die Herstellung von Arzneimitteln spezialisierten. Das Unternehmen war lange in Familienbesitz, wurde Mitte der 1970er-Jahre von Pfizer übernommen, um das europäische Netzwerk auszubauen. Fast 40 Jahre war man Teil dieses globalen Konzerns mit erfolgreichen Präparaten, die in 150 Länder exportiert wurden. Anfang 2014 bot Pfizer das Unternehmen schließlich zum Kauf an. Der Käufer hatte die Möglichkeit, den Produktionsstandort zu übernehmen und über eine gewisse Vertragslaufzeit weiter für Pfizer zu produzieren.

Wirtschaftsforum: Das war dann der Moment, als die R-Pharm ins Spiel kam.

Felix Schmitt: Genau. R-Pharm ist ein erfolgreiches Pharmaunternehmen, das zweitgrößte in Russland. Mit der Akquisition wollte man einen strategischen Fußabdruck in Europa hinterlassen.

Wirtschaftsforum: Wie wirkt sich die Übernahme auf den Standort Illertissen aus?

Felix Schmitt: Wir sind hier komplett unabhängig, treffen autarke Entscheidungen. Als Teil der Gruppe profitieren wir gleichzeitig von einem internationalen Netzwerk und einem entsprechenden Wissenstransfer.

Wirtschaftsforum: Das heißt, heute produziert R-Pharm weiter für Pfizer?

Felix Schmitt: Ja, wir produzieren zum Teil im Lohn Pfizer-Produkte entsprechend der Vertragslaufzeit. Aber wir haben auch andere Kundensegmente. In der Vergangenheit standen klar hochpotente Arzneimittel im Fokus, in den letzten Jahren sind freiverkäufliche Produkte, das heißt Nahrungsergänzungsmittel hinzugekommen.

Wirtschaftsforum: Ist das Unternehmen mit den neuen Produkten auch strukturell gewachsen?

Felix Schmitt: Wir haben in Illertissen 350 Mitarbeiter und sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. In Kürze wird der Liefervertrag mit Pfizer auslaufen; das ist eine Zäsur, sie war allerdings klar und ist kalkulierbar. Damit werden Kapazitäten frei und es bieten sich neue Chancen.

Wirtschaftsforum: Was charakterisiert genau die zwei Unternehmensstandbeine?

Felix Schmitt: Die pharmazeutische Lohnherstellung, inklusive Entwicklung und Verpackung, ist nach wie vor unser Kerngeschäft. Dabei geht es zum Beispiel um Zytostatika und Immunsuppressiva für Krebspatienten, Autoimmunkrankheiten oder eine Vielzahl anderer Indikationsgebiete wie Tuberkulose gehen. Hier arbeiten wir für Pfizer und andere große Pharmaunternehmen; mit vielen haben wir langjährige Partnerschaften, die uns sehr wichtig sind. Im Segment Nahrungsergänzung bringen wir neben der Lohnherstellung für Dritte auch auch eigene Produkte auf den Markt. Für R-Pharm war dieser Produktbereich erst Neuland, wir haben anfangs mit einem Start-up kooperiert und waren sehr schnell erfolgreich.

Wirtschaftsforum: Das sind zwei sehr unterschiedliche Produktbereiche. Gibt es Übereinstimmungen oder Synergien?

Felix Schmitt: Die beiden so unterschiedlichen Segmente ergänzen sich hervorragend. Das klassische Pharmaziegeschäft ist sehr zeitintensiv, das Nahrungsergänzungsmittelgeschäft sehr schnell. Damit haben wir einmal eine sehr langfristige, nachhaltige Planung, können auf der anderen Seite kurzfristig Umsätze generieren. Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel hat sich in der Vergangenheit sehr gewandelt. In Deutschland hatten sie ein eher angestaubtes Image, wurden vor allem über Apotheken vertrieben. Heute sind es Lifestyle-Produkte, die an Tankstellen, am Kiosk oder beim Friseur erhältlich sind. Sie spiegeln Trends wider, sind bio, vegan. Hartgelatinekapseln waren früher aus Schweine- oder Rindergelatine, heute aus Kartoffelstärke, wir verwenden bisher nur Kapseln aus pflanzlicher Cellulose. Die Verpackungen sind stylish und trendy. Hinzu kommt eine viel größere Bandbreite.

Gab es früher ein klassisches Multivitaminprodukt für alle, sind heutige Produkte sehr stark personalisiert und möglichst nah am Konsumenten. Das heißt, die Volumen werden kleiner, die Komplexität größer. Auch die Kunden sind sehr heterogen von kleinen Start-ups zum Großkonzern. In der Pandemie ist die Nachfrage nach immunstärkenden Produkten exorbitant gestiegen. Wir bedienen den Markt unter anderem mit auf Echinacea oder Propolis basierenden Produkten. Hier gibt es viele Anfragen aus unterschiedlichsten Richtungen. Unser langfristiges Ziel ist eine gewinnmaximierende Auslastung zu schaffen, die sich in einem breiten Portfolio widerspiegelt. Seit Herbst letzten Jahres investieren wir am Standort mehrere Millionen in eine Biotech-Produktion und Abfüllung. Dies soll neben den klassischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln in festen Formen ein weiteres Standbein bilden. Das Unternehmen soll auf stabile, erfolgsorientierte Beine gestellt werden und dabei helfen, die Gesundheitssituation global ein Stück weit besser zu machen.

Mehr zum Thema Gesundheit, Medizin & Pharma

Werte wahren, Neues wagen

Interview mit Stefan Wirth, Geschäftsführer FUJIFILM medwork GmbH

Werte wahren, Neues wagen

Das Beste aus zwei Welten zu vereinen, bedeutet, neue Möglichkeiten, Chancen und Perspektiven zu haben. Genau das trifft für die FUJIFILM medwork GmbH aus Höchstadt zu. Der Anbieter von medizintechnischen…

Dem Patienten eine Stimme geben

Interview mit Elke Walther, Interimsgeschäftsführerin der Norgine GmbH

Dem Patienten eine Stimme geben

Die Welt der Medizin hat in den letzten Jahren eine revolutionäre Entwicklung erfahren, die das Potenzial hat, die Art und Weise, wie wir Krankheiten behandeln und Heilung verstehen, grundlegend zu…

Mit Fachkenntnis und Empathie die Patienten unterstützen

Interview mit Olaf Thode, Geschäftsführer der Santec Hilfsmittel für Behinderte GmbH

Mit Fachkenntnis und Empathie die Patienten unterstützen

Die Santec Hilfsmittel für Behinderte GmbH blickt mit inzwischen zwei Filialen in Mittelhessen auf fast vier Jahrzehnte Erfahrung im Sanitätshausgeschäft zurück. Neben Pflegebetten und Aktivrollstühlen vertreibt das Unternehmen mit ERGOFITair…

Spannendes aus der Region Landkreis Neu-Ulm

Urlaubsgefühle auf den Teller bringen

Interview mit Bernd Semelink, Geschäftsführer und Branko Gajic, Prokurist der Grupa Pivac/Pivac Group GmbH

Urlaubsgefühle auf den Teller bringen

2,7 Millionen Deutsche reisen jedes Jahr nach Kroatien, um die spektakuläre Küstenlandschaft zu bewundern und in kristallklarem Wasser und mediterraner Sonne zu baden. Das beliebte Urlaubsziel mit seinen einzigartigen kulinarischen…

Mehr als saubere Luft

Interview mit Michael Seitz, Head of Extraction Technology der AL-KO THERM GMBH

Mehr als saubere Luft

Die AL-KO THERM GMBH ist der Spezialist für die Herstellung und den Vertrieb von AL-KO Airtech Lüftungs- und Absauganlagen mit Sitz in Jettingen-Scheppach bei Augsburg. Zu Airtech gehören AL-KO Air…

Verbindungswelten für eine grüne Zukunft

Interview mit Michael Döring, Geschäftsführer WEH

Verbindungswelten für eine grüne Zukunft

Nicht nur die Automobilindustrie, sondern alle Industriebereiche müssen umdenken, wenn es um die Energieversorgung und Antriebstechnik geht. WEH aus Illertissen in Deutschland ist Weltmarktführer für Wasserstoff-Betankungskomponenten und Pionier in der…

Das könnte Sie auch interessieren

Werte wahren, Neues wagen

Interview mit Stefan Wirth, Geschäftsführer FUJIFILM medwork GmbH

Werte wahren, Neues wagen

Das Beste aus zwei Welten zu vereinen, bedeutet, neue Möglichkeiten, Chancen und Perspektiven zu haben. Genau das trifft für die FUJIFILM medwork GmbH aus Höchstadt zu. Der Anbieter von medizintechnischen…

Mit Fachkenntnis und Empathie die Patienten unterstützen

Interview mit Olaf Thode, Geschäftsführer der Santec Hilfsmittel für Behinderte GmbH

Mit Fachkenntnis und Empathie die Patienten unterstützen

Die Santec Hilfsmittel für Behinderte GmbH blickt mit inzwischen zwei Filialen in Mittelhessen auf fast vier Jahrzehnte Erfahrung im Sanitätshausgeschäft zurück. Neben Pflegebetten und Aktivrollstühlen vertreibt das Unternehmen mit ERGOFITair…

Vitalität, die von innen kommt

Interview mit Jana Keym, Geschäftsführerin der Astrid Twardy GmbH

Vitalität, die von innen kommt

War das Gesundheitsbewusstsein während der Coronapandemie besonders stark ausgeprägt, verzichten aktuell viele Menschen aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation wieder auf den Kauf gesundheitsfördernder Produkte. Die Astrid Twardy GmbH aus Bad Aibling…

TOP