Die Frage ist, was ist ein Trend und was ist er nicht
Interview mit Lola Güldenberg, Trendforscherin und Brand Service Innovation Director kleiner und bold

Wirtschaftsforum: Frau Güldenberg, welcher Trend hat Sie denn als erstes so fasziniert, dass er Ihr Forschergen geweckt hat?
Lola Güldenberg: Mit vierzehn Jahren war ich Abonnentin einer Roboterzeitschrift und habe versucht die Wasserläufer im Teich meiner Eltern um einen mechanischen Läufer zu bereichern. Natürlich erfolglos. Trotz einiger Versuche mit Öl, Kohlblättern und gefangenen Wasserläufern, um die Oberflächenspannung des Wassers zu manipulieren.
Wirtschaftsforum: Trends scheint es doch wie Sand am Meer zu geben. Wie schaffen Sie es bei der Masse überhaupt, den Überblick zu behalten?
Lola Güldenberg: Die Frage ist, was ist ein Trend und was ist er nicht. An dieser Stelle kommt dann immer die übliche Darstellung von kurzfristigen, mittelfristigen und langzeitigen Trends. Aber interessanter ist die Musterkennung dahinter. Oft begünstigen Innovationen neue Verhaltensmuster auf Verbraucherseite, die wiederum zu neuen Produkt- und Geschäftsideen auf Herstellerseite führen. Diese Muster gilt es zu erkennen. Ich versuche also möglichst alle Player im Blick zu behalten. Die Gesellschaft ebenso wie die Industrie, die Technologien und natürlich die Trends selbst.

„Oft begünstigen Innovationen neue Verhaltensmuster auf Verbraucherseite, die wiederum zu neuen Produkt- und Geschäftsideen auf Herstellerseite führen.“ Lola Güldenberg
Wirtschaftsforum: Trendforscherin zu sein ist eine Sache, Unternehmerin eine andere. Welche Ihrer persönlichen Eigenschaften wirken sich in beiden Rollen besonders positiv aus?
Lola Güldenberg: Leidenschaft. Ich liebe das, was ich mache und versuche stets meine Kenntnisse zu vertiefen. Und ich lasse mich nicht so schnell entmutigen. Selbst dann nicht, wenn ich mir das Jahr 3000 vornehme, wie zum Beispiel in meinem neuen Buch, an dem ich gegenwärtig arbeite.
Wirtschaftsforum: Kommen wir zu Ihren Kunden. Welche Unternehmen nehmen Ihre Dienste in Anspruch und warum?
Lola Güldenberg: Hauptsächlich sind es Großkonzerne oder größere Mittelständler. Da ist der Umgang mit der Trendforschung nicht so ungewohnt. Diese Unternehmen setzen kontinuierlich auf Innovationsprozesse, verarbeiten unsere Inhalte in ihren eigenen Strukturen und schöpfen Wettbewerbsvorteile und Visionskraft dort heraus. Nehmen wir zum Beispiel die Bäckerei- und Konditorengenossenschaft Bäko. Für diese durften wir die „Bäckerei der Zukunft“ aufsetzen und die Herausforderungen wie Chancen der Digitalisierung im Handwerk thematisieren.

„Unternehmen setzen kontinuierlich auf Innovationsprozesse, verarbeiten unsere Inhalte in ihren eigenen Strukturen und schöpfen Wettbewerbsvorteile und Visionskraft dort heraus.“ Lola Güldenberg
Wirtschaftsforum: Sie erforschen Trends nicht nur in der Theorie, sondern gerade auch in der Praxis. Dazu nutzen Sie Ihre Wohnung als Testumgebung. Haben Sie denn keine Lust auf ein richtiges Labor?
Lola Güldenberg: Das baue ich gerade als zweites Lab auf. Und zwar bin ich seit Anfang September Innovation Director bei der Berliner Transformationsagentur kleiner und bold. Hier entsteht ein echter Trend-Hub zu den Disziplinen Mechatronik, Mikroelektronik und Biotechnologie. Außerdem werde ich weiterhin in den Bereichen Biosoft-Robotic, Cyberphysics und Materialentwicklung forschen und mich verstärkt dem Thema Künstliche Intelligenz widmen – was ebenfalls mit dem bereits erwähnten Buch zu tun hat. Aber das Couch-Lab daheim bleibt dennoch bestehen. Das ist mein Zuhause.
Interview: Markus Büssecker