misambo: das Parship fürs Wohnen
Interview mit Frank Stelter und Sarah Pahl, Mitgründer der misambo GmbH
Wirtschaftsforum: Wenn ich beispielsweise als Rentnerin in den Siebzigern auf der Suche nach einer neuen Wohnung bin – wie kann misambo mir da helfen?
Frank Stelter: Zunächst ist es so, dass misambo Wohnpartner vermittelt. Somit geht es nicht um reinen Wohnraum. Wenn Sie also alleine wohnen wollen, kann misambo Ihnen nicht helfen. Wenn Sie aber sagen, ich möchte auch an meinen Lebensumständen etwas ändern, ich würde gerne wegziehen und ein neues Projekt starten, oder ich habe selbst Platz in meiner Wohnung, dann ist misambo die richtige Adresse für Sie. Wenn Sie also entscheiden, dass Sie an Ihrer Wohnsituation in dieser Hinsicht etwas ändern möchten, hilft misambo, den richtigen Wohnpartner zu finden. Es gibt viele große und zu wenig kleine Wohnungen, auch in unserem Startmarkt Bremen. Diese großen Wohnungen werden nicht gut genug genutzt. Wir möchten helfen, eine sinnvollere Nutzung zu ermöglichen. Da spielen natürlich auch Umweltaspekte eine Rolle.
misambo funktioniert so: Sie melden sich an und füllen dann einen recht umfangreichen Fragebogen aus. Dieser beinhaltet Pflichtfragen, die wir für das Matching brauchen, aber auch viele freiwillige und ergänzende Fragen. Dann wird das Matching gestartet, in dem geschaut wird, ob es jemanden gibt, der passt. Es wird zudem festgestellt, mit welcher Deckung und Übereinstimmung jemand zueinander passt.
Sarah Pahl: Startkriterien sind beispielsweise, ob jemand mit oder ohne Wohnraum gesucht wird oder ob ein neues Projekt gestartet werden soll. Das Matching funktioniert dann mit einem Algorithmus, den wir entwickelt haben.
Wirtschaftsforum: Das Matching klingt ein wenig nach Partnerportal. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Frank Stelter: Letztendlich sind wir auch ein Partnerportal – es geht aber nicht um das Thema Lebenspartnerschaft, sondern um Wohnpartnerschaft. Matching findet sich zunehmend auch in anderen Lebensbereichen wie in der Teamzusammenstellung und auf Reiseportalen mit dem richtigen Reisepartner. Letztendlich ist das Matching ein Hilfsmittel dafür, die passenden oder den passenden Menschen für ein Thema zu finden, um das es gerade geht – und dieses Thema muss eben nicht unbedingt die Lebenspartnerschaft sein.
Sarah Pahl: Es werden dabei einfach Übereinstimmungen bezüglich der Wohnbedürfnisse und -wünsche abgeglichen und zusammengebracht. So finden sich Menschen, die besser zusammenpassen, als wenn sie sich über eine Chiffre-Anzeige finden. Es werden viele relevante Themen wie Werte und Hobbys abgefragt, damit sich ein ideales Matching ergibt.
Frank Stelter: Wir sind das Parship fürs Wohnen. Vielen ist geläufig, wie Parship funktioniert. Das vereinfacht die Erklärung, wie misambo funktioniert.
Wirtschaftsforum: Die WG ist allgemeinhin eher mit jungen Menschen verbunden. Trotzdem gibt es auch Vorteile für ältere Menschen. Wie sehen diese aus?
Frank Stelter: Wir finden: Die WG ist erwachsen geworden. Das sehen wir an den Usern, die wir auf unserer Plattform vorfinden. Es sind viele Menschen mittleren Alters, die für sich entscheiden, dass sie an ihren Lebensumständen etwas ändern möchten.
Sarah Pahl: Vereinsamung ist ein ganz großes Thema. Unser jüngster User ist 18, was dem Mindestalter für die Registrierung entspricht, unser ältester 83. Wir haben somit eine große Zielgruppe. Im Fragebogen kann natürlich ein Wunschalter des Wohnpartners angegeben werden, aber grundsätzlich ist das nicht das wichtigste Thema.
„Letztendlich sind wir auch ein Partnerportal – es geht aber nicht um das Thema Lebenspartnerschaft, sondern um Wohnpartnerschaft.“ Frank Stelter
Sarah Pahl: Es gibt zudem die Möglichkeit, sich für ‘Wohnen für Hilfe‘ zu entscheiden. So kann man für eine Mietminderung bei einem Rentner oder einer Rentnerin einziehen und dort beispielsweise den Rasen mähen oder Einkäufe erledigen. Oder man unterstützt beispielsweise eine alleinerziehende Frau durch Kinderbetreuung. Oder wir bringen mehrere alleinerziehende Frauen zusammen. Ganz verschiedene Szenarien sind möglich, die unser Fragebogen abbildet. Wir haben uns in diesem Zusammenhang mit der Frage auseinandergesetzt: Ist das eine Art Trend oder ein Familienersatz? Die Wohnpartner werden natürlich nie die Familie ersetzen, sicherlich aber eine familienähnliche Nähe bringen.
Wirtschaftsforum: Besteht nicht bei Wohnpartnern häufiger die Gefahr, dass sie sich wieder ‘trennen‘? Wie sieht Ihre Erfolgsquote aus?
Frank Stelter: Wir sind Ende März/ Anfang April gestartet. Das heißt, wir haben, wenn es um das Messen des Erfolges geht, sicherlich das Problem, dass wir über unsere Seite den Kontakt vermitteln, die anschließenden Treffen jedoch nicht über misambo dokumentiert werden. Das unterscheidet uns von Seiten wie ebay. Wir haben momentan also keine Möglichkeit, nachzuvollziehen, wie viele wir schon erfolgreich vermittelt haben. Dafür sind wir noch zu frisch am Markt. Aber wir hoffen natürlich, dass, wenn sich zwei gefunden haben, sie noch zusammenwohnen und nicht schon wieder getrennt sind.
Aber ist das Risiko, sich zu trennen, größer, als bei einer Lebenspartnerschaft? Das kann ich nicht beantworten. Ich weiß auch nicht, woran man das messen will, ob eine Lebenspartnerschaft länger hält als eine Wohnpartnerschaft. Sicherlich ist es so, dass wir Sicherheit mitgeben möchten. Das gelingt dadurch, dass wir den Fragebogen und das Matching anbieten. Hinzu kommt, dass wir viele Hilfestellungen geben. Das fängt bei Kennenlerntipps an, für Situationen, in denen man ein Match mit einer Person hat, die man treffen möchte, aber unsicher ist. Da kann es um die Wahl der Gesprächsthemen gehen und man erhält Infos zum Probewohnen oder anderen Dingen. Außerdem haben wir die Vorlage einer Wohnpartnervereinbarung. Wir denken, ein Geheimnis des Erfolges ist, wie klar am Anfang Wünsche und Erwartungen kommuniziert werden. Dann kann man mit dieser Vorlage die Punkte bearbeiten, die man für sich als wertvoll empfindet. Häufig ist es so, dass man sich nicht traut, Dinge zu adressieren. Aber wenn man eine Vorlage hat, die man abarbeitet, kann man viel einfacher darüber reden. Deswegen denken wir, ist es so wichtig, von Beginn an seine Wünsche und Erwartungen zu kommunizieren.
„Wir haben uns in diesem Zusammenhang mit der Frage auseinandergesetzt: Ist das eine Art Trend oder ein Familienersatz? Die Wohnpartner werden natürlich nie die Familie ersetzen, sicherlich aber eine familienähnliche Nähe bringen.“ Frank Stelter
Außerdem haben wir Experten, die unterstützen und über das Portal buchbar sind. Das sind zwei Rechtsanwälte, die sich auf Miet- und Wohneigentumsrecht spezialisiert haben. Sie haben Antworten auf Fragen, wie beispielsweise: Darf mein Vermieter mir verbieten, dass ich jemanden aufnehme? Außerdem können sie bei der Vertragsgestaltung unterstützen. Wir haben zwei Steuerberater, die Antworten auf Fragen geben, wie beispielsweise: Ich bin Eigentümer und vermiete. Wie muss ich Einnahmen aus Vermietungen und Verpachtungen steuerlich behandeln? Oder: Ist es in Ordnung, wenn ich jemanden günstiger bei mir wohnen lasse, wenn er meinen Rasen mäht? Ist das eine anmeldepflichtige Tätigkeit? Wir haben zudem zwei Mediatoren zur Hand für Momente, in denen es Unklarheiten gibt. Sie können beim Ausfüllen der Wohnpartnervereinbarung und im Spannungsfall unterstützen, um diesen zu beheben. In diesem Paket bieten wir schon viel mehr als bei einem klassischen Partnerportal. Vielleicht führt auch das hinterher dazu, dass eine Wohnpartnerschaft länger hält. Dass sich Lebensumstände allerdings verändern und eine Wohnpartnerschaft irgendwann auseinander gehen kann, ist allerdings normal.
Wirtschaftsforum: Was sind grundlegende Eigenschaften, die man mitbringen sollte, wenn man auf der Suche nach einer Wohngemeinschaft ist?
Frank Stelter: Grundsätzliche Eigenschaften gibt es nicht. (lacht) Aber natürlich muss man Offenheit für diese Wohnform und für die Art des Miteinanders mitbringen. Das ist der wichtigste Punkt. Wenn man introvertiert ist und nicht mit anderen sprechen mag, ist man sicherlich nicht für eine Wohnpartnerschaft geeignet.
Sarah Pahl: Obwohl wir da auch Tipps geben.
Frank Stelter: Genau. Es gibt aber auch Menschen, die sich selbst einfach genug sind. Wir haben aber auch nicht den Anspruch, 100% aller Menschen in Wohnpartnerschaften zu bringen. Offenheit für die Art des Miteinanders sollte man mitbringen. Aber auch Geduld braucht man bei der Suche nach dem richtigen Wohnpartner, ebenso wie Mut bei der Entscheidung, eine solche Wohnpartnerschaft einzugehen und zur Kontaktaufnahme. Die klassischen Erfahrungswerte, wie lange es dauert, bis der geeignete Wohnpartner gefunden ist, sind je nach Ort sehr unterschiedlich. Im Bundesdurchschnitt liegen sie bei etwa zwei bis sieben Monaten.
Interview: Aurelia Leppen | Fotos: misambo GmbH