Baggern in Extremlagen
Interview mit Markus Kaiser, CEO der Kaiser AG

Die Geschichte der Kaiser AG spiegelt ein gutes Stück weit auch die Geschichte des kleinen Fürstentums seit dem frühen 20. Jahrhundert wider: bis zum Ende der Zollunion mit Österreich-Ungarn hatte der Unternehmensgründer und Großvater des heutigen Geschäftsführers, Josef Kaiser, in einem kleinen Betrieb Webmaschinen nach eigenem Patent hergestellt, die vor allem nach Vorarlberg verkauft wurden.
„Als nach dem Ersten Weltkrieg die Zollunion aufgelöst wurde und damit der wichtigste Absatzmarkt wegfiel, brauchte sein Betrieb eine grundlegende Neuausrichtung“, so der heutige CEO Markus Kaiser.
Einstieg in die Fahrzeugindustrie
Unter dem Eindruck der einsetzenden Motorisierung der Landwirtschaft eröffnet Josef Kaiser zunächst eine Reparaturwerkstatt für Autos und Maschinen, schließlich nimmt er die Produktion von Autotraktoren auf. „Darunter kann man sich Umbauten normaler Autos vorstellen, die dann in der Landwirtschaft eingesetzt wurden“, erläutert Markus Kaiser die Idee seines Großvaters.
Mit der Schweizer Zollunion und Übernahme des Schweizer Frankens in Liechtenstein ergaben sich zwar bald erste Wachstumschancen, doch erst Mitte der 1950er-Jahre vollzog der Betrieb in der zweiten Generation endgültig die Wandlung zu einem modernen Industrieunternehmen.
Wegweisende Innovationen
Mit der Entwicklung und Serienproduktion des legendären ‘Kaiserfasses’, einem Saug- und Druckfass, gelang der Kaiser AG auf Anhieb ein ebenso taugliches wie stark nachgefragtes Produkt: im gesamten deutschsprachigen Raum setzte es sich als Standard-Jauchefass durch und bescherte dem Unternehmen große Bekanntheit weit über die Grenzen Liechtensteins hinaus.
Doch das war erst der Anfang, wie Markus Kaiser erklärt: „Unter der Federführung meines Vaters, Josef Kaiser jun., fiel die Beschränkung auf den Bereich Landwirtschaft weg. Außerdem wollte er sich von der Konkurrenz durch komplexere Produkte abheben.“
Mit der Fachkompetenz im Bereich Tanks und Vakuumtechnik konnte Kaiser schon 1963 das erste Kanalreinigungsfahrzeug als ‘Schlammsaugwagen’ vorstellen, und bereits zwei Jahre später unterstrich das Unternehmen mit der Entwicklung des neuartigen Schreitbaggers seine Bereitschaft und sein Vermögen, durch Innovationsfreude und technische Raffinesse zu überzeugen.
Die Nase vorn behalten
Fortan blieb die Kaiser AG diesem Ansatz treu: „Da Liechtenstein faktisch über keinen eigenen Binnenmarkt verfügt, sind so gut wie all unsere Entwicklungen auf den Export ausgelegt. Internationaler Erfolg wiederum ist nur über technische Differenzierung möglich“, begründet Markus Kaiser die Kontinuität der Unternehmensphilosophie.
Mit Konsequenz und beeindruckenden Erfolgen setzt Kaiser diese Vorgabe um: die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten in den beiden Sparten mobile Schreitbagger und Kommunalfahrzeuge – insbesondere zur Kanalreinigung – wird auch in dritter Generation unablässig und mit großem Ehrgeiz vorangetrieben, wie zahlreiche Patente beispielsweise in der Pumpentechnik bezeugen.

„Man darf nicht bequem werden, sondern muss mit Willen und Konsequenz das Nötige tun.“ Markus KaiserCEO
Technik auf Höhe der Zeit
Das Prinzip der Schreitbagger beruht ursprünglich darauf, die Vorderachse durch bewegliche Lafetten mit Krallenfüßen zu ersetzen, mit deren Hilfe sich der Bagger auch im steilen und unwegsamen Gelände sicher positionieren und seine Arbeit verrichten kann.
War bei den frühen Ausführungen zur Fortbewegung noch der Greifarm nötig und der Bagger deshalb nur eingeschränkt selbständig zu bewegen, bietet die Kaiser AG heute mit der neuesten Generation mobiler Schreitbagger, den S10 und S12 Allroad, allradgetriebene Bagger, die ungleich flexibler, sicherer und unkomplizierter einzusetzen sind.
Das neuartige Hydrauliksystem ELIS sowie vier beräderte Stützlafetten, die zudem unabhängig voneinander zu bewegen sind, verleihen den Baggern in jeder Situation ein Höchstmaß an Leistung, Eigenbeweglichkeit und Stabilität. „Ihr niedriger Kraftstoffverbrauch, moderne Partikelfilter und intelligente Steuerungssysteme bedeuten außerdem, dass die Bagger wirtschaftliche Effizienz und Umweltverträglichkeit optimal kombinieren“, ergänzt Markus Kaiser.
Reinigen mit Patent
Auch im Bereich Kommunalfahrzeuge hat die Kaiser AG eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie viel Leistungssteigerung durch eine ausgeklügelte Technik erreicht werden kann.
„Die Kaiser AG ist nicht nur Assembler, sondern auch Entwickler“, kommentiert Markus Kaiser. Die Fahrzeuge wie der Aquastar zeichnen sich generell durch Vielseitigkeit, leichte Bedienbarkeit und hohe Leistungsfähigkeit aus, die durch einen geringen Wartungsaufwand komplettiert wird.
Assembler und Entwickler zugleich
Viele Jahrzehnte in der Konzeption und Produktion in den Feldern Schreitbagger wie auch Kommunalfahrzeuge bedeuten zugleich, dass die Kaiser AG einen großen Vorsprung an technologischem Know-how und Anwendungserfahrung gewonnen hat. Das resultiert nicht nur in Produkte von tadelloser Qualität, die auch bei starker Beanspruchung und nach längerer Einsatzdauer volle Leistungsfähigkeit gewährleistet, sondern hat auch zu einer Ausdifferenzierung der Produktpalette nach dem jeweiligen Einsatzort und –zweck geführt.
Dank Kooperationen mit namhaften Partnern sind so verschiedene Varianten entstanden wie beispielsweise Bohr- und Tunnelbagger.
Gestärkt in die Zukunft
Für die kommenden Jahre sieht Markus Kaiser das Unternehmen gut aufgestellt: „Dabei wollen wir die Vorteile eines inhabergeführten Familienunternehmens nutzen.“ Organisches Wachstum und strategische Akquisitionen wie in den Jahren 2011 und 2014, als die Kaiser AG starke, gesunde Unternehmen in Italien und Finnland übernommen hat, haben die Kaiser AG auf internationalem Niveau konsolidiert.
Eindeutig fällt auch das Bekenntnis zum Produktionsstandort Liechtenstein aus, das als Schwerpunkt beibehalten werden soll: „Es zählt die Leistung. Wir sollten uns in Europa nicht schlechter reden, als wir sind“, so der CEO. Schließlich gilt es, die technologische Entwicklung auch weiterhin maßgeblich zu prägen: „Die digitale Transformation bilden wir in unseren Fahrzeugen ab, die aus einzelnen Systemen bestehen, darunter immer mehr elektronischer Art. Wir arbeiten kontinuierlich daran, Komponenten und damit das Gesamtsystem zu verbessern“, bestätigt Markus Kaiser.